Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон

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dürfen Sie nicht sagen«, unterbrach sie ihn mit einem reizenden Schmollen. »Das klingt schrecklich!«

      Er errötete und stammelte:

      »Sie haben recht, ich möchte nur, daß Sie mich immer berieten.«

      »Das ... das möchte ich auch gerne«, sagte sie zögernd. »Es steckt soviel Gutes in Ihnen, daß ich möchte, Sie wären ganz vollkommen.«

      Sofort war er wie Wachs in ihren Händen und sehnte sich ebenso brennend danach, sich von ihr umformen zu lassen, wie sie sich danach sehnte, ihn zu ihrem Ideal eines Mannes umzuformen.

      Und als sie ihn darauf aufmerksam machte, daß es ein besonders günstiger Zeitpunkt war, weil das Aufnahmeexamen im Gymnasium am folgenden Montag begann, erbot er sich sofort, die Gelegenheit zu benutzen.

      Und dann spielte und sang sie ihm vor, während er sie mit der Sehnsucht eines Hungernden anstarrte, ihre Schönheit trank und sich wunderte, daß nicht hundert Bewerber ihr lauschten, wie er ihr lauschte.

      Zehntes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      An diesem Tage blieb er zum Mittagessen, und zu Ruths Genugtuung machte er einen guten Eindruck auf ihren Vater. Sie sprachen über die See als Beruf – ein Gegenstand, den Martin in- und auswendig kannte –, und Herr Morse bemerkte später, daß er ein sehr vernünftiger junger Mann zu sein schiene. Da Martin allen Slang vermeiden wollte und häufig nach den rechten Ausdrücken suchte, war er gezwungen, langsam zu sprechen, was ihm wiederum ermöglichte, seine besten Gedanken zu finden. Er war freier als an dem ersten Abend vor etwa einem Jahre, und seine Bescheidenheit machte sogar einen guten Eindruck auf Ruths Mutter, die sich über die deutliche Veränderung, die mit ihm vorgegangen war, freute.

      »Er ist der erste Mann, der je Eindruck auf Ruth gemacht hat«, sagte sie später zu ihrem Manne. »Sie ist bisher Männern gegenüber so schrecklich zurückhaltend gewesen, daß ich mir schon Sorgen um sie gemacht habe.«

      Herr Morse blickte seine Frau neugierig an.

      »Und nun willst du diesen jungen Seemann dazu gebrauchen, sie zu ›erwecken‹?«

      »Soweit ich dazu beitragen kann, soll sie nicht als alte Jungfer sterben«, lautete die Antwort. »Wenn der junge Eden in ihr das Interesse für Männer überhaupt erregen könnte, so wäre das gut.«

      »Ausgezeichnet«, stimmte er zu. »Aber gesetzt – man muß auch an so etwas denken, mein Kind –, gesetzt, daß er in allzu hohem Maße ihr Interesse für sich persönlich erregte?«

      »Unmöglich!« lachte Frau Morse. »Sie ist drei Jahre älter als er, und das ist doch überhaupt ganz unmöglich. Das hat keine Gefahr. Verlaß dich auf mich.«

      Und so wurde Martin eine Rolle zugeteilt, während er, von Arthur und Norman angeregt, an eine große Ausschweifung dachte. Sie wollten am Sonntagmorgen auf ihren Rädern in die Berge fahren, was Martin nicht interessierte, bis er hörte, daß Ruth auch mitfuhr. Er radelte zwar nicht, wenn Ruth es aber tat, wollte er es auch anfangen, und so ging er denn auf dem Heimwege in eine Fahrradhandlung und kaufte sich für vierzig Dollar ein Fahrrad. Das war mehr als die mühsam verdiente Heuer eines ganzen Monats und machte ein großes Loch in seinen Geldbeutel; wenn er aber die hundert Dollar, die er vom Examiner haben sollte, zu den vierhundertundzwanzig Dollar legte, die das Jugendmagazin ihm mindestens zahlen mußte, so fühlte er die ungewohnte Geldsumme, die dieser Kauf verschlungen hatte, zu einem Nichts zusammenschrumpfen. Es machte auch nicht viel Eindruck auf ihn, daß er, als er lernen wollte, auf dem Rade heimzufahren, seinen neuen Anzug verdarb. Er rief am selben Abend vom Laden seines Schwagers aus den Schneider an und bestellte sich einen neuen. Dann trug er das Fahrrad die enge Treppe hinauf, die sich wie eine Brandleiter an die Rückseite des Hauses klammerte, und als er sein Bett von der Wand abgerückt hatte, fand er, daß das kleine Stübchen gerade genügend Raum für ihn und das Fahrrad bot.

      Den Sonntag hatte er eigentlich benutzen wollen, um sich für das Aufnahmeexamen vorzubereiten, aber der Aufsatz über die Perlenfischerei lockte ihn von der Arbeit fort, und er verbrachte den Tag in einem weißglühenden Fieber, um der in ihm brennenden Schönheit und Romantik Ausdruck zu verleihen. Daß der Examiner auch heute seinen Aufsatz über die Schatzsucher nicht brachte, verdarb seine gute Laune nicht, und da er nicht hörte, wie er wiederholt zum Mittagessen gerufen wurde, mußte er die schwere Mahlzeit entbehren, mit der Bernhard Higginbotham unweigerlich seinen Tisch dieses eine Mal in der Woche schmückte. Für Bernhard Higginbotham war ein derartiges Mittagessen ein Ausdruck für Wohlstand und gute Verhältnisse, und er würzte es durch kleinbürgerliche Predigten über die Einrichtungen Amerikas und die Möglichkeiten, die diese Einrichtungen einem Manne gaben, um in der Welt vorwärtszukommen – er unterließ nie zu bemerken, daß er selbst es vom Krämerlehrling bis zum Inhaber von Higginbothams Bar- und Kassageschäft gebracht hatte.

      Am Montagmorgen warf Martin Eden seufzend noch einen Blick auf den unvollendeten Aufsatz über die Perlenfischerei und fuhr dann mit der Straßenbahn nach dem Oaklander Gymnasium. Und als er sich einige Tage später den Bescheid über den Ausfall des Examens abholte, erfuhr er, daß er in allen Fächern mit Ausnahme von Grammatik durchgefallen war.

      »In Grammatik sind Sie ausgezeichnet,« berichtete Professor Hilton ihm und starrte ihn durch seine großen Brillengläser an, »aber Sie wissen nichts, absolut nichts in den andern Fächern, und in Geschichte sind Sie geradezu furchtbar; es gibt kein anderes Wort dafür – furchtbar. Ich rate Ihnen ...«

      Professor Hilton hielt inne und blickte ihn wütend und so sympathie- und phantasielos wie eines seiner eigenen Vergrößerungsgläser an. Er war Physiklehrer am Gymnasium, hatte eine große Familie, ein mageres Gehalt und einen seltenen Schatz von eingelerntem Wissen.

      »Ja,« sagte Martin demütig und hätte gewünscht, daß der Mann, der am Pult in der Bibliothek saß, in diesem Augenblick den Platz Professor Hiltons eingenommen hätte.

      »Ich rate Ihnen, wieder in die Volksschule zu gehen und mindestens zwei Jahre dort zu bleiben. Guten Tag.«

      Das Unglück machte keinen besonders starken Eindruck auf Martin, wenn er auch erstaunt war über das erschrockene Gesicht Ruths, als er ihr von dem Rat erzählte, den Professor Hilton ihm erteilt hatte. Ihre Enttäuschung war so offenkundig, daß es ihm leid tat, durchgefallen zu sein, aber hauptsächlich ihretwegen.

      »Sie sehen, daß ich recht hatte«, sagte sie. »Sie wissen viel mehr als die andern Schüler, die ins Gymnasium eintreten, und doch konnten Sie das Examen nicht bestehen. Das kommt, weil das Wissen, das Sie bis jetzt errungen haben, so zufällig und oberflächlich ist. Sie brauchen die Übung, die man durch regelmäßiges Studium erhält, und die nur tüchtige Lehrer Ihnen geben können. Sie müssen eine geeignete Grundlage erhalten. Professor Hilton hat recht, und ich an Ihrer Stelle würde in die Abendschule gehen. Dort könnten Sie es vielleicht in anderthalb Jahren schaffen. Außerdem hätten sie den Tag frei zum Schreiben oder, wenn Sie Ihr Brot nicht mit der Feder verdienen können, zu irgendeiner andern Arbeit.«

      »Wenn ich aber den Tag über arbeite und abends in die Schule gehe, wann habe ich dann Gelegenheit, Sie zu sehen?« war Martins erster Gedanke, wenn er ihn auch nicht aussprach. Statt dessen sagte er:

      »Es erscheint mir so kindisch, in die Abendschule zu gehen. Aber daraus würde ich mir nichts machen, wenn ich glaubte, daß es sich lohnte. Ich kann es allein viel schneller lernen, als die es mir beibringen können. Es wäre Zeitverlust« – er dachte an sie und seinen Wunsch, sie zu besitzen –, »und

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