Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 15
»Aber nein, das ist doch nicht nötig. Ich glaube Ihnen auch so«, versicherte Wendy schnell.
Doch Edgar schien sie gar nicht zu hören. Offenbar waren seine Gedanken schon weitergewandert.
»So eine Schande. Was mache ich denn jetzt? So viel Geld habe ich nicht dabei, dass ich die Rechnung bar begleichen könnte.«
Wendy, der die unverhohlen neugierigen Blicke von den anderen Tischen langsam aber sicher peinlich wurden, überlegte nicht lange.
»Machen Sie sich keine Sorgen. Ich bezahle mit meiner Kreditkarte.« Sie griff nach ihrer Handtasche, die über der Stuhllehne hing.
Von dieser Idee schien Edgar noch weniger angetan zu sein.
»Wie sieht denn das aus? Ich lade Sie großspurig ins beste Restaurant der Stadt ein und kann dann noch nicht einmal die Rechnung begleichen«, murmelte er zutiefst betroffen und sah sie so verzweifelt an, dass sie fast lachen musste.
»Glücklicherweise leben wir in modernen Zeiten, in denen auch eine Frau Rechnungen bezahlen darf.« Sie öffnete den geblümten Geldbeutel, ein Geschenk ihrer Tochter Sabine, und zog das Plastikkärtchen heraus.
»Das kann ich niemals wiedergutmachen.« Mit großen Augen sah Edgar ihr dabei zu, wie sie das Ledermäppchen zu sich zog und die Kreditkarte zu der Rechnung schob.
Als sie einen Blick auf die Summe erhaschte, entglitten ihr kurz die Gesichtszüge.
»Sie bekommen das Geld auf Heller und Cent zurück. Das verspreche ich Ihnen hoch und heilig!« Als der Ober den Tisch mitsamt Wendys Kreditkarte verlassen hatte, streckte Edgar von Platen die Hände aus und legte sie auf die seiner verwirrten Begleiterin. »Wenn Sie wollen, schreibe ich Ihnen an Ort und Stelle einen Schuldschein.«
Kaum hatte sich eine Lösung seines Problems abgezeichnet, hatte sich seine Miene wieder geglättet, und er wirkte wieder genauso souverän und entspannt wie zuvor. Sein Vorschlag entlockte Wendy ein verkrampftes Lächeln.
»Ich glaube Ihnen auch so«, versicherte sie.
Das Lächeln, das um Edgar von Platens Mundwinkel spielte, war zärtlich.
»Ich ahnte auf den ersten Blick, dass Sie großartig sind, Anna-Maria! Aber dass sich eine solche Traumfrau in dieser Arztpraxis versteckt, das hätte ich niemals für möglich gehalten. Warum sind Sie nicht längst wieder verheiratet?«, fragte er. Ohne ihren Blick loszulassen, zog er ihre Finger an seine Lippen.
»Ich weiß nicht«, stammelte Wendy. Langsam aber sicher gelangte sie an ihre Grenzen. »Darüber habe ich noch nie nachgedacht.«
Plötzlich hatte der Abend seinen Zauber verloren. Mit einem Mal entdeckte sie die feinen Spinnweben in der Lampe. Die äußeren Blätter der Rosen auf dem Tisch waren welk, der silberne Kerzenleuchter angelaufen. Und sogar Edgar von Platens Lächeln wirkte aufgesetzt und gar nicht mehr so charmant und strahlend wie noch Minuten zuvor.
Er bemerkte nichts von ihrem Stimmungsumschwung.
»Ein Glück. Sonst hätten wir niemals diesen wundervollen Abend miteinander verbracht«, säuselte seine Stimme an ihr Ohr. »Und die vielen anderen herrlichen Dinge, die noch auf uns warten.«
Zu Wendys Erleichterung kam der Ober und brachte ihre Karte zurück. Er überreichte sie ihr mit einer kleinen Verbeugung und wünschte einen schönen Abend.
»Was machen wir zwei Hübschen denn jetzt noch?«, fragte Edgar unternehmungslustig.
Doch für diesen Abend hatte seine Begleiterin genug.
»Bitte bringen Sie mich nach Hause. Ich bin müde und möchte schlafen.« Noch bevor Edgar diese Aussage falsch deuten und sich unberechtigte Hoffnungen machen konnte, fügte sie hinzu: »Allein!«
Im Gegensatz zu allen anderen war dieser Tag eindeutig zu ereignisreich gewesen, und sie sehnte sich nach ihrer kleinen Wohnung, nach Ruhe und Einsamkeit, um ihre durcheinandergeratenen Gedanken zu sortieren.
Ihr entschiedener Tonfall ließ auch Edgar von Platen vosichtig werden. Auf keinen Fall sollten seine Bemühungen um Annemarie Wendel vergeblich sein. Deshalb ließ er Zurückhaltung walten und kam ihrem Wunsch entgegen. Ganz Gentleman verabschiedete er sich vor ihrer Wohnung mit einem artigen Handkuss von Wendy und wartete, bis sie im Hausflur verschwunden war.
*
Mit ihren braunen langen Haaren, den ungewöhnlichen, leicht mongolischen Gesichtszügen und der schlanken hochgewachsenen Gestalt war Melina Keinath eine wirklich aparte Erscheinung. Dass sie kaum geschminkt war und ein sehr natürliches Lächeln besaß, machte sie nur noch sympathischer.
Damit hatte Dr. Daniel Norden nicht gerechnet und einen Moment lang verschlug es ihm die Sprache, als sie sich auf den Stuhl setzte, der seinem Schreibtisch gegenüberstand.
»Ich bin so schnell gekommen wie ich konnte«, erklärte sie scheu lächelnd. »Vorher war ich in der Klinik. Bastian hatte eine unruhige Nacht und er schläft jetzt. Deshalb dachte ich, ich nutze die Zeit und komme zu Ihnen. Schön, dass Sie gleich Zeit für mich haben.«
Daniel antwortete nicht sofort. Er begriff nicht, dass diese offenbar sehr vernünftige Frau nicht einsah, dass sie im Begriff war, ihre Ehe zu zerstören. Und nicht nur das. In ihrem aparten aber angespannten Gesicht tauchten unübersehbar erste Spuren der harten Arbeit, der vielen Reisen, der Rastlosigkeit auf.
»Sie tun sich nichts Gutes, wenn Sie so viel arbeiten, Frau Keinath«, sagte er eindringlich.
»Mir ist klar, dass dieses Tempo auf Dauer nicht gesund sein kann«, räumte Melina sachlich ein. »Aber ich plane ja auch nicht, den Rest meines Lebens auf der Überholspur zu verbringen.«
»Was planen Sie dann?«
Sie sah den Arzt lange und sehr nachdenklich an.
»Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass Sie mich wenigstens ein bisschen verstehen. Schließlich haben Sie mit Sicherheit auch viel gearbeitet, um dorthin zu kommen, wo Sie heute stehen.«
»Das stimmt«, räumte Daniel ein. »Aber ich bin dabei nicht über Leichen gegangen. Meine Frau, meine Familie standen für mich immer an erster Stelle.«
Melina schluckte. Mit so harten Worten hatte sie nicht gerechnet.
»Nur weil ich jetzt ein paar stressige Monate habe, heißt das noch lange nicht, dass ich meine Interessen ohne Rücksicht auf Verluste verfolge«, erklärte sie trotzig.
Sie knibbelte an einem abgebrochenen Fingernagel, ein deutliches Zeichen ihrer Nervosität.
»Wenn ich Ihrem Mann so zuhöre, klingt das aber durchaus so.«
»Wirklich?« Ein schnippisches Lächeln spielte um Melinas Mundwinkel. »Und was würden Sie sagen, wenn ich Ihnen erzählte, dass es ausgerechnet mein Mann war, der mir zu diesem Projekt geraten hat? Dass Bastian mir Mut machte, auf Huberts Vorschlag einzugehen?«, fragte sie fast triumphierend.
»Dann würde ich sagen, dass Ihr Mann die Sachlage falsch eingeschätzt hat. Wie Sie meiner Meinung nach übrigens auch.« Der strenge Ausdruck in Daniels Gesicht wurde etwas milder.