Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон

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gesehen und keinen Ausdruck dafür gefunden.

      »Wie finden Sie das – –«, er zögerte, das Fremdwort wollte nicht recht über seine Lippen, »das Motiv?« fragte er.

      »Etwas wirr«, antwortete sie. »Das ist das einzige, was ich auszusetzen habe. Ich folgte der Erzählung, aber es war so vieles andere dabei. Sie ist zu wortreich. Sie belasten die Handlung mit soviel Stoff, der nicht dazu gehört.«

      »Das war das Hauptmotiv«, erklärte er schnell. »Das große Motiv, das durch das Ganze laufen sollte. Ich habe versucht, es mit der Erzählung Schritt halten zu lassen, die trotz allem an der Oberfläche bleibt. Ich war auf der Spur nach dem Richtigen, aber ich habe es wohl schlecht gemacht. Es ist mir nicht geglückt, Ausdruck für das, was ich sagen wollte, zu finden. Aber mit der Zeit werde ich es wohl lernen.«

      Sie konnte ihm nicht folgen. Sie hatte zwar Literatur studiert, aber hier vermochte sie ihm nicht mehr zu folgen. Sie verstand ihn nicht und schob die Schuld dieses Nichtverstehens auf seinen Mangel an Logik. »Sie gebrauchen zu viele Worte,« sagte sie, »aber stellenweise war es sehr schön.«

      Er hörte ihre Stimme wie aus weiter Ferne, denn er grübelte, ob er ihr »Seelyrik« vorlesen sollte. Eine dumpfe Verzweiflung hatte sich auf ihn gelegt, während sie ihn forschend ansah und wiederum mit den ungerufenen, wilden Gedanken an eine Ehe kämpfte.

      »Sie wollen berühmt werden?« fragte sie plötzlich.

      »Ja, vielleicht«, gestand er. »Das gehört mit zum Abenteuer. Es ist nicht so sehr der Ruhm selbst, wie die Arbeit, bis man berühmt wird. Und schließlich wäre berühmt sein für mich nur das Mittel zum Zweck. Ich möchte gern berühmt werden, aber nur deswegen.«

      »Um Ihretwillen«, hätte er gern hinzugefügt und würde es vielleicht getan haben, wenn sie über das, was er ihr vorgelesen hatte, begeisterter gewesen wäre. Aber ihre Gedanken waren zu sehr damit beschäftigt, ihm eine Zukunft zu bauen – eine Zukunft, die jedenfalls im Bereich der Möglichkeit lag –, als daß sie ihn gefragt hätte, was er mit seinem Endziel meinte. Die Literatur bot ihm keine Zukunft. Das hatte er heute mit seinen dilettantischen geschraubten Arbeiten bewiesen. Er sprach gut, war aber nicht imstande, sich in literarischer Form auszudrücken. Sie verglich ihn mit Tennyson, Browning und ihren anderen Lieblingsschriftstellern, und natürlich kam er dabei hoffnungslos zu kurz. Aber sie erzählte ihm nicht alles, was sie dachte. Ihr seltsames Gefühl für ihn ließ sie wanken. Sein Drang zu schreiben war alles in allem eine kleine Schwäche, die er mit der Zeit überwinden mußte. Dann würde er sich ernsteren Fragen des Lebens widmen. Und er würde siegen. Das wußte sie. Er war so stark, daß er nicht verlieren konnte, wenn er nur aufhörte zu schreiben.

      »Ich möchte, daß Sie mir alles zeigten, was Sie schreiben, Herr Eden«, sagte sie.

      Er errötete vor Freude. Sie interessierte sich für seine Arbeit, das war sicher, und jedenfalls hatte sie ihm keine gedruckte Ablehnung gegeben. Gewisse Teile seiner Arbeit hatte sie schön genannt, und das war die erste Ermutigung, die er je von einem Menschen erhalten hatte.

      »Das werde ich,« sagte er leidenschaftlich, »und ich verspreche Ihnen, Fräulein Morse, daß ich es zu etwas bringen werde. Ich habe schon eine ganze Menge erreicht – das weiß ich –, aber ich habe noch einen weiten Weg vor mir, und den will ich zwingen, und wenn ich ihn auf Händen und Füßen kriechen soll.« Er reichte ihr ein dickes Manuskript.

      »Hier ist die »Seelyrik«. Wenn Sie heimkommen, müssen Sie es in aller Ruhe lesen, und Sie müssen mir versprechen, daß Sie mir Ihre offene Meinung sagen. Sie wissen, was ich vor allem brauche, ist Kritik. Und bitte, seien Sie offen zu mir.«

      »Ich werde ganz offen sein«, versprach sie mit einem unangenehmen Gefühl, nicht ganz ehrlich gegen ihn gewesen zu sein, und mit einem leisen Zweifel, ob sie das nächste Mal ehrlich sein könnte.

      Fünfzehntes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      »Die erste Schlacht ist verloren«, sagte Martin, als er sich zehn Tage später im Spiegel betrachtete. »Aber es kommt eine zweite und eine dritte; Schlachten ohne Ende, wenn nicht ...«

      Er beendete den Satz nicht, sondern sah sich in dem kleinen Zimmer um und ließ den Blick betrübt auf einem Stapel zurückgesandter Manuskripte weilen, die, noch in ihren langen Umschlägen, in einer Ecke auf dem Fußboden lagen. Er hatte keine Briefmarken, um sie weiter zu verschicken, und seit einer Woche hatten sie sich hier angehäuft. Morgen und übermorgen kamen weitere, und immer mehr, bis alle wieder da waren. Er schuldete einen Monat Miete für die Schreibmaschine und konnte nicht bezahlen, denn er hatte die letzte Woche kaum genug für Kost und Logis und für die Einschreibegebühr beim Arbeitsnachweis gehabt.

      Er setzte sich und blickte nachdenklich auf den Tisch. Es waren Tintenflecke darauf, und er merkte plötzlich, daß er diesen Tisch liebte.

      »Lieber, alter Tisch,« sagte er, »ich habe manche glückliche Stunde an dir verbracht, und alles in allem bist du mir ein guter Freund gewesen. Du hast mir nie den Mut genommen, mir nie ein Untauglichkeitsattest ausgestellt, dich nie bei mir über zuviel Arbeit beklagt.«

      Er legte die Arme auf den Tisch und barg das Gesicht in den Händen. Seine Kehle schmerzte ihn, und er hätte am liebsten geweint. Er mußte an seine erste Prügelei denken, als er, der sechsjährige, trotz aller Gegenwehr von dem andern, zwei Jahre älteren Jungen bis zur völligen Erschöpfung geprügelt worden war. Er sah den ganzen Kreis von Jungen, die wie die Barbaren heulten, als er endlich, sich vor Übelkeit windend, zu Boden stürzte, während das Blut ihm aus der Nase rann, und die Tränen aus den zerschlagenen Augen strömten.

      »Armer kleiner Kerl,« murmelte er, »und jetzt ist es dir ebenso schlecht ergangen. Jetzt bist du wieder zu Brei geschlagen. Erledigt.«

      Und wie er noch das Bild dieses ersten Kampfes vor sich sah, löste es sich auf und wich dem einer Reihe neuer Schlägereien, die der ersten gefolgt waren. Ein halbes Jahr später hatte ihn Käsgesicht (so hieß der Knabe) wieder geprügelt. Aber diesmal hatte er Käsgesicht auch ein blaues Auge versetzt. Das war doch immerhin etwas. Er sah eine Prügelei nach der andern, immer bekam er Prügel, und immer triumphierte Käsgesicht über ihn. Aber nie war er weggelaufen. Er war geblieben und hatte seine Medizin genommen. Käsgesicht war ein wüster Draufgänger und hatte ihm nie die geringste Barmherzigkeit erwiesen. Aber er war nicht gewichen. Er hatte ausgehalten.

      Dann sah er eine enge Gasse zwischen verfallenen Fachwerkbauten. Das Ende der Gasse war von einem einstöckigen Ziegelbau versperrt, aus dem das rhythmische Poltern der Maschinen ertönte, wenn sie die erste Ausgabe des Enquirer fertigstellten. Er war elf Jahre alt und Käsgesicht dreizehn, und beide trugen den Enquirer aus. Daher standen sie hier und warteten auf ihre Zeitungen. Selbstverständlich war Käsgesicht wieder über ihn hergefallen, und eine neue Prügelei hatte begonnen, die aber unentschieden blieb, weil die Druckerei um dreiviertel vier aufgerissen wurde und die Knaben hineinströmten, um ihre Zeitungen zu falzen.

      »Morgen kriegst du deine Dresche«, hörte er Käsgesicht sagen, und er hörte seine eigene Stimme, keuchend und von unterdrückten Tränen zitternd, sagen, daß er zur Stelle sein würde.

      Und dann kam der nächste Tag, an dem er von der Schule heimeilte, um zwei Minuten vor Käsgesicht dazusein. Die andern Jungen sagten, er würde es schon machen, gaben ihm gute Ratschläge und versprachen ihm den Sieg, wenn er ihnen folgte. Aber dieselben Jungen hatten auch Käsgesicht beraten. Wie sie doch die Prügelei genossen! Martin hielt einen Augenblick in seinen Erinnerungen inne und

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