Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон

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bis er unvermutet einen Ausfall machte; aber er schlug nicht zu, denn er hatte Metall schimmern sehen.

      »Hände hoch!« rief er. »Du hast einen Schlagring.«

      Beide Banden gingen knurrend und fauchend vor. In der nächsten Sekunde mußte ein allgemeines Handgemenge im Gange sein, aber er wollte sich die Rache nicht aus den Händen nehmen lassen. Er war ganz außer sich.

      »Ihr mischt euch nicht hinein«, schrie er heiser. »Verstanden?«

      Sie wichen zurück. Sie waren Bestien, aber er war schlimmer als sie, ein Geschöpf, das Schrecken einflößte und dem sie sich beugten.

      »Das ist mein Kampf, und ihr habt die Finger davon zu lassen. Gib mir den Schlagring!«

      Käsgesicht lieferte, ruhiger geworden und ein wenig eingeschüchtert, die Mordwaffe ab.

      »Den hast du ihm zugesteckt, Rotkopf«, fuhr Martin fort und warf den Schlagring ins Wasser. »Ich sah dich angeschlichen kommen und konnte nicht verstehen, was du wolltest. Wenn du noch mal so was tust, schlag ich dich tot, verstanden?«

      Sie kämpften weiter, durch Ermattung zu immer größerer, unermeßlicher, unfaßbarer Ermattung, bis die andern Bestien, deren Blutdurst jetzt gestillt war, ohne Rücksicht auf die Partei sie anflehten, aufzuhören. Käsgesicht, der so weit war, daß er jeden Augenblick tot niederstürzen oder auch stehend sterben konnte, ein schreckliches Ungeheuer, dessen zerschlagene Züge keine Ähnlichkeit mehr mit Käsgesicht hatten, wankte und zauderte; Martin aber sprang auf ihn los und schlug ihn immer wieder.

      Da – es schien Martin, als sei ein Jahrhundert vergangen, und Käsgesicht wurde immer schwächer – ertönte plötzlich in einem wirren Lärm von Schlägen ein lautes Knacken, und Martins rechter Arm sank herab. Ein Knochen war gebrochen. Alle hörten es und wußten Bescheid, auch Käsgesicht, der jetzt wie ein Tiger auf den Arm des andern losschlug und Schlag auf Schlag herabregnen ließ. Martins Bande drang vor, um sich dazwischenzuwerfen; Martin aber, ganz überwältigt von dem Sturm von Schlägen, trieb sie mit kräftigen Flüchen zurück und stöhnte laut vor Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit.

      Er kämpfte weiter mit der Linken, und während er hartnäckig, fast bewußtlos kämpfte, hörte er in der Ferne ein erschrockenes Murmeln von den beiden Banden, und eine zitternde Stimme sprach: »Das ist keine Schlägerei, Kameraden. Das ist Mord, und das dürfen wir nicht länger dulden.«

      Aber zu seiner Freude mischte sich keiner ein, und er schlug müde, unablässig los auf etwas Blutiges, das kein Gesicht, sondern ein entsetzliches Ding, ein zitterndes, häßliches, namenloses, lallendes Ding war und nicht weichen wollte. Und er hämmerte drauflos, immer langsamer, je mehr seine Kräfte verebbten, hämmerte Jahrhunderte, eine mächtige Zeitspanne, bis er das dunkle Gefühl hatte, daß dieses namenlose Ding ganz langsam auf die Planken der Brücke sank. Und im nächsten Augenblick beugte er sich wankend darüber, griff in die Luft, um einen Halt zu finden, und murmelte mit einer Stimme, die er selbst nicht wiedererkannte:

      »Willst du mehr? Willst du mehr?«

      Und das sagte er immer wieder – fragend, flehend, drohend, denn er wollte Antwort haben. Da fühlte er, wie die jungen Burschen seiner eigenen Bande ihn griffen, ihm auf die Schulter klopften und versuchten, ihm in die Jacke zu helfen, und dann schlugen ganz plötzlich Dunkel und Vergessen über ihm zusammen. Der Wecker auf dem Tisch tickte weiter, aber Martin Eden, der immer noch den Kopf auf die Arme gesenkt hatte, hörte es nicht. Er hörte nichts. Er konnte nicht denken. So vollkommen hatte er sich wieder hineingelebt, daß er wie vor Jahren auf der Eighth-Street-Brücke ohnmächtig geworden war. Eine ganze Minute dauerten Dunkel und Leere, dann aber sprang er auf, als ob er von den Toten erwacht wäre, und rief mit flammenden Augen und schweißtriefendem Gesicht: »Ich erledigte dich, Käsgesicht! Es dauerte elf Jahre, aber ich erledigte dich!«

      Die Knie zitterten ihm, und er fühlte sich matt und müde, wankte zum Bett und sank auf den Rand nieder. Die Vergangenheit wollte ihn immer noch nicht loslassen. Er sah sich verwirrt, erschrocken in der Stube um und wußte nicht, wo er war, bis er den Manuskripthaufen in der Ecke der Stube erblickte. Da drehte sich das Rad der Erinnerung um vier Jahre weiter, und er war wieder in der Gegenwart mit den Büchern, die er gelesen hatte, und dem Weltall, das er durch sie gewonnen hatte, mit seinen ehrgeizigen Träumen und seiner Liebe zu einem blassen, elfenhaften jungen Weibe, das, empfänglich, beschirmt und ätherisch, vor Angst gestorben wäre, wenn sie auch nur einen Bruchteil dessen gesehen hätte, was er soeben durchlebt hatte – einen Bruchteil von all dem Schmutz, den er durchwatet hatte.

      Er erhob sich und wandte sich zu seinem Spiegelbild. »Und so erhebst du dich denn aus dem Schmutz, Martin Eden,« sagte er feierlich, »reichst deine Augen der großen Klarheit, hebst deine Schultern zu den Sternen, tust, was das Leben selbst getan, und erkämpfst dir das höchste Erbteil aller Mächte, die da sind.«

      Er betrachtete sein Gesicht eingehend und lachte.

      »Ein bißchen hysterisch und pathetisch, nicht wahr?« fragte er. »Na, das macht nichts. Du hast Käsgesicht verprügelt, und du wirst auch noch die Redakteure verprügeln, und wenn es auch zweimal elf Jahre dauern sollte. Du kannst nicht hier stehenbleiben. Du mußt weitergehen. Es geht ums Ganze, verstehst du?«

      Sechzehntes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Der Wecker rasselte und jagte Martin so plötzlich aus dem Bett, daß jeder andre Mensch mit einer weniger glänzenden Konstitution Kopfschmerzen davon bekommen hätte. Obwohl er fest schlief, erwachte er sofort und freute sich, daß die fünfstündige Ruhe jetzt vorbei war. Er haßte die Vergessenheit des Schlummers. Es gab zuviel zu tun, zuviel zu erleben. Er ärgerte sich über jeden Augenblick des Lebens, den der Schlaf ihm raubte, und ehe noch der Wecker ausgerasselt, hatte er schon den Kopf, vor Kälte schaudernd, in die Waschschüssel gesteckt.

      Aber er folgte nicht dem gewohnten Programm. Keine angefangene Erzählung wartete auf ihren Abschluß, keine neue Geschichte wollte Ausdruck finden. Er hatte bis spät in die Nacht hinein studiert, und es war fast Frühstückszeit. Er versuchte ein Kapitel Fiske zu lesen, aber sein Hirn war ruhelos, und er schlug das Buch zu. Heute sollte die zweite Schlacht beginnen, und da war vorläufig nicht die Rede vom Schreiben. Ein Gefühl von Traurigkeit überkam ihn, von der Traurigkeit, mit der man Heim und Familie verläßt. Er sah auf die Manuskripte in der Ecke. Das war es. Er sollte sie verlassen – diese, seine armen, entehrten Kinder, die nirgends willkommen waren. Er begann, in ihnen zu wühlen, und las hier und dort ein paar Sätze, die ihn besonders gut dünkten. »Der Topf« wurde damit ausgezeichnet, daß er ihn sich laut vorlas, und dasselbe geschah mit »Abenteuer«. Am meisten aber gefiel ihm »Freude«, sein letztes Werk, das er gestern beendet und aus Mangel an Briefmarken in die Ecke geworfen hatte.

      »Ich verstehe es nicht«, murmelte er. »Oder vielleicht sind es die Redakteure, die es nicht verstehen. Es ist nichts dabei zu machen. Jeden Monat erscheinen schlechtere Sachen. Alles, was erscheint, ist schlechter – fast alles jedenfalls.«

      Nach dem Frühstück stellte er die Schreibmaschine in den Kasten und trug sie selbst nach Oakland.

      »Ich bin einen Monat Miete schuldig«, sagte er zu dem Angestellten im Geschäft. »Aber sagen Sie dem Geschäftsführer, daß ich auf der Arbeitsuche bin und in einem Monat oder so wiederkomme, um meine Schulden zu bezahlen.«

      Er setzte mit der Fähre nach San Franzisko über und begab sich zu seinem Arbeitsnachweis. »Irgendwelche Arbeit, keine Ausbildung«, sagte er zu dem Leiter. In diesem Augenblick betrat

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