Leni Behrendt Staffel 2 – Liebesroman. Leni Behrendt

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Leni Behrendt Staffel 2 – Liebesroman - Leni Behrendt Leni Behrendt

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essen«, meinte Lottchen und legte ihr ein gutbelegtes Wurstbrot auf den Teller.

      »Das haben Sie nämlich nötig, Sie Blaßschnäbelchen. Ist der Großpapa nun zufrieden, daß er seinen Abgott endlich bei sich hat?«

      »Tante Lottchen, Sie werden ja spitz«, lachte Armgard. »Großpapa ist noch viel zu müde, um alles so richtig zu begreifen. Er wollte es gar nicht glauben, daß ich hier bin, er glaubte, er hätte das geträumt, zumal er mich in der Nacht beim Dämmerlicht der abgeschirmten Lampe sah. Doch nun er mich beim hellen Licht beäugen konnte, kam ihm meine Gegenwart schon wahrscheinlicher vor. Er schlief aber erst beruhigt ein, nachdem ich ihm beteuert hatte, nicht fortzugehen.«

      »Und nun er Sie endlich hier hat, wird er Sie nicht mehr hergeben«,

      gab Fröke zu bedenken. »Da werden Sie wohl Ihrer Firma kündigen müssen…«

      »Ist bereits geschehen«, warf sie ein. »Allerdings habe ich nicht gekündigt, sondern die Kündigung wurde mir zugestellt. Ich hatte meinen Posten ohnehin nur aushilfsweise bekommen. Und mein möbliertes Zimmer muß ich auch zum ersten Februar räumen, da eine Freundin meiner Wirtin zu ihr zieht. Übrigens habe ich versprochen, sie anzurufen. Wo finde ich das Telefon?«

      »In der Diele.«

      Weg war sie, und als sie zurückkehrte, sagte sie:

      »Nicht einmal der Morgenkaffee hat meinem guten Muttchen Ricks geschmeckt, aus lauter Sorge um mich. Nun sie beruhigt ist, wird sie gleich eine Tasse mehr als sonst trinken, wie sie mir verriet.«

      »Scheint ein lieber Mensch zu sein«, mutmaßte Lottchen, und Armgard nickte bekräftigend:

      »Das ist sie. Ich habe es gut bei ihr gehabt. Zum Dank dafür soll sie auch als Abschiedsgeschenk die Gobelindeke haben, die sie sich nicht leisten kann. Zwar muß auch ich meine paar Groschen zusammenhalten, aber die teure Decke wird trotzdem gekauft, dafür schränke ich mich um so mehr ein. Und wenn der Großpapa mich hierbehalten will, muß ich mir in der Nähe eine Beschäftigung suchen, die Geld einbringt.«

      »Hm«, meinte Fröke, nach dem ausgiebigen Frühstück zur Pfeife greifend. »Haben Sie schon mal über die pekuniären Verhältnisse Ihres Großvaters nachgedacht?«

      »Nein. Ich weiß nur, daß seine erste Frau auf großem Fuß lebte. Hat sie ihn ruiniert?«

      »Wäre ihr ohne weiteres gelungen, wenn er nicht den Daumen aufs Portemonnaie gedrückt hätte. Daher ihre Wut und der Haß, den sie auch ihrer Tochter förmlich einimpfte. Soviel Geld wird unser Freund Frederik wohl schon haben, daß seine einzige Enkelin es nicht nötig hat, sich ihre Brötchen zu verdienen. Wenn nicht, schießen wir zu, nicht wahr, Lottchen?«

      »Aber gewiß doch, tragen wir Eulen nach Athen«, entgegnete sie trocken, und Armgard sagte kopfschüttelnd:

      »Verstehe ich nicht.«

      »Ist auch nicht nötig, Marjellchen«, schmunzelte der Kapitän. »Es wird schon noch in dem hübschen Köpfchen tagen.«

      *

      Nach dem Mittagessen ging das Ehepaar nach Hause, um sich für ein

      Stündchen aufs Ohr zu legen, wie Lottchen sagte. Sie versprachen jedoch, sich zum Kaffee wieder einzufinden.

      Nun war Armgard allein. Sie steckte eine Zigarette in Brand, legte sich bequem im Sessel zurück und ließ ihre Blicke durch das Zimmer schweifen.

      Vornehm und teuer. Wertvolle Möbel, echte Teppiche, einige gute Bilder und das übliche Zubehör, das ein Zimmer wohnlich macht.

      In der Mitte stand ein Stutzflügel, schwarzglänzend, und irgendwie strahlte er Vornehmheit aus. Die Bilder zeigten Seelandschaften, nur das eine war ein Porträt mit einem Frauenantlitz von klarer Schönheit. Es war schmal und feingeschnitten, die Augen glänzten wie dunkler Perlmutt. Das dunkle Haar war in der Mitte gescheitelt und im Nacken zu einem lockeren Knoten aufgesteckt, um den weichen Mund lag ein bezauberndes Lächeln.

      Ein schönes Bild, ein stolzes Bild. Armgard konnte sich denken, wen es darstellte. Hoffentlich erfuhr sie nicht noch mehr Erschütterndes. Davon hatte sie in den Stunden, die sie erst hier weilte, gerade genug gehört.

      Gestern um diese Zeit hatte sie noch in ihrem Stübchen gesessen, ahnungslos, was ihr bevorstand. Dann war sie ausgegangen, um Dinge für den Silvesterabend zu kaufen, die sie sich sonst nicht leistete. Still und beschaulich wollte sie die letzten Stunden des Jahres verleben und geriet dann in Geschehnisse hinein, die alles andere als still und beschaulich waren. Sie war in das neue Jahr hineingestürmt worden, im wahrsten Sinne des Wortes.

      Nun, sie hatte alles gut überstanden. Wie sagt Wilhelm Busch: Gehabte Schmerzen hab’ ich gern. Jetzt konnten die ihr nichts mehr anhaben. Jetzt konnte sie sich, im weichen Sessel geschmiegt, durch die Fenster das Schneetreiben ansehen, in das sie in der Silvesternacht geraten war.

      Während sie den Rest der Zigarette in die Aschenschale drückte, ging ihr Blick zu der geschlossenen Flügeltür hin, hinter der das Arbeitszimmer des Hausherrn lag, wie Elsbeth ihr erklärt hatte.

      Ob sie sich das wohl ansehen durfte? Aber warum denn nicht? Sie gehörte ja jetzt hierher, wie Frökes und auch der Arzt ausdrücklich betont hatten.

      Also erst mal die Lage peilen. Sie öffnete die Tür einen Spalt, lugte hindurch, und was sie erspähte, waren mit Büchern gefüllte Regale, ein breiter Schrank, in der Mitte ein wuchtiger Schreibtisch, Sessel und Teppiche nebst anderem Zubehör, an der einen Wand vier Porträts, und zwei davon waren doch…

      Rasch trat Armgard heran und schaute in das Gesicht ihres Vaters und ihr eigenes. Er in Generalstabsuniform, sie als Kind von neun Jahren.

      Also hier befanden sich die Bilder, die ein namhafter Künstler malte und ihrem Vater zum Geburtstag schenkte. Die er wie ein Heiligtum gehütet hatte und die dann nach seinem Tod verschwunden waren. Als sie die Mutter danach fragte, entgegnete diese mürrisch:

      »Was weiß ich, wo die geblieben sind. Ich habe mehr nachzutrauern als zwei Bildern.«

      Um so mehr trauerte Armgard ihnen nach, und nun fand sie hier die Kostbarkeiten, die sie längst verloren geglaubt.

      Ihr Paps. Ja, so hatte er ausgesehen, so strahlend schön und froh, als er noch gesund war und die schmucke Uniform mit Stolz trug. Wohl besaß Armgard eine Photographie aus dieser Glanzzeit, aber die wirkte fahl gegen dieses prächtige Bild. Als müßte der Mann jeden Augenblick aus dem Rahmen steigen, so lebendig wirkte er.

      »O Paps, lieber guter Paps!«

      Hastig wischte Armgard sich mit dem Handrücken über die Augen und wandte sich ihrem eigenen Konterfei zu. Sah ein weiches Kindergesicht mit strahlenden Blauaugen, ein hellsonniges Lockenköpfchen, ein niedliches weißes Kleid und eine leuchtend rote Korallenkette. Nun sah sie selbst, wie ähnlich sie dem Vater war, was sie mit Stolz erfüllte.

      Die andern beiden Porträts, gleichfalls von Künstlerhand gemalt, zeigten den Senator Jonathan von der Gylt und seine Frau Gesine. Er ernst und würdig, sie vornehm und steif. Genauso hatte Armgard die beiden in Erinnerung, und sie würden sich auch wohl kaum geändert haben.

      Gern hätte sie sich noch länger in dem Raum umgesehen, doch da man die Heizung abgestellt hatte, war es ungemütlich kalt. So griff sie denn nach einem Buch, dessen Titel ihr zusagte, und ging ins Wohnzimmer zurück,

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