Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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»Warum schalten Sie dann nicht ein paar Gänge runter? Was treibt Sie an? Geht es ums Geld?«
Energisch schüttelte Melina den Kopf.
»Nein, das ist es nicht. Bastian und ich sind finanziell gut aufgestellt. Es geht mir um die berufliche Anerkennung. Ich habe niemals damit gerechnet, mit meiner Arbeit bekannt zu werden. Und dann ist es einfach passiert. Quasi über Nacht wurden meine Möbel berühmt und mit der Fotoserie ich dazu. Das war ein tolles Gefühl.« Während sie ihre Geschichte erzählte, hatten Melinas Augen zu glänzen begonnen. Doch das Strahlen verschwand fast sofort wieder. »Es war so lange toll, bis ich bemerkte, dass es zwar schwierig war, dorthin zu kommen, wo ich war. Aber dass es noch ungleich härter ist, auch dort zu bleiben. Unsere Zeiten sind so schnelllebig geworden. Tag für Tag prasseln so viele verschiedene Eindrücke auf die Menschen ein. Fernsehen, Internet, Zeitungen …, um wenigstens eine kleine Spur in den Köpfen der Leute zu hinterlassen, muss man einen immensen Aufwand betreiben, sich ständig was Neues einfallen lassen.«
Aufmerksam hatte Daniel Norden den Ausführungen der Möbelrestauratorin gelauscht. Melina hatte in allem Recht, was sie sagte. Trotzdem war er nicht einverstanden mit ihr.
»Haben Sie sich in letzter Zeit mal gefragt, ob das überhaupt Ihre Welt ist?«, hinterfragte er ihre Worte kritisch. »Haben Sie nicht mit Ihrer Berufswahl schon eindeutig Stellung bezogen, dass Sie eben nicht im immer schneller treibenden Strom mitschwimmen wollen? Dass Ihnen die alten Werte wichtiger sind als alles, was schnell und lieblos produziert wird?«
Die Worte des Arztes verwirrten Melina.
»Ja, schon!« Sie strich sich eine dunkle Strähne aus der Stirn und sah ihn verwundert an. »Eigentlich haben Sie recht.«
Dr. Norden fühlte, dass er auf dem richtigen Weg war.
»Ich möchte ja nicht sagen, dass die Werbekampagnen schlecht waren. Aber wenn Sie qualitativ hochwertige Arbeit abliefern, die nicht nur ein paar Wochen überdauert, wird man sich auch ohne diesen weiteren Wahnsinn an Sie erinnern. Ohne Fotoreihen, die jede Woche in anderen Zeitschriften erscheinen«, erklärte er eindringlich. »Sie müssen an Ihre Gesundheit denken, Frau Keinath. Was glauben Sie, wie lange Sie diesen Stress noch aushalten werden? Wenn Sie so weitermachen, werden Sie in nicht allzu ferner Zukunft zusammenbrechen. Und wenn es ganz schlimm kommt, können Sie Ihren Beruf überhaupt nicht mehr ausüben. Dann wird ein anderer Künstler kommen und den Platz an der Sonne einnehmen. Ist Ihnen das lieber, als sich auf Ihre wahren Werte und Überzeugungen zu konzentrieren?«
Ganz in sich versunken betrachtete Melina Keinath ihre Hände. Noch trugen sie Spuren der Arbeit mit Holz, Werkzeug und Farben. Aber sie waren verblasst und würden schon bald nicht mehr zu sehen sein. Wie die Werte, die Melina Keinath einmal ausgemacht hatten.
»Haben Sie Ihren Mann aus Liebe geheiratet?«, fragte Daniel Norden nach einer Weile.
Melina nickte.
»Ja«, sagte sie leise.
»Was ist aus dieser Liebe geworden? Auch sie war doch einmal ein Wert in Ihrem Leben.«
Sie biss sich auf die Unterlippe und starrte unverwandt auf ihre Hände. Als Dr. Norden schon dachte, keine Antwort mehr zu bekommen, hob sie endlich den Kopf. Ihr Gesichtsausdruck hatte sich verändert. Die strenge Anspannung war daraus verschwunden und hatte einer riesigen Erschöpfung und Trauer Platz gemacht.
»Unsere Liebe hat sich verändert. Wie so vieles im Leben. Aber sie ist immer noch da.« Sie seufzte tief und gab sich plötzlich einen Ruck. »Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen? Ich habe schon zu viel Zeit verloren.« Melina war aufgestanden.
In ihrem Lächeln stand deutlich die Dankbarkeit geschrieben, die sie für den Arzt empfand, der ihr so nachdrücklich ins Gewissen geredet hatte. Doch über ihre Lippen kam kein weiteres Worte. Noch nicht. Zuerst musste sie mit ihrem Mann sprechen.
*
Der Abend war herrlich und nach getaner Arbeit beschloss Danny spontan, seine Freundin Tatjana zu einem Spaziergang im Englischen Garten einzuladen.
»Das ist ja eine nette Idee!«, lobte sie ihn, als er vor der Universität, wo sie Orientalistik studierte, auf sie wartete. »Ich kenne da ein nettes, kleines Bistro am Eingang zum Englischen Garten. Dort gibt es ganz besondere italienische Brote, die mit lauter leckeren Sachen belegt sind. Getrocknete Tomaten, Thunfischaufstrich, Mozzarella und Rucola«, geriet sie unversehens ins Schwärmen. »Und dann erst die Kuchen und Torten. Die musst du sehen! Wagenradgroße Heidelbeer- und Mohnkuchen. Das ist fantastisch.« Seit Tatjana während einer Operation Netzhautchips eingesetzt worden waren, konnte sie die Köstlichkeiten zwar nicht klar und deutlich sehen, ihr Aussehen aber doch erahnen, was natürlich besonders verführerisch war. »Mal abgesehen von der witzigen Einrichtung, die kunterbunt durcheinandergemixt ist. Indische Sessel stehen neben Nierentischen, altmodische Kronleuchter scheinen mit ultramodernen Stehlampen um die Wette.«
Mit einem Herzen voller Zärtlichkeit lauschte Danny den lebhaften Worten seiner Freundin. Ihre Begeisterung über die zurückgewonnenen Fähigkeiten machten ihm fast genauso viele Freude wie ihr.
»Die Einrichtung ist doch nur ein Vorwand«, neckte er sie schelmisch. »Aber ich kenne dich inzwischen und weiß, dass du immer nur ans Essen denkst.« Dabei stupste er sie in die schlanke, durchtrainierte Körpermitte.
»Aus dir spricht nur der Neid«, konterte sie frech. »Im Gegensatz zu dir kann ich es mir nämlich auch leisten.«
Sie quietschte erschrocken auf, als er sie packte und übermütig kitzelte, bevor er sie an sich zog und leidenschaftlich küsste. An seinen Lippen lächelnd erwiderte Tatjana seinen Kuss, ehe sie Hand in Hand weiterschlenderten.
Die Verliebtheit umgab sie wie eine strahlende Aura, die auch den anderen Fußgängern nicht verborgen blieb. Fast jeder drehte sich nach dem glücklichen Paar um und wünschte sich, Teil dieses geheimen Pakts zu sein.
»Möchtest du dir den Bauch gleich vollschlagen oder erst spazieren gehen?«, fragte Danny, als sie an Tatjanas Lieblingscafé vorbeikamen.
»Lass uns das schöne Wetter ausnutzen«, siegte nach kurzer Überlegung ihre Liebe zur Bewegung und Natur, und übermütig lachend zog sie Danny weiter.
»Wie ist es dir heute ergangen?«, fragte sie, als sie Hand in Hand an der Isar entlangschlenderten, die sich wie eine große Ader durch den Parkt zog.
»Gut. Die Arbeit mit meinem Vater ist hochinteressant. Unsere Gespräche haben eine völlig neue Qualität bekommen.«
»Seid ihr immer einer Meinung?«
»Natürlich nicht. Schließlich komme ich frisch vom Studium und habe viele Dinge anders gelernt. Das ist für Dad genauso neu wie manche seiner Therapieansätze für mich. Nicht alles, was neu ist, ist gut.«
»Und nicht alles Alte muss auf Teufel komm raus bewahrt werden«, lächelte Tatjana. »Es freut mich wirklich, dass es so gut läuft für euch.«
Der Fluss neben ihnen murmelte leise. Ein paar Enten ließen sich in der Strömung treiben und schaukelten auf den Wellen. Kinder spielten am Ufer und warfen Steine ins Wasser, die gurgelnd und Kreise ziehend in der graublauen Tiefe versanken.
»An sich kann ich mich wirklich nicht beschweren«, erwiderte Danny, nachdem sie eine Weile