Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 5
»Kein Kaffeeduft«, seufzte er und warf den Schlüssel achtlos auf die Kommode, die seine Frau Melina auf einem Flohmarkt entdeckt und eigenhändig restauriert hatte. Besonders war daran der auf alt gemachte Anstrich in verschiedenen Farben. Die Kommode wirkte, als wäre sie mehrfach übermalt worden. Dabei hatte Melina die Farben so gewählt, dass sie harmonisch miteinander korrespondierten und der Kommode einen ganz besonderen Glanz verliehen. Nie hatte Sebastian ein ausgefalleneres Möbelstück gesehen und sich sofort darin verliebt, als seine Frau ihm ihre Idee stolz präsentiert hatte. Leider war er mit seiner Begeisterung nicht allein gewesen. »Kein liebevolles Frühstück. Kein warmes Bett.« Er ging hinüber in die offene Küche, die direkt ans Wohnzimmer angrenzte. Wie immer herrschte auch hier eine fast sterile Ordnung. »Ich weiß gar nicht, warum wir diese Wohnung überhaupt gekauft haben, wo doch eh kaum jemand zu Hause ist. Die paar Stunden könnte ich auch im Wohnheim unterkommen.« Um wenigstens die lähmende Stille zu übertönen, schaltete Sebastian das Radio an.
Ein Moderator plauderte fröhlich über die Freuden des Familienlebens, und am liebsten hätte Sebastian das Gerät aus dem Fenster geworfen. Da die Stille aber noch schlechter zu ertragen war, ging er aus dem Zimmer und kam erst zurück, als Musik spielte.
Seit die Idee seiner Frau, einer gelernten Möbelrestauratorin, auf einer Messe von einem Geschäftsmann entdeckt worden war, war ihr gemeinsames Leben nicht mehr dasselbe.
»Du musst das verstehen, Bastian! Das ist die Chance meines Lebens!«, hatte Melina ihn angefleht, als er sein ständiges Alleinsein neulich bemängelte. »Hubert macht mich mit den Größen der Designerszene bekannt. Sie reißen sich um meine originell restaurierten Möbel und meine neuen Ideen«, versuchte sie ihm wieder und wieder klarzumachen. »Wenn ich in der Szene erst mal bekannt bin und mir einen Namen gemacht habe, kann ich wieder öfter zu Hause sein.« Das hatte sie ihrem Mann schon vor Monaten versprochen. Und war doch immer weniger bei Sebastian, immer seltener zu Hause.
»Das kommt doch auch uns zugute«, erinnerte sie ihn ein anderes Mal daran, dass er als Sanitäter zwar recht ordentlich verdiente, aber nicht gut genug, um sich all die Träume von Luxus und großen Reisen zu erfüllen, die sie noch hatte.
»Ich wusste nicht, dass dir Luxus so wichtig ist.«
»Menschen ändern sich«, hatte Melina ihm zugerufen, bevor sie zu einer weiteren Reise aus der Wohnung gestürzt war.
So litt Sebastian Keinath nicht nur unter der ständigen Abwesenheit seiner Frau, sondern kämpfte auch noch gegen die nagenden Minderwertigkeitsgefühle, die sich nach und nach in ihm breitmachten.
»Ich habe Melina aus Liebe geheiratet. Weil ich sie gerne um mich habe und ihre Gesellschaft und Nähe über alles schätze«, schimpfte er vor sich hin, als ihm eine der Hochglanzdesignerzeitschrift in die Hände fiel, in denen seine Frau auf Fotos neben und auf ihren Möbeln posierte, die langen Beine in die Luft gereckt, das lachende Gesicht der Kamera zugewandt. Es handelte sich um eine neue Werbestrategie und der Plan schien aufzugehen. Eine Restauratorin, schön wie ein Model. Welcher Mann war davon nicht beeindruckt! »Nicht um sie wie viele andere in irgendwelchen Heften zu bewundern«, schnaubte Sebastian und ging zum Kühlschrank.
Als er die neuen Haftnotizen entdeckte, die Melina dort für ihn angebracht hatte, lachte er bitter. »Und auch nicht, um ihre Aufträge auszuführen.« Er riss die gelben Zettel ab und nahm eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank. Es war ihm egal, dass es noch früh am Vormittag war. Bitte mein Kostüm von der Reinigung holen, las er, was Melina auf den einen geschrieben hatte. Ich hab versprochen, die Nachbarskatze zu füttern. Kannst du das übernehmen?, stand auf dem nächsten. Der Wasserhahn in der Gästetoilette tropft. Nie schrieb sie Ich liebe dich, oder Ich vermisse dich. Verächtlich zerknüllte Sebastian die Notizen und warf sie in den Abfall. Er lehnte sich an den Kühlschrank und nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche. »Ich liebe dich auch, mein Schatz«, schimpfte er zutiefst enttäuscht und sehr, sehr einsam.
Als das Telefon klingelte, erschrak er.
»Keinath«, meldete er sich nach einem weiteren Schluck Bier.
»Ach, Bastian, das ist gut, dass ich dich erreiche.« Melinas gehetzte Stimme klang an sein Ohr. Wie immer in letzter Zeit war sie in Eile, sodass noch nicht mal Zeit für einen liebevollen Gruß blieb. »Du musst mich heute nicht vom Flughafen abholen.«
»Ach.« Sofort fühlte Sebastian den eifersüchtigen Stich in der Brust. Wahrscheinlich brachte sie wieder irgendein schicker Designer nach Hause. »Wirst du gefahren?«, riss er sich zusammen, um nicht gleich wieder einen Streit vom Zaun zu brechen.
Melina antwortete nicht sofort.
»Tut mir leid, ich komme heute Abend gar nicht nach Hause«, gestand sie zögernd. »Wir sind von Zürich gleich nach Mailand weitergeflogen. Hubert wollte mich unbedingt mit ein paar Freunden bekannt machen, die wichtig für meine weitere Karriere sein können.«
»Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass dein Ehemann wichtig für dein weiteres Liebesleben sein könnte?«, entfuhr es ihm und er nahm einen weiteren Zug aus der Flasche.
»Bastian, bitte, darüber haben wir doch schon …« Melina stutzte, als sie das gurgelnde Geräusch hörte. »Trinkst du etwa? Um diese Uhrzeit?«
»Was sollte ich denn sonst tun, um mir die Einsamkeit zu vertreiben?«, fragte er und lachte böse. »Wenn ich trinke, fange ich irgendwann an, Selbstgespräche zu führen. Dann bin ich wenigstens nicht mehr so allein.«
Melina seufzte. Sie wollte diese ewigen unterschwelligen Vorwürfe nicht mehr hören.
»Was ist denn jetzt mit dem Unfall? Gibt es schon neue Erkenntnisse?«, wechselte sie das Thema.
Auch ein wenig deshalb, um ihm ein schlechtes Gewissen zu machen und ihn auf diese Weise von den Vorwürfen abzubringen.
Der Plan ging nicht auf.
»Dauert noch«, kam die unbeeindruckte Antwort.
Die Flasche war leer und Sebastian holte eine neue aus dem Kühlschrank.
»Warum bist du in letzter Zeit nur so unkonzentriert?«, fragte Melina mit einem Anflug von Ratlosigkeit.
»Das fragst du im Ernst?« Sebastian konnte es nicht fassen. »Vielleicht, weil ich die ganze Zeit darüber nachdenke, wie ich verhindern kann, dass unsere Ehe scheitert.«
An dieser Stelle hatte Melina die Nase endgültig voll.
»Jetzt hör mir mal gut zu! Nur weil ich im Augenblick viel um die Ohren habe, scheitert unsere Ehe doch noch nicht. Das wäre eine ganz schöne Armutserklärung«, schnaubte sie wütend. »Außerdem habe ich dich nicht geheiratet, um den Alleinunterhalter für dich zu spielen. Benimm dich endlich wie ein erwachsener Mann und nicht wie ein fünfjähriges Kind, das nicht auch mal alleine spielen kann!«, fuhr sie ihn an. »Es wäre wirklich schön, wenn du dich zur Abwechslung mal für mich freuen würdest.« Im Hintergrund war eine männliche Stimme zu hören. »Ich muss Schluss machen«, erklärte Melina zum Abschied. »Ich melde mich morgen wieder.«
Es klickte an Sebastians Ohr, und die Leitung war unterbrochen.
»Ich liebe dich auch, mein Schatz«, murmelte er mit vor Sarkasmus triefender Stimme. »Ich kann es kaum erwarten, dass wir uns endlich wiedersehen.« Achtlos warf er den Apparat auf den Esstisch, wo er über die Tischplatte schlitterte und schließlich neben der Obstschale