Leni Behrendt Staffel 2 – Liebesroman. Leni Behrendt
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»Ach, du großer Gott, Sie hatte ich ja ganz vergessen! Kommen Sie bloß schnell rein, Fräuleinchen.«
Gleich darauf saß sie im warmen Amtszimmer. Als der Beamte merkte, wie durchgefroren sie war, hüllte er sie schuldbewußt in eine Decke und ging dann zum Fernsprecher, wählte eine Nummer und sprach gleich darauf:
»Ist Spierke da, ja? Sagen Sie ihm, daß der Zug angekommen ist, das Fräulein sitzt im Amtszimmer.«
Er legte auf und wandte sich Armgard zu.
»Oje«, sagte er zerknirscht. »Beinahe wäre es schiefgegangen. Zum fahrplanmäßigen Eintreffen des Zuges war nämlich jemand hier, um Sie im Schlitten abzuholen. Als die Verspätung gemeldet wurde, und man nicht sagen konnte, wie lange die währen würde, wollte der Mann nicht warten, wegen dem Pferd, wissen Sie, das war nämlich gepumpt. Im Gylthaus haben sie bloß ein Auto, und das ist nichts für tiefen Schnee, da kommt es nicht durch, das schafft nur ein Schlitten, den der Spierke besorgte.
Na ja, und mit so einem gepumpten Pferd muß man doppelt vorsichtig sein, das darf man im Schneesturm nicht wer weiß wie lange warten lassen. Also fuhr der Spierke zum Wirtshaus, um dort das Gefährt unterzustellen. Doch bevor er abfuhr, schärfte er mir ein, ein wachsames Auge auf Sie zu haben, Fräuleinchen. Sobald der Zug ankäme, sie in Empfang zu nehmen, Sie ins Warme zu führen und ihm sofort telefonisch die Ankunft zu melden, und das habe ich verschwitzt. Ist das sehr schlimm?«
»Jetzt nicht mehr«, beruhigte sie den Zerknirschten. »Jetzt sitze ich ja im Warmen. Vorher allerdings, da war es scheußlich. Der Schneesturm und dazu die Angst, wer weiß wie lange in der weißen Hölle herumirren zu müssen, aber das ist ja nun vorbei. So langsam beginne ich aufzutauen.«
»Wollen Sie einen Schnaps?« bot er eifrig an, sie lehnte ab.
»Danke, ich muß einen klaren Kopf behalten. Ob es lange dauern wird, bis der Schlitten hier ist?«
»Bestimmt nicht. Wie mir scheint, klingelt er schon, will schnell mal nachsehen.«
Weg war er, und als er gleich darauf zurückkehrte, griff er nach dem Koffer.
»Kommen Sie man, Fräuleinchen, er ist da. Verflixt noch mal, bin ich aber froh!«
Als Armgard an den Schlitten trat, stand da ein Mann, der bis über beide Ohren im Pelz steckte und in strammer Haltung meldete:
»Ich bin der Gartner-Chauffeur aus dem Hause von der Gylt, bin beauftragt, das Fräulein von Hollgan abzuholen.«
»Das bin ich, besten Dank.«
Ehe sie sich so recht versah, saß sie im Schlitten, in Pelzwerk vermummt bis zur Nasenspitze. Nachdem der Kutscher das Gepäck verstaut und sich neben Armgard gesetzt hatte, gelang es dem Bahnhofsvorsteher gerade noch, die Pelzdecke festzustopfen, da preschte das ungeduldige Pferd auch schon los. Es zog gewaltig zum warmen Stall. Kein Wunder bei dem Wetter. Wohl stürmte es nicht mehr so arg, aber es schneite immer noch, und es wehte ein eisiger Wind.
Daher war auch auf der Straße des Dorfes, das der Schlitten durchfuhr, nur wenig Betrieb, man ließ es sich in den warmen Stuben wohl sein. Es gab kaum ein Haus, dessen Fenster nicht erhellt waren.
»Ist bloß gut, daß das eisige Wetter die Radaubrüder in die Stuben gejagt hat«, sagte Spierke zufrieden. »Sonst wäre unser Brauner bei dem Geknatter und Geknall, wie es sonst in der Silvesternacht hier üblich ist, wohl wild geworden. Ein Skandal, daß Sie in dieser Nacht unterwegs sein müssen, gnädiges Fräulein. Dazu noch bei einem Wetter, wo der Bauer nicht einmal seinen Hund hinausjagt.«
»Sie sind ja auch unterwegs.«
»Ach, das macht mir doch nichts aus, wenn uns nur unser guter Herr erhalten bleibt.«
»Steht es denn so schlimm mit ihm?«
»Leider«, nickte er bekümmert. »Unsere ganze Hoffnung setzen wir auf die Enkelin, nach der er so sehnsüchtig verlangt. Prrr, Brauner, trab nicht weiter, wir sind ja schon da.«
Der Schlitten hielt, vor dem Haus wurde es hell, und dann griffen viele Hände nach Armgard, zogen sie in die warme Diele und pellten sie aus den Hüllen.
Nun stand sie da in der hellsonnigen Schönheit, welche die Natur ihr mitgab. Sie merkte die entzückten Blicke der drei Menschen nicht, sie hatte mit sich selbst zu tun. Fürchtete sich noch immer vor dem, was sie hier vorfinden würde.
»Dr. Sinder«, stellte sich der Herr vor. »Und das ist Frau Spierke, deren Mann Sie ja schon kennen, und das ist beider Tochter Elsbeth.«
Freundlich reichte Armgard ihnen die Hand und fragte dann den Arzt:
»Wo finde ich meinen Großvater, Herr Doktor?«
»Oben. Ich führe Sie zu ihm.«
Die Treppe, die sie hinaufstiegen, war breit und geschnitzt, die Läufer waren dick und flauschig. Sie zogen sich auch über den Gang hin, der zu beiden Seiten weißlackierte Flügeltüren aufwies. An der rechten Seite waren zwischendurch Fenster, durch die der Gang sein Licht bekam. Bevor der Arzt eine der Türen öffnete, wandte er sich Armgard zu und sagte halblaut:
»Fräulein von Hollgan, wie ich schon am Telefon sagte, ist es mir unerklärlich, wie Sie zu der Annahme kommen konnten, daß Ihr Großvater tot sei. Leider scheint es nicht das einzige Mißverständnis zu sein, das zwischen Ihnen und ihm steht und unbedingt geklärt werden muß, aber erst später. Jetzt bitte ich Sie von ganzem Herzen, dem Kranken liebreich zu begegnen, es hängt so viel davon ab. Wollen Sie mir das versprechen?«
»Ja.«
»Danke.«
Jetzt erst öffnete er die Tür und schob seine Begleiterin ins Zimmer, das von einer abgeschirmten Lampe wohl schwach, aber immerhin so erhellt war, daß man alles im Raum erkennen konnte. Aus dem Lehnsessel, der am Fußende des Bettes stand, erhob sich die Pflegerin und ging auf die Eintretenden zu.
»Hier ist die Heißersehnte endlich«, sagte der Arzt leise. »Und das ist Schwester Agnes.«
Sie reichten sich zur Begrüßung die Hände, und dann trat Armgard an das Bett, wo sie zuerst regungslos verharrte. Es war eine lange Zeit her, seit sie den Großvater sah – dennoch erkannte sie ihn sofort, trotz des abgezehrten Gesichts.
»Armgard«, wehte es wie ein Hauch zu ihr hin. Da beugte sie sich über ihn und sagte herzlich:
»Ich bin ja bei dir, Großpapa.«
Die Lider hoben sich von den matten Augen, die forschend in das Mädchengesicht blickten und dann umzuckte ein schwaches Lächeln den Mund des Kranken.
»Liebling, du bist ja ganz – der – Papa.«
»Freut dich das, Großpapa?«
»Sehr. Ich danke Gott. Jetzt geht es mir schon besser, trotzdem bin ich müde.«
»Dann schlaf dich gesund.«
»Wirst du indes auch nicht fortgehen?«
»Nein«, entgegnete sie fest. »Ich bleibe hier, solange du mich brauchst.«
»Wie schön.«