Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Schließlich startete Fee den Motor und fuhr nach Hause, wo sie schon Felix und Danny in ihren Kostümen antraf. Die beiden sahen wirklich toll aus.
»Kannst du uns nachher in die Sporthalle bringen, Mami?« fragte Danny mit einem bittenden Blick. »Ich habe ein paar Freunden versprochen, daß du sie mitnimmst.«
»Dann kann ich ja nicht nein sagen, nicht wahr«, lächelte Fee.
»Eigentlich nicht. Aber Ulis Vater holt uns wieder ab. Dann können Papi und du schon mal schlafen gehen, wenn ihr müde seid.« Danny drückte ihr einen Kuß auf die Wange.
»Soll ich Jana auch abholen?«
»Nein, sie muß heute abend Babysitten.«
»Am Abend des Faschingsballs?«
»Ja, sie hat schon lange zugesagt, da wußten wir den Termin von dem Ball noch gar nicht.«
»Das ist wirklich schade.«
»Finde ich auch. Sie ist nämlich sehr nett«, grinste Danny verlegen.
»Bist du eigentlich in sie verknallt?« erkundigte sich Felix, der der Unterhaltung gelauscht hatte.
Doch er erhielt eine klare Abfuhr von seinem großen Bruder. »Das geht dich gar nichts an, Kleiner. Von solchen Sachen verstehst du nichts.«
»Ist mir auch egal«, bemerkte Felix trocken und wandte sich dann wieder seinem Kostüm zu. Fee schüttelte lachend den Kopf, mischte sich jedoch nicht ein. Sie wußte, daß sich ihre Söhne mochten und sah die gelegentlichen Wortgefechte recht gelassen.
Die Fahrt am Abend übernahm Daniel und lieferte einen ganzen Wagen voll Teenager vor der Sporthalle ab. Da viele Lehrer am Schulball teilnahmen, mußte er sich keine Sorgen machen, daß die Jugendlichen Unsinn machen würden. Es wurde kein Alkohol ausgeschenkt, und trotzdem waren die Bälle jedes Jahr wieder ein voller Erfolg. Das bewies, daß man auch ohne aufputschende Drogen fröhlich sein und ausgelassen feiern konnte. Danny und Felix versprachen, spätestens um Mitternacht wieder zu Haus zu sein und Daniel erlaubte es, da der Höhepunkt des Balles, die große Tombola, erst um elf Uhr aufgelöst wurde. Felix durfte das erste Mal so lange dabei sein. Das hatte er der Fürsprache seines Bruders zu verdanken.
Fee verlebte mit ihrem Mann einen ruhigen Abend. Sie schwelgten in Jugenderinnerungen und sprachen über ihre ersten Parties, an denen sie hatten teilnehmen dürfen. Schließlich wurde es Zeit, Anneka abzuholen. Daniel ließ es sich nicht nehmen, Fee zu begleiten.
Das Fest war noch in vollem Gange. Das Klassenzimmer war ganz ausgeräumt und mit Luftschlangen und Luftballons dekoriert. Es war verdunkelt, und die Musik spielte laut, während viele Kinder tanzten. Es dauerte noch eine Weile und Fee und Daniel unterhielten sich inzwischen mit Annekas Lehrerin. Schließlich flammte das Licht auf. Anneka kam atemlos auf ihre Eltern zu.
»Schade, daß es schon aus ist«, keuchte sie, sichtbar erschöpft vom vielen Tanzen.
»Bist du denn noch gar nicht müde?« fragte Daniel erstaunt.
»Meine Beine tun mir ganz schön weh. Aber am liebsten würde ich gleich morgen wieder eine Party feiern«, erklärte sie, als sie sich die Jacke anzog.
»Dann wäre es ja nichts Besonderes mehr«, gab Fee zu bedenken.
»Stimmt auch wieder.« Sie hatten sich von der Lehrerin und den Freundinnen verabschiedet, die auch langsam alle abgeholt wurden. Anneka kuschelte sich ins Auto.
»Ich hab’ sieben Mal mit Jungs getanzt«, stellte sie zufrieden fest.
»Ist das viel oder wenig?« fragte Daniel.
»Johanna hat nur einmal getanzt und Rebecca zweimal.« Man konnte den Triumph in ihrer Stimme hören.
»Dann hat es dir also Spaß gemacht?« Doch vom Rücksitz kam keine Antwort mehr. Anneka war mit einem seligen Lächeln auf den Lippen eingeschlafen.
Wie fast alle Mütter konnte Fee fast keinen Schlaf finden, bis ihre Kinder zu Hause waren. Sie lag schon lange im Bett und las, als kurz nach zwölf ein Auto vorfuhr. Kurz darauf drehte sich der Schlüssel im Schloß, und sie konnte hören, wie die Tür leise geschlossen wurde. Vorsichtig stiegen ihre beiden Jungen die Treppe hinauf und kicherten immer wieder, nicht ohne sich gegenseitig zur Ruhe zu mahnen. Zufrieden löschte Fee das Licht. Die beiden sollten nicht das Gefühl haben, überwacht zu werden, denn Fee wußte, daß sie ihren Kindern vertrauen konnte. Mit dem angenehmen Gefühl, fiel sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf, der durch nichts gestört wurde.
*
Jenny Behnisch hatte alles andere als einen ruhigen Abend. Sie war in der Klinik aufgehalten worden, und als sie sie endlich gegen zehn Uhr verlassen wollte, erhielt sie einen Notruf. Bei dem Anrufer handelte es sich um den Vater der Schülerin Jana Steffens, der Mitschülerin von Daniel Nordens Sohn Danny. Sie hatte am Abend auf den kleinen Dominik Jobst aufgepaßt, nachdem seine Mutter ausgegangen war. Der Vater war wie oft nicht zu Hause. Dominik war bereits im Schlafanzug und Jana brauchte ihm nur noch seinen Abendbrei füttern. Als sie ihn liebevoll in den Arm nahm, um ein wenig mit ihm zu kuscheln, begann er plötzlich schrecklich zu weinen. Jana erschrak, denn sie dachte, sie hätte ihm weh getan und versuchte, den Kleinen zu beruhigen. Doch es gelang ihr nicht. Die Zeit verging, und Dominik schrie und schrie, sodaß es Jana mit der Angst bekam. Sie telefonierte mit dem schreienden Kind auf dem Arm mit ihrem Vater, der sich ins Auto setzte, und seiner Tochter zur Hilfe kam. Herr Steffens warf nur einen kurzen Blick auf das Kind, das inzwischen blau angelaufen war und entschloß sich, in der nächstgelegenen Klinik anzurufen.
Jenny Behnisch nahm den Anruf entgegen und erläuterte Herrn Steffens den kürzesten Weg in das Krankenhaus. Kurze Zeit später traf sein Wagen vor der Notfallstation der Behnisch-Klinik ein. Manfred Steffen begleitete seine Tochter, die das jämmerlich weinende Kind im Arm hatte.
»Was ist geschehen?« fragte Jenny besorgt.
»Ich weiß es nicht. Ich habe ihn in den Arm genommen, um mit ihm zu kuscheln, und da hat er fürchterlich zu weinen begonnen.«
Jana war den Tränen nahe.
»Ich untersuche ihn sofort.« sagte Jenny und nahm Dominik hoch.
»Ist das Ihr Kind?« fragte sie, während sie ihn auszog.
»Nein, ich bin die Babysitterin. Die Mutter ist ausgegangen heute abend und ich weiß nicht, wohin.«
»Sehen Sie sich das an!« Jenny war entsetzt, als sie das Kind bis auf die Windel ausgezogen hatte. Er war übersät mit blauen Flecken. Der linke Arm ausgerenkt. Ist ja gut, mein Kleiner.« Jenny versuchte, das wimmernde Kind zu beruhigen.
»Das ist mir gar nicht aufgefallen. Er war schon umgezogen, als ich heute abend kam«, stammelte Jana. »Wahrscheinlich habe ich ihm weh getan, als ich ihn auf den Arm genommen habe.«
»Wir werden ihn sofort röntgen. Es ist nicht auszuschließen, daß er noch weitere Verletzungen hat.«
Manfred Steffens und Jana begleiteten Dominik in den Röntgenraum.