Gesammelte Werke. Джек Лондон
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Ich bemerkte, wie sie vergnügt grinsten, als sie den Rauch der Macedonia erblickten, der immer höher stieg, je mehr sie sich von Westen näherte. Die fünf Boote gingen wie der Wind über Bord, breiteten sich fächerförmig aus und setzten, wie am vergangenen Nachmittag, den Kurs nach Norden. Ich beobachtete sie eine Zeitlang gespannt, aber es war nichts Ungewöhnliches an ihnen zu bemerken. Sie ließen die Segel nieder, schossen Robben, heißten die Segel wieder und setzten ihren Weg fort, wie ich es sie immer hatte tun sehen. Die Macedonia wiederholte ihr gestriges Manöver, indem sie ihre Boote vor den unseren und quer über unserm Kurs aussetzte. Vierzehn Boote erfordern ein ausgedehntes Gebiet, um bequem jagen zu können, und als die Macedonia uns vollkommen abgeschlossen hatte, fuhr sie weiter nordwestlich, indem sie immer noch Boote aussetzte.
„Was haben Sie vor?" fragte ich Wolf Larsen, ganz unfähig, meine Neugier noch länger im Zaum halten zu können.
„Lassen Sie das meine Sorge sein", antwortete er barsch. „Es wird keine tausend Jahre dauern, bis Sie es wissen. Beten Sie nur, daß wir guten Wind bekommen. Übrigens kann ich es Ihnen auch gern erzählen", sagte er einen Augenblick später. „Ich will meinem Bruder eine Dosis seiner eigenen Medizin verabreichen. Kurz, ich will ihm selbst mal den Fang ausspannen, und nicht nur für einen Tag, sondern für den ganzen Rest der Fangzeit - wenn wir Glück haben." „Und wenn wir keins haben? " fragte ich. „Gar nicht auszudenken!" lachte er. „Wir müssen einfach Glück haben, sonst sind wir glatt geliefert." Er stand am Rad, und ich ging nach meinem Lazarett in der Back, wo die beiden zu Schaden Gekommenen, Nilson und Mugridge, lagen. Nilson fühlte sich so wohl, wie man nur erwarten konnte, denn sein gebrochenes Bein heilte ausgezeichnet; der Cockney aber war niedergeschlagen und verzweifelt, und ich hatte das größte Mitleid mit dem unglücklichen Menschen. Es war ein reines Wunder, daß er noch lebte und am Leben hing.
„Mit einem künstlichen Fuß - man verfertigt jetzt ganz ausgezeichnete - kannst du bis ans Ende der Zeiten in Schiffskombüsen herumlaufen", versicherte ich ihm freundlich.
Aber seine Antwort war ernst, ja fast feierlich. „Ich weiß nicht, ob es stimmt, was Sie sagen, Herr van Weyden, aber eines weiß ich: Ich werde keine glückliche Stunde haben, bis dieser Höllenhund tot zu meinen Füßen liegt. Er kann nicht so lange leben wie ich. Er hat kein Recht zu leben, und wenn das alte Wort sagt, daß er sicher sterben muß, so sage ich, Amen', und, möglichst bald!' dazu."
Als ich wieder an Deck zurückkehrte, fand ich Wolf Larsen, mit einer Hand steuernd und mit der andern ein Seeglas haltend und die Lage der Boote studierend, wobei er der Macedonia besondere Aufmerksamkeit schenkte. Die einzige Veränderung an unsern Booten war, daß sie jetzt dicht am Winde lagen und mehrere Strich West zu Nord vorgerückt waren. Ich konnte aber noch nicht die Zweckmäßigkeit dieses Manövers einsehen, denn sie waren immer noch durch die fünf Luvboote der Macedonia, die sich ebenfalls dicht an den Wind gelegt hatten, vom offenen Meere abgeschnitten. Die zogen auf diese Weise langsam nach Westen und legten einen immer größeren Abstand zwischen sich und die übrigen Boote in der Linie. Auf unsern Booten wurden neben den Segeln auch die Riemen gebraucht. Selbst die Jäger ruderten, und so überholten sie bald den - ich kann es wohl so nennen - Feind. Der Rauch der Macedonia war zu einem trüben Fleck am nordöstlichen Horizont eingeschrumpft. Vom Dampfer selbst war nichts zu sehen. Wir hatten uns bis jetzt, teilweise mit im Wind schlagenden Segeln, treiben lassen; zweimal hatten wir, mit kurzem Zwischenraum, beigelegt. Jetzt aber wurde es anders. Die Segel wurden getrimmt, und bald hatte Wolf Larsen die Ghost in volle Fahrt gebracht. Wir liefen an unsern Booten vorbei und hielten auf das erste Luvboot der andern Linie.
„Runter mit dem Außenklüver, Herr van Weyden!" befahl Wolf Larsen. „Und halten Sie sich bereit, den Klüver herüberzuholen!" Ich lief nach vorn und hatte den Außenklüver eben eingeholt, als wir etwa vierzig Meter in Lee an dem Boot vorbeischossen. Die drei Insassen betrachteten uns mißtrauisch. Sie wußten, daß sie uns die Jagd verdorben hatten, und sie kannten Wolf Larsen jedenfalls dem Namen nach. Ich bemerkte, wie der Jäger, ein mächtiger Skandinavier, der im Bug saß, das Gewehr schußbereit über den Knien hielt - es hätte eigentlich an der Nagelbank hängen müssen. Als wir sie gerade hinter unserm Achtersteven hatten, winkte Wolf Larsen ihnen mit der Hand zu und rief: „Kommt auf einen Schnack an Bord!"
„Ein Schnack" bedeutet unter Robbenjägern soviel wie „Besuch", „Unterhaltung". Es bezeichnet die Schwatzlust der Seeleute und ist eine angenehme Unterbrechung des einförmigen Lebens auf diesen Schiffen. Die Ghost drehte sich in den Wind, und da ich gerade meine Arbeit vorn beendet hatte, lief ich nach achtern, um bei der Großschot zu helfen.
„Sie sind wohl so freundlich, an Deck zu bleiben, Fräulein Brewster", sagte Wolf Larsen, indem er nach vorn schritt, um seine Gäste zu begrüßen. „Und Sie auch, Herr van Weyden."
Das Boot hatte seine Segel eingeholt und legte sich neben uns. Der Jäger, goldbärtig wie ein alter Seegott, kletterte über die Reling an Deck. Aber trotz seines riesigen Wuchses konnte er offenbar seine Furcht kaum verbergen. Zweifel und Mißtrauen zeigten sich deutlich auf seinen Zügen. Es war trotz des behaarten Schildes ein offenes Gesicht, dem man sofort die Erleichterung ansah, als er Wolf Larsen und mich sah und sich klar wurde, daß er es nur mit zweien zu tun hatte. Unterdessen waren auch seine beiden Leute an Bord gekommen, und nun hatte er kaum Grund, sich zu fürchten. Er überragte Wolf Larsen wie ein Goliath. Er mußte wenigstens zwei Meter messen und wog - wie ich später erfuhr - zweihundertdreißig Pfund. Und es war kein Fett an ihm. Alles nur Knochen und Muskeln!
Sein Argwohn erwachte indessen wieder, als Wolf Larsen ihn einlud, mit in die Kajüte zu kommen. Aber ein Blick auf seinen Wirt beruhigte ihn wieder. War der auch gewiß ein starker Mann, so erschien er doch neben dem Riesen wie ein Zwerg. So schwanden denn seine Bedenken, und die beiden stiegen miteinander in die Kajüte hinab. Seine beiden Leute waren unterdessen nach Seemannsbrauch in die Back gegangen, um dort einen Besuch abzustatten.
Plötzlich ertönte ein entsetzliches Gebrüll aus der Kajüte, gefolgt von dem Getöse eines wütenden Kampfes. Der Leopard und der Löwe kämpften miteinander. Wolf Larsen war der Leopard.
„Da sehen Sie, wie heilig die Gastfreundschaft hier gehalten wird", sagte ich bitter zu Maud Brewster. „Wäre es nicht besser, wenn Sie nach vorn gingen - etwa zur Zwischendecksklappe -, bis es vorbei ist?" schlug ich vor.
Sie schüttelte den Kopf und sah mich mit einem mitleiderregenden Blick an. Sie fürchtete sich nicht, war aber entsetzt über diese menschliche Bestialität.
„Sie werden begreifen", nahm ich die Gelegenheit wahr, „daß ich nur geringen Anteil an den Vorgängen an Bord nehme. Es ist nicht schön für mich", fügte ich hinzu.
„Ich verstehe Sie", sagte sie mit schwacher Stimme, die klang, als käme sie aus weiter Ferne, und ihre Augen zeigten mir, daß sie mich verstand.
Das Getöse unten erstarb bald. Kurz darauf kam Wolf Larsen allein an Deck. Sein braunes Gesicht war leicht gerötet, sonst aber hatte der Kampf keine Spuren bei ihm hinterlassen.
„Schicken Sie die beiden Leute nach achtern, Herr van Weyden", sagte er.
Ich gehorchte, und wenige Minuten später standen sie vor ihm.
„Holt euer Boot ein", sagte er zu ihnen, „euer Jäger hat sich entschlossen, eine Weile an Bord zu bleiben, und ich möchte nicht, daß es längsseits zerstoßen wird. - Holt euer Boot herein, sage ich", wiederholte er schärfer, als sie zögerten, seinem Befehl Folge zu leisten. „Wer weiß? Vielleicht werdet ihr eine Zeitlang mit mir fahren", sagte er ganz freundlich, aber mit einem leisen, drohenden Klang, der seine Freundlichkeit Lügen strafte, als sie sich langsam in