Tatzelwurm und Donauweibchen. Reinhard Pohanka
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Oft findet sich der Hinweis, dass der Wassermann mit einem goldenen Kamm am Ufer sitzt, sich das Haar kämmt und so Macht über Menschen erhält. Dies dürfte mit den seit alter Zeit bestehenden Vorstellungen von der Macht des langen Haares, wie man es schon in der Bibel bei Samson findet, zusammenhängen. Auch in der nordischen und mittelalterlichen Sagenwelt lässt sich das Motiv wiederfinden. Zudem ist der Kamm ein Symbol des Wassers und wurde früher nicht nur mit den Pflanzen, sondern auch mit der Himmelsfeuchtigkeit gleichgesetzt. Es gibt den Glauben, dass es regnet, wenn sich eine Nixe oder ein Wassermann ihre Haare frisieren, und der Brauch, sich die Haare über einem Fluss zu kämmen, gilt als Opfer an tote Vorfahren.
Der Wassermann kann auch mit anderen dunklen Mächten im Bunde sein und hält sich gerne in Teufelsmühlen auf, wie in der von Stockerau. Hier briet ein Wassermann vor langer Zeit des Nachts immer seine Fische, was dem Müller gar nicht gefiel, und er dachte darüber nach, wie er den feuchten Gesellen loswerden könnte. Da kam eines Tages ein Bärentreiber mit seinem Tanzbären in die Mühle, und als des Nachts der Wassermann wieder seine Fische am Rost hatte, griff auch der Bär zu. Als der Wassermann sich wehrte, bekam er die Pranke des Bären zu spüren und floh. Am nächsten Tag fragte er den Müller: »Sag, hast du noch die große Katze?« und dieser antwortete geistesgegenwärtig: »Natürlich, und sie hat auch noch zwei Junge bekommen.« Seitdem ließ sich der Wassermann hier nicht mehr sehen.
Die Art, wie der Wassermann Menschen fängt, ist verschieden. An den Ufern der Flüsse und Bäche fährt er als kleiner Knabe einen Wagen, der voll ist mit bunten Bändern und Blumen. Mit diesen lockt er die neugierigen Kinder herbei und zieht sie mit sich ins Wasser. Zuweilen hat er über den Fluss ein Netz ausgespannt, welches so fein ist, dass man es mit freiem Auge nicht sehen kann, und wer sich in dasselbe verirrt, ist verloren. Am Freitag ruht sich der Wassermann von der Arbeit des Menschenfangens aus. Dieser ist der Feiertag des Wassermannes. Keines seiner vielen Netze hat er ausgespannt, um Beute zu erhaschen, sondern alle sind eingezogen. Er sitzt im hohen Gras und beschäftigt sich mit dem Ausbessern jener Netze, welche im Laufe der Woche Schaden genommen haben. Wenn er mit dieser Arbeit fertig ist, kämmt er seine langen, grünen Haare und wäscht und reinigt sich. Sodann legt er sich auf den Rasen, streckt sich aus und schläft bald ein. Die Leute sagen, dass am Freitag der Eingang in das Land des Wassermannes geöffnet sei und nicht bewacht werde.
Die bekannteste Wassermannsage in Österreich stammt aus der Steiermark und hat mit der Auffindung des Erzberges zu tun. Die zwischen den Ortschaften Hieflau und Eisenerz gelegene Schwarze Lacke, auch Wassermannsloch genannt, ist der Schauplatz. Dort sahen die Leute vor vielen hundert Jahren öfter einen Wassermann. Man glaubte, dass dieser große Schätze besitze, und aus diesem Grund versuchten ihn die Leute zu fangen. Er war aber sehr scheu und glatt wie ein Fisch und war mit bloßen Händen nicht zu halten. Also griff man zu einer List. Man stellte ihm Essen und Wein vor den Tümpel, und als er davon satt und betrunken war, konnte man ihn fangen und verlangte von ihm die Herausgabe seiner Schätze. Der Wassermann versprach ihnen aber:
»Nun wählet schnell auf dieser Stell’! Ein gold’ner Fuß, bald schwinden muss. Ein silbernes Herz, die Zeit verzehrt’s. Ein Eiserner Hut, hält lang und gut. Erwägt es klug, dann habt genug!«
Die Leute wählten den eisernen Hut und der Wassermann zeigte ihnen den heutigen Erzberg. Als sie ihn aber danach freiließen, bebte die Erde, das Wasser rauschte gewaltig und wurde blutrot. Aus der Tiefe der Schwarzen Lacke ertönte eine unheimliche Stimme: »Um das Beste habt ihr aber vergessen zu fragen, und zwar um den Karfunkelstein und um die Bedeutung des Kreuzes in der Nuss!« Was der Wassermann damit meinte, ist bis heute ein Rätsel geblieben.
Im Leopoldsteinersee nahe dem Erzberg soll ein Wassermann, der schwarz war und einen Raubtierkopf, dazu einen langen Hals und feurige Flügel hatte, seine Heimat gehabt haben. Kam jemand dem tiefgrünen See zu nahe, so sprang er ans Ufer und holte den Unvorsichtigen in sein Reich.
Auch Bad Aussee verdankt seine salzhaltigen Quellen einem im Grundlsee gefangenen Wassermann. Zum Dank für seine Freilassung verriet er den Ausseern, dass es am Sandlingberg solehaltige Quellen gab, und seither können die Ausseer selbst ihr Salz sieden, das sie zuvor teuer hatten in Hallstatt einkaufen müssen.
Auf der Pacheralpe in der Gemeinde Lorenzen bei Rottenmann war ein Wassermann im Grünsee zuhause und wurde dort oft am Ufer sitzend von den Almhirten gesehen. Eines Tages lud ihn eine liederliche Sennerin zu sich in die Almhütte ein, als er sie aber berührte, war er kalt und glatt und wurde von der Sennerin zurückgestoßen. Aus Rache nahm der Verschmähte sie mit in den See.
Wien kennt ebenfalls eine Wassermannsage, hier wohnt der Wassermann im Wienfluss. Er ist ein kleiner krummer Geselle mit tiefliegenden Augenhöhlen und einem blassen Gesicht, trägt einen grauen Rock, von dem das Wasser herabträufelt, und einen grünen Hut mit einem schwarzen Band, dazu hohe Röhrenstiefel mit roten Quasten. Den Tag über schläft er in Kammern, die sich unter dem Wienfluss befinden, des Abends kommt er hervor und lauert auf Beute. Sieht er einen Menschen in seinem Reich, so holt er einen goldenen Kamm hervor und beginnt sich zu kämmen. Dann ist der Mensch schon an ihn verloren, außer es gelingt ihm, noch schnell über zwei Wagenspuren zu springen, dann verliert der Wassermann seine Macht über ihn.
In Gols im Burgenland erzählt man sich die Sage, dass eines Tages der Wilde Reiter, der zur → Wilden Jagd gehört, versuchte mit seinem Pferd über einen Fluss zu springen. Dabei glitt der Gaul aus und stürzte mitsamt seinem Reiter ins Wasser, wo schon der Wassermann auf ihn wartete. Den letzten Fußabdruck des Pferdes sieht man heute noch am »Hufstein«. Der Wassermann wurde mit seiner Beute aber nicht glücklich, er sicherte sich drei Hufe des Pferdes, den vierten konnte er aber nicht finden und so irrt er heute noch an den Ufern des Flusses umher.
Zahlreich sind die Wassermannsagen, die sich um die Donau ranken. Überlagert werden sie von der Sage vom Donaufürsten, einem mächtigen, königgleichen Herrscher, der in einem Schloss am Grund der Donau wohnt. Er soll ein unfreundlicher Geselle sein, der sich öfters den Fischern zeigte und sie nach ihren Wünschen fragte, um sie dann in die Donau hinabzuziehen. Eines Tages kam er an einen Fischer, dem er die Tochter geraubt hatte und der ihm sein mit einem Rosenkranz geschütztes Ruder über den Kopf schlug, sodass vier Steine aus der Krone an Land fielen, wo der Donaufürst sie nun jede Nacht suchen muss. Erst wenn er sie gefunden hat, kann er wieder in seinen Palast zurückkehren. Weil er aber vier Steine verloren hat, darf jeder Mensch, der in der Donau ertrinkt, vier Tage in seinem Palast verweilen. Dann bindet die Fischerstochter, die von Nixen bedient wird, einen Kranz und schickt ihn zur Wasseroberfläche. Wenn man diesen sieht, so weiß man, dass wieder ein Mensch in der Donau ertrunken ist.
Nixen
Die Nixe ist das weibliche Gegenstück zum Wassermann. Oft werden Nixen auch als dessen Töchter bezeichnet. Diese familiären Beziehungen scheinen aber erst in späterer Zeit aufgekommen zu sein. Die Erklärung ihres Namens leitet sich von denselben germanischen Wörtern ab wie beim männlichen Nix oder Nöck. Ihr charakteristisches Merkmal ist, dass sie auf die Welt kommen, um Unheil und Schaden zu stiften oder den Menschen den Tod zu bringen. Häufig betören oder verführen sie Männer und ziehen sie auf den Grund von Flüssen und Seen. Manchmal, oft aber vergeblich, warnen sie vor Gefahren. Nixen können in verschiedenen Gestalten vorkommen, abzugrenzen sind sie von den Wasserfrauen und besonders von den Meerjungfrauen, die zwar mit ihnen verwandt sind, aber in Österreich keine Entsprechung finden. Im Aussehen gleichen die Nixen jungen Frauen mit blasser, oft auch grünlicher Haut. In den ältesten Überlieferungen kommen sie vollständig bekleidet auf ihren eigenen Beinen daher, ihre spätere Gestalt mit entblößtem Oberkörper, der nach unten