Der goldene Esel. Lucius Apuleius

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Der goldene Esel - Lucius  Apuleius

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die Keckheit eines so winzigen Tierchens um ein Haar gänzlich die Fassung verloren hätte.

      Doch rufe ich ihm endlich zu:

      ›Willst du wohl fort, du garstige Bestie? Willst du bald zu deinesgleichen, oder es soll dir übel ergehen! Willst du fort?‹

      Da macht das Wiesel wie der Blitz kehrt und rennt zur Stube hinaus. Aber nur einen Augenblick darauf befällt mich ein so tiefer Schlaf, dass der delphische Gott selbst nicht hätte unterscheiden können, wer von uns beiden, die Leiche oder ich, dem Anschein nach toter sei. Ganz sinnlos lag ich da und hätte selbst einen Wächter gebraucht; es war gerade so, als wäre ich nicht da.

      Eben störten die munteren Hähne mit ihrem kreischenden Geschrei die tiefe Stille der Nacht, als ich wieder erwachte.

      Äußerst erschrocken, raffe ich mich auf, springe nach der Leiche hin, decke sie auf, beleuchte sie und wollte eben untersuchen, ob auch noch alles daran sei, was mir übergeben worden war, als auch die betrübte Witwe mit den gestrigen Zeugen ängstlich zur Tür hereintritt, über den Körper hinfällt, ihn oft und lange küsst und beim Schein der Lampe Musterung seiner Gliedmaßen hält.

      Bald wendet sie sich um, ruft ihren Haushofmeister Philodespotus und befiehlt ihm, mir für die wohlgehaltene Wacht den ausgemachten Lohn nicht länger vorzuenthalten.

      Er wurde mir auf der Stelle ausgezahlt, und sie setzte hinzu:

      ›Ich danke Euch sehr, junger Mensch! Ihr habt mir mit Eifer gedient, und beim Herkules, ich werde Euch für immer dafür zu meinen Freunden zählen!‹

      Von Freuden über einen so unerwarteten ansehnlichen Verdienst berauscht und mit schmachtendem Entzücken meine blanken Dukaten in der Hand von allen Seiten betrachtend, erwiderte ich:

      ›Zählen Sie mich lieber zu Ihren treuen Dienern, Madame, und befehlen Sie, sooft Sie meine Dienste wieder brauchen.‹

      Kaum habe ich das gesagt, so spucken alle Hausgenossen über die böse Vorbedeutung aus und fallen stracks alle, jeglicher nach seiner Weise bewaffnet, über mich her. Der eine ohrfeigt mich ordentlich mit den Händen ab, der andere zerbläut mir die Schultern mit dem Ellbogen, ein Dritter versetzt mir mit geballten Fäusten derbe Rippenstöße. Man tritt mich mit Füßen, rauft mich bei den Haaren, zerreißt mir die Kleidung, misshandelt, zerfleischt mich nicht minder als den schönen Adonis oder den Sohn der pimpleischen Muse und wirft mich zur Tür hinaus.

      Während ich mich in einer Nebengasse von dieser unsanften Behandlung wieder zu erholen suchte und meine unselige Rede leider nur ein wenig zu spät bedachte und mir selbst eingestand, dass ich von Rechts wegen wohl noch mehr Prügel dafür verdient hätte, war der Tote schon zum letzten Mal zu Hause beweint und gerufen worden, und langsam und mit großem Pomp, wie es bei Vornehmen nach Landes Brauch und Sitte zu geschehen pflegt, kam der Leichenzug über den Markt daher.

      Zugleich lief ein alter Mann, der unter lautem Jammer sein ehrwürdiges Haar ausriss, aus Leibeskräften seitwärts hinzu, fasste die Bahre mit beiden Händen an und rief mit zwar starker, doch von Schluchzen unterbrochener Stimme:

      ›Hilfe, ihr Larissäer! Ich beschwöre euch bei eurem Bürgereid, bei eurer Liebe fürs Vaterland! Hilfe! Nehmt euch dieses ermordeten Mitbürgers an und rächt nach der Strenge die allerschändlichste Tat an diesem abscheulichen Weib! Denn sie, und kein anderer Mensch in der Welt, hat diesen Unglücklichen, der meiner Schwester Sohn ist, aus Liebe zu einem Buhlen und aus Lüsternheit nach seiner reichen Verlassenschaft mit Gift ermordet.‹

      So wimmerte und weinte der Greis.

      Das Volk nahm Anteil an seinem Leid. Die Wahrscheinlichkeit des Vorwurfs machte es leichtgläubig. Es wurde wütend, rief nach Feuer, suchte Steine und hetzte die Jungen auf, die Dame zu vertilgen. Mit erlogenen Tränen aber schwur diese hoch und heilig bei allen Gottheiten, eine solche Schandtat sei ihr nie in den Sinn gekommen.

      ›So lassen wir‹, sprach der Greis wieder, ›die göttliche Vorsehung über die Wahrheit entscheiden! Hier ist Zachlas, ein vornehmer ägyptischer Prophet. Ich habe von ihm die Zusage erhalten, dass er mir den Geist des Verstorbenen aus der Hölle zurückrufe und diesen Körper auf einen Augenblick wieder belebe.‹

      Mit diesen Worten führt er einen Jüngling herbei, in Leinen gekleidet, Palmenschuhe an, und das Haupt völlig geschoren.

      Er küsste ihm lange die Hände, umfasste selbst seine Knie und sprach zu ihm:

      ›Erbarme dich, heiliger Priester, erbarme dich! Bei den ewigen Sternen des Himmels, bei den Gottheiten der Unterwelt, bei dem Urstoff des ganzen Alls, bei dem nächtlichen Schweigen, bei Koptos’ Heiligtum, bei des Nils Anwachs, bei den memphitischen Geheimnissen und bei den pharischen Sistrums – flehe ich zu dir: Sei diesem Leichnam nur ein kurzer Genuss der Sonne gewährt! Gieße nur ein geringes Licht den ewig verschlossenen Augen wieder ein! Nicht, dass wir den Gesetzen der Natur widerstrebten oder der Erde ihr Eigentum verweigerten: nein, nur um des Trostes der Rache willen erbitten wir von dir diesen Augenblick Leben.‹

      Durch diese Anrufung günstig gestimmt, legt der Prophet dreimal ein gewisses Kraut dem Toten auf den Mund und ein anderes auf die Brust. Darauf kehrte er sich in Richtung Sonnenaufgang und richtete ein Gebet an die Sonne, zwar nur stillschweigend, aber mit so vieler Feierlichkeit und Andacht, dass er allen Anwesenden die tiefste Ehrfurcht einflößte und eines jeden Geist vollkommen auf die Erwartung des großen Wunders vorbereitete.

      Sofort mischte ich mich unter die Menge, stellte mich dicht hinter der Bahre auf einen etwas erhabenen Stein und sah da mit neugierigen Augen dem ganzen Treiben zu.

      Sogleich begann die Brust des Toten sich zu heben; es schlägt die Pulsader. Belebt ist die Leiche!

      Sie richtete sich auf und sprach:

      ›Warum rufst du mich, ich bitte, zu einem augenblicklichen Leben zurück? Geleert war der lethäische Becher, schon schwamm ich auf dem stygischen Pfuhl. Lass mich, ich flehe, lass mich und störe mich in meiner Ruhe nicht!‹

      Jedermann hörte ganz deutlich die Worte.

      In großem Zorn antwortete der Prophet:

      ›Sage unverzüglich dem Volk, wie es mit deinem Tod zugegangen ist, und bringe dieses Geheimnis ans Licht, oder du sollst erfahren, dass selbst die Plagegöttinnen meine Beschwörungen hören und ich nach Belieben deine müden Glieder martern kann.‹

      Da sagte der Aufgeweckte von der Bahre herab mit einem tiefen Seufzer zum Volke:

      ›Durch die Schandtat meiner vor kurzem genommenen Frau bin ich ums Leben gekommen. Sie hat mir Gift in den Trunk getan, damit ich mein Hochzeitsbett noch ganz warm einem Ehebrecher einräumte.‹

      Hierauf raffte sich das saubere Weibsbild zusammen, trat ihrem Mann frech unter die Augen und behauptete, er würde mit der gottlosesten Dreistigkeit lügen, und zankte sich heftig mit ihm herum.

      Das Volk tobt, ist geteilt.

      Einen solchen Ausbund von Weibern müsse man gleich mit dem Mann lebendig begraben, rufen die einen.

      Die Aussage eines Toten verdiene keinen Glauben, die andern.

      Doch alles klärte sich auf durch folgende Rede der Leiche:

      ›Ich will‹, fing sie an, und seufzte dabei wieder tief, ›ich will euch sonnenklare Beweise geben, dass ich nichts als die lautere Wahrheit rede. Hört, was niemand

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