Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg Dr. Norden

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ich immer, Sie wären die Liebe in Person.«

      »Das war offenbar ein Irrtum«, gab Wendy kühl zurück und wunderte sich selbst über ihre Schlagfertigkeit.

      Diese Eigenschaft hatte sie bisher nicht an sich bemerkt. Möglicherweise auch deshalb, weil sie sie nicht nötig gehabt hatte.

      Nun schien Edgar doch betroffen und starrte hinab auf die Fußmatte.

      »Haben Sie meine Blumen gefunden?«, wechselte er schnell das Thema.

      »Wollen Sie sie wiederhaben?«

      Edgar hob den Kopf und lachte schon wieder. Diesem Mann war einfach nicht beizukommen, wie Wendy insgeheim bedauernd feststellte.

      »Was ist nur los mit Ihnen? Ich hatte wirklich gedacht, dass Sie sich freuen, wenn ich erst vor Ihrer Tür stehe. So von Angesicht zu Angesicht.«

      Jetzt musste Wendy doch lachen, wenn auch widerwillig.

      »Kann es sein, dass Sie ganz schön überheblich sind?«, fragte sie und versuchte, wenigstens spöttisch zu klingen.

      »Man könnte es auch selbstsicher nennen.« Er warf einen vielsagenden Blick über ihre Schulter in den Flur der Wohnung. »Anna-Maria«, schlug er dann einen ernsten Ton an. »Ich verstehe, dass Sie enttäuscht von mir waren und Angst um Ihr Geld hatten. Und ich entschuldige mich in aller Form dafür, dass ich die Stadt verlassen habe, ohne Sie darüber in Kenntnis zu setzen.« Seine geschliffene Ausdrucksweise war bestechend.

      Wie beabsichtigt war Wendy nun doch verblüfft. Mit einer Entschuldigung hatte sie nicht gerechnet und sie überlegte noch, wie sie darauf reagieren sollte, als Edgar fortfuhr.

      »Aber muss ich deshalb wie ein Bettler vor Ihrer Tür stehen? Möchten Sie mich nicht wenigstens hereinbitten?« Er schickte ihr einen treuherzigen Augenaufschlag von dem Wendy ahnte, dass er ihn extra für solche Zwecke stundenlang vor dem Spiegel eingeübt hatte.

      Sie betrachtete ihn sinnend. An seiner Erscheinung – tadellos sitzender, anthrazitfarbener Anzug, dezent gemusterte Krawatte, neue randlose Brille – gab es nichts auszusetzen. Es ging vielmehr um seinen Charakter. Trotzdem ging ihr sein Blick, sein verzweifeltes Mienenspiel zu Herzen.

      »Warum sollte ich Sie in meine Wohnung lassen?«, fragte Wendy etwas weicher, obwohl sie um Edgars schauspielerische Qualitäten wusste. Gleichzeitig hasste sie ihr weiches Herz, ihr Mitgefühl.

      »Weil ich müde und durstig bin.«

      »Dann gehen Sie in ein Hotel.« Ihre Stimme hatte alle Härte verloren und war wenig überzeugend.

      Wendy wollte Edgar von Platen nicht einlassen und merkte doch unwillig, wie sie einen Schritt zurücktrat und die Tür ein Stück weiter öffnete. Während sie noch mit sich haderte, ergriff Edgar schon die günstige Gelegenheit und schob sich an ihr vorbei in den Flur. Unbekümmert spazierte er durch ihr Reich.

      »Hmm, Sie haben Suppe gekocht.« Er war in der Küche angekommen und warf einen Blick in den halbvollen Topf. »Wenn ich mit Ihnen essen darf, beseitige ich danach das Chaos.« Er schickte einen vielsagenden Blick auf die rot getupften Fliesen hinter dem Herd, das gesprenkelte Ceranfeld.

      Wendy haderte mit sich. Sie ahnte, dass er wieder einmal pleite war.

      »Also schön«, gab sie sich seufzend geschlagen. »Aber nach dem Essen gehen Sie wieder.«

      »Versprochen!« Edgar strahlte siegessicher und machte sich sofort daran, den Tisch zu decken.

      Er war ein paarmal in dieser Wohnung gewesen und hatte sich alles gemerkt, wie Wendy erstaunt und durchaus angetan feststellte.

      Als sie gemeinsam am Tisch saßen, eine Flasche Wein und den Brotkorb zwischen sich, und die Suppe löffelten, erzählte Edgar von Platen ausschweifend und wortreich von seinen atemberaubenden Geschäftserfolgen der jüngsten Vergangenheit.

      Erschöpft vom anstrengenden Arbeitstag hörte Wendy kaum zu. Seine Geschichten interessierten sie nicht, solange sie nicht ihr Geld zurückbekam. Das wäre frühestens dann der Fall, wenn das Geschäft in München ein Erfolg wurde.

      Endlich war Edgar satt und lehnte sich zufrieden zurück, das Glas Wein in der Rechten. Er musterte Wendy eingehend.

      »So eine schöne Frau«, murmelte er sinnend. »Ich wünschte wirklich, Sie würden mir eine zweite Chance geben.« Ein verlangender Ausdruck trat in seine Augen. »Hat die nicht jeder verdient?«

      Urplötzlich bekam es Wendy mit der Angst zu tun. Auf keinen Fall sollte er sich neue Hoffnungen machen. Doch wie sollte sie ihm das auf wirkungsvolle und nachhaltige Art und Weise klarmachen?

      Das Gesicht von Dr. Alexander Gutbrodt tauchte vor ihrem geistigen Auge auf. Und plötzlich hatte sie eine Idee.

      »Es tut mir leid, aber Sie kommen zu spät«, erklärte sie kühl und tupfte mit der Serviette unsichtbare Suppenspuren aus den Mundwinkeln. »Mein Herz ist inzwischen vergeben.«

      Doch auch diese Nachricht schien Edgar von Platen nur kurz zu beeindrucken.

      »Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben«, brachte er unbekümmert ein weiteres Zitat an und bemühte sich noch nicht einmal, sonderlich enttäuscht zu wirken. »Wer ist denn der Glückliche?«

      Wendy lächelte schadenfroh. Jetzt wollte sie es ihm erst recht heimzahlen.

      »Ein Prüfer. Dr. Alexander Gutbrodt«, beantwortete sie seine Frage mit Genugtuung. »Er deckt Missstände auf und beseitigt sie. Und zieht natürlich die Menschen zur Rechenschaft, die dafür verantwortlich sind.« Mit voller Absicht drückte sich Wendy etwas vage aus. »Ich bin ganz sicher, dass er durch seine Arbeit gute Kontakte zur Polizei hat«, fügte sie aufs Geradewohl hinzu.

      Die erhoffte Wirkung blieb nicht aus.

      »Zur Polizei? Ist das Ihr Ernst?«, fragte Edgar heiser.

      Er war blass geworden, und die hektischen roten Flecken, die plötzlich auf seinen Wangen tanzten, erinnerten Wendy an die Flecken auf den weißen Fliesen. »Und das macht Ihnen nichts aus?«

      »Natürlich nicht. Warum auch? Schließlich habe ich nichts zu verbergen.« Ihre Augen wurden schmal. »Aber Ihrem Aussehen nach zu schließen, sieht das bei Ihnen anders aus. Ich könnte Alex ja mal einen Tipp geben. Zum Beispiel, wenn ich nicht bald mein Geld zurückbekomme«, erklärte sie und mimte völlige Entspannung.

      Wenn möglich, wurde Edgar noch blasser.

      »Ich hatte nicht gedacht, dass Sie so gemein sein können.«

      Er wirkte so betroffen, dass Wendy in der Tat ein schlechtes Gewissen bekam.

      Einen Moment lang haderte er offensichtlich mit sich. Doch statt, wie sie insgeheim erhofft hatte, sofort zu gehen, schenkte Edgar die Gläser noch einmal voll. Wendy konnte nicht anders als seiner Aufforderung zu folgen und mit ihm anzustoßen. Sie brachte es nicht übers Herz, ihn rauszuwerfen und hoffte darauf, dass er gehen würde, wenn sein Glas erst leer war.

      *

      Als ihr Verlobter Manfred Holler den fürs Wochenende geplanten Ausflug überraschend und unter einem fadenscheinigen Vorwand abgesagt hatte, war die Gymnasiallehrerin Natascha Kilian ein bisschen enttäuscht.

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