Heinrich der Seefahrer. João de Barros

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Heinrich der Seefahrer - João de Barros Edition Erdmann

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weniger, als vorzustoßen »hinaus über das Ende der Welt«.28 Indes gelang keiner dieser Unternehmungen die Umrundung jenes Kaps. Noch am ehesten erreichte dieses Ziel Fray Gonçalo Velho, als er im Jahr 1426 bis nach Terra Alta, kurz vor Kap Bojador gelegen, segelte. Diese Misserfolge ließen Prinz Heinrich jedoch keineswegs resignieren. Zurara führt seine Beharrlichkeit auf folgende Motive zurück: auf Heinrichs unermesslichen Wissensdurst und seinen Drang, unbekannte Länder zu erforschen; auf seinen Wunsch, Handelsbeziehungen mit bislang unentdeckten Regionen zu knüpfen; auf seinen religiösen Eifer, der darauf abzielte, Kontakt mit einem noch zu entdeckenden christlichen Königreich jenseits des islamisch beherrschten Nordafrikagürtels aufzunehmen und mit diesem ein Bündnis gegen die Muslime zu schließen; auf sein Bestreben, die »Heiden« zum Christentum zu bekehren; und schließlich habe Heinrich – so der Chronist – mit den Übersee-Expeditionen das Schicksal erfüllen wollen, das ihm von seinem Horoskop vorhergesagt worden sei.29

      In den Jahren 1427–1432 wurden von den Schiffen Heinrichs die Azoren entdeckt und mit Portugiesen besiedelt. Danach machte sich Heinrich daran, die Kanarischen Inseln in portugiesischen Besitz zu bringen. Dazu ging er zunächst auf diplomatischem Wege vor, indem er an Kastilien die Forderung richtete, Portugal das Recht zur Besetzung dieser Inselgruppe einzuräumen. Als dies nichts fruchtete – Kastilien beharrte nach wie vor auf seiner Oberhoheit über die Inseln –, wandte sich der Prinz 1433 direkt an den Papst. Und dieser entsprach – offensichtlich in Unkenntnis der kastilischen Ansprüche – Heinrichs Ersuchen. Daraufhin erhielt Prinz Heinrich von seinem Bruder Duarte, der als Nachfolger des im August verstorbenen Johann I. den portugiesischen Thron bestiegen hatte, weitgehende Verfügungsrechte über die Kanarischen Inseln. Die geistliche Aufsicht über die Inselgruppe wurde dem Christusorden zugesprochen, dem Heinrich als regedor e governador vorstand. Die endgültige völkerrechtliche Klärung der Kanarischen Frage blieb allerdings weiterhin offen, weil der Papst auf kastilischen Druck hin die Entscheidung, die Inseln Portugal zu überlassen, wieder zurücknahm.30

      Im Jahr 1434 gelang Gil Eanes endlich die seit Langem angestrebte Umrundung von Kap Bojador, das bislang als unpassierbar gegolten hatte. 1435 folgte eine zweite Fahrt Eanes’, zusammen mit Afonso Gonçalves Baldaia. Damit war eine entscheidende Barriere gefallen, denn von nun an war es für die Seefahrt zumindest in psychologischer Hinsicht leichter, über dieses Kap hinaus weiter nach Süden vorzustoßen – nicht jedoch in technischer Beziehung, da die weit ins Meer hinausragenden Sandbänke und Felsenriffe die Passage dieses Landvorsprungs für die damaligen Schiffe nach wie vor zu einem sehr riskanten Unterfangen machten. Prinz Heinrich zeigte sich mehr denn je ermutigt und entschlossen, seine Schiffe so weit wie nur möglich nach Süden Vordringen zu lassen. Mit entsprechenden Instruktionen versehen, segelte Baldaia 1436 bis Piedra de Galea (Porto do Galé), 120 leagues31 südlich von Kap Bojador auf 22°03’ N gelegen. Auf dieser Reise wurde unter anderem auch der Rio d’Ouro entdeckt.32

      Der fehlgeschlagene Tanger-Feldzug von 1437

      Nach Baldaias Fahrt trat in der portugiesischen Entdeckungstätigkeit eine mehrjährige Pause ein, die bis 1440 währte. Die militärischen Vorbereitungen für einen Angriff auf das marokkanische Tanger, der Tod König Duartes im Jahr 1438 und die anschließend ausbrechenden Auseinandersetzungen um die Regentschaft zwischen der Königin und Prinz Pedro banden in den Jahren 1436 –1440 alle politischen Energien Portugals.

      Am meisten ins Gewicht fiel dabei das Tangerunternehmen von 1437.33 Nachdem Pläne zu einem gemeinsamen Vorgehen von Portugal und Kastilien gegen das maurische Granada an der fortdauernden Rivalität der beiden iberischen Königreiche gescheitert waren, blieb Portugal in seinem Kampf gegen den Islam auf sich allein gestellt. Wie oben gesagt, blieb die Lage um Ceuta sehr unbefriedigend, sowohl was den Handel anbelangte als auch in Bezug auf die Möglichkeit, von hier aus den Kreuzzug gegen die Ungläubigen ins Innere Marokkos voranzutreiben. In dieser Situation wollte Portugal einen neuen Anlauf nehmen zur Zerschlagung der muslimischen Bastionen in Marokko.

      Entschiedener Anwalt dieser Politik, die 1436 in den Plan mündete, Tanger anzugreifen, war Prinz Heinrich. Gegen massive Widerstände innerhalb der königlichen Familie – Prinz Pedro z.B. war, sich dabei auf die negativen Erfahrungen um Ceuta stützend, ausdrücklich gegen ein solches Unternehmen34 – konnte sich Heinrich dabei auf eine bula de crusada (Kreuzzugsbulle) von Papst Eugen IV. berufen, wenn er die Überzeugung äußerte, dass ein solcher Kreuzzug »zweifellos dem Willen Gottes« entspreche und in Fortsetzung der Reconquista ein Gott wohlgefälliges Werk sei.35

      Umstritten war zudem, ob für diesen Feldzug eine Sondersteuer erhoben werden durfte. Der portugiesischen Bevölkerung eine besondere Kreuzzugsabgabe aufzubürden war unerlässlich, weil im Staatsschatz nicht genügend Geldmittel vorhanden waren, um den Sold und die Verpflegung des Expeditionskorps zu finanzieren. Ein Gutachten von Antonius de Pratovecchio, einem italienischen Rechtsgelehrten, der sowohl den Papst als auch den Kaiser und eine Reihe von Königen juristisch beriet, kam diesbezüglich zu dem Schluss, dass der König das Volk für einen gerechten Krieg zu Steuern heranziehen dürfe: »Collectam pro bello licite subditis imponi posse, ex quo bellum est iustum.«36 Eine Sonderabgabe zur Finanzierung des Tanger-Feldzuges war in der Bevölkerung natürlich sehr unpopulär; nur unter Protest genehmigten die im März 1436 in Evora versammelten cortes die vom König verlangte zusätzliche Steuer.37

      Für die Expeditionstruppe wurden ursprünglich 14000 Mann für notwendig erachtet, doch als die Flotte schließlich am 22. August 1437 von Restelo aus aufbrach, waren nur 7000 Mann an Bord, ein Grund, warum das Unternehmen mit einem Desaster enden sollte. Nach der Landung in Ceuta marschierte Prinz Heinrich mit 5000 Mann Richtung Tanger, während sein Bruder, Prinz Fernando, mit der Armada und den restlichen 2000 Mann direkt nach Tanger segelte. Zwischen dem 13. und 20. September wurde die Stadt von den Portugiesen mehrmals erfolglos bestürmt.38 Als am 25. September der Sultan von Fes mit einem riesigen Entsatzheer den Verteidigern von Tanger zu Hilfe eilte, wurden aus den Belagerern Belagerte. Abgeschnitten von ihrer Flotte und angesichts der feindlichen Übermacht, hatten die Portugiesen keine andere Wahl, als den muslimischen Heerführern gegen die Zusicherung freien Abzugs zu den Schiffen die Übergabe Ceutas anzubieten. Am 17. Oktober gingen die Muslime endlich auf diesen Vorschlag ein, allerdings musste sich der Infant Fernando als Unterpfand für Ceuta in die Hand von Salah ben Salah, dem Verteidiger von Tanger, begeben.

      Nach Rückkehr der Kriegsflotte entbrannte innerhalb der portugiesischen Führung ein schwerer Konflikt darüber, ob man den mit den Muslimen ausgehandelten Vertrag einhalten und also Ceuta im Austausch gegen Fernando aufgeben sollte.39 Prinz Pedro, der schon immer der Ansicht gewesen war, dass Besitzungen in Afrika für Portugal eher eine Belastung als ein Aktivposten seien, drängte auf die Aufgabe Ceutas, ebenso Prinz Johann. Gegen die Auslieferung der Stadt an die Mauren votierten Prinz Heinrich, der darauf baute, Fernando durch einen neuerlichen Feldzug aus der Geiselhaft befreien zu können, und der Erzbischof von Braga, der aus kirchlichen Gründen an Ceuta festhalten wollte. Der Papst äußerte sich in der gleichen Richtung; und auch das Bürgertum von Lissabon und Oporto beharrte kommerzieller Interessen wegen darauf, dass Ceuta unter keinen Umständen aufgegeben werden dürfe. König Duarte befand sich in einem großen Zwiespalt. Wäre es allein nach seinem Herzen gegangen, dann hätte er, um seinen geliebten jüngeren Bruder Fernando freizubekommen, Ceuta sicherlich fallen gelassen. Andererseits vermochte er sich nicht den Argumenten Heinrichs zu entziehen, der entschieden für ein Festhalten an diesem portugiesischen Brückenkopf plädierte. Als König Duarte am 9. April 1438 starb, war das Schicksal Fernandos weiterhin ungewiss. Auch unter Prinz Pedro und Duartes Witwe, die beide als Regenten eingesetzt worden waren, kam es trotz aller Bemühungen in dieser Frage zu keinem Ergebnis, sodass Prinz Fernando, der in der Gefangenschaft viele Misshandlungen und Demütigungen über sich hatte ergehen lassen müssen, schließlich am 5. Juni 1443 in Fes an der Ruhr starb, ohne sein Vaterland jemals wiedergesehen zu haben.

      Der portugiesische Historiker David Lopes nennt Fernandos Tod »ein

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