Dr. Norden Staffel 6 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Dr. Norden Staffel 6 – Arztroman - Patricia Vandenberg Dr. Norden

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Durchblutung während der Schwangerschaft besteht allerdings auch die Gefahr, dass das Kind zerebrale Schäden zurückbehält und …«

      »Moment, Moment«, fiel Pascal dem Kinderarzt ins Wort. »Soll das heißen, dass mein Sohn unter Umständen geistig behindert ist?« Unwillkürlich stand wieder das Bild von Nina vor seinem geistigen Auge. Die Verzweiflung der Mutter hatte sich tief in Pascals Gedächtnis eingebrannt.

      Volker Lammers sah ihn aus schmalen Augen an.

      »Das wäre die ungünstigste Prognose. Aber das muss nicht unbedingt passieren.«

      »Kann aber?«, blieb Pascal hart.

      Er musste die Wahrheit wissen.

      »Ja, das ist möglich. Aber ich muss mich über Ihre Aufregung wundern. Hat Frau Dr. Norden Sie nicht wenigstens darauf vorbereitet?«, versuchte Lammers wieder einmal, seine Kollegin in ein schlechtes Licht zu rücken.

      Doch seine Rechnung ging nicht auf.

      »Nein. Aber ist ja kein Wunder. Ich hatte noch keine Gelegenheit, überhaupt mit ihr zu sprechen. Das haben Sie ja erfolgreich verhindert.« Pascal sprang vom Hocker auf und war im Begriff, aus dem Zimmer zu stürmen.

      Der Kinderarzt saß an seinem Schreibtisch und sah ihm nach. Er ärgerte sich und machte gar nicht erst den Versuch, seinen Besucher aufzuhalten.

      »Frau Dr. Norden hätte Ihnen auch nichts anderes erzählt«, rief er dem werdenden Vater nur nach. »Sie können nur hoffen, dass Ihr Sohn kräftig genug ist, um das alles überhaupt zu überstehen. Er scheint schon sehr geschwächt zu sein.«

      Am liebsten hätte sich Pascal die Ohren zugehalten, als er aus dem Büro und über den Flur davon stürzte. Doch es nützte nichts. Die Stimme von Volker Lammers echote in seinem Kopf und begleitete ihn durch den Rest des Tages wie ein schlechtes Omen.

      *

      Auch für die Familie Claas sollte der Tag nicht positiv enden.

      »Leider haben sich die Befürchtungen bestätigt«, musste Fee den Eltern die traurige Botschaft überbringen. »Lukas hat Hirnabszesse, die das umliegende Hirngewebe verdrängen und anschwellen lassen.« Sie saßen sich in der Besucherecke in ihrem Büro gegenüber, und Dr. Felicitas Norden hatte ihre Besucher gut versorgt. Doch niemand wollte von Tatjanas Köstlichkeiten naschen, die zwischen den Kaffeetassen auf dem Tisch standen. »Auch der Schädelknochen ist bereits an mehreren Stellen betroffen.«

      Helmut saß neben seiner Frau und drückte Ninas Hand. Beide waren zwar ernst, aber tapfer. Das waren sie ihrem Sohn schuldig.

      »Und wie geht es jetzt weiter?«, stellte der Vater die alles entscheidende Frage.

      Felicitas Nordens Herz war schwer. Sie liebte ihren Beruf, doch an die Aufgabe, schlimme Diagnosen zu überbringen, würde sie sich niemals gewöhnen.

      »Lukas ist ein absoluter Notfall. Sein Zustand ist lebensbedrohlich. Wir haben keine Wahl und werden sofort operieren. Er ist schon auf dem Weg in den OP.«

      »O mein Gott!« Ninas Selbstbeherrschung wurde einer harten Probe unterzogen, doch sie bestand sie mit knapper Not. »Hat er denn überhaupt eine Chance?«

      Fee war dankbar für diese Frage.

      »Wo Leben ist, ist Hoffnung. Wir haben das beste Operationsteam zusammengestellt, das wir im Haus haben.« Zumindest das konnte sie den Eltern mit auf den Weg geben.

      »Gehört dieser Lammers auch dazu?«, konnte sich Helmut Claas eine Frage nicht sparen.

      Trotz des Ernstes der Lage amüsierte sich Fee.

      »Keine Sorge! Diese Nummer ist selbst für unseren Starkinderarzt ein bisschen zu groß«, erlaubte sie sich einen kleinen Seitenhieb in Richtung des Kollegen. »Unser bester Neurochirurg leitet die Operation und der Chef der Pädiatrie, Dr. Mario Cornelius, assistiert ihm. Ich bin optimistisch, dass alles gut gehen wird.«

      Helmut schickte seiner Frau einen innigen Blick. Die Worte der Ärztin hatten ihm Mut gemacht, und in seinen Augen stand eine vage Hoffnung, als er sich wieder an Fee wandte.

      »Wenn Sie optimistisch sind, dann sind wir es auch. Sie haben unser Vertrauen. Egal, was passiert.«

      Diese Worte rührten Fee so sehr, dass sie sich unvermittelt mit ihrer eigenen Selbstbeherrschung konfrontiert sah. Nur mit Mühe konnte sie die Tränen zurückdrängen, aber ihre Stimme war rau, als sie ein einziges Wort sagte.

      »Danke.« Mehr brauchte es nicht. Alles andere war in diesem Augenblick nicht wichtig.

      *

      Der Wind zerrte an Pascal Lüders‘ Haar, und Regen schlug ihm ins Gesicht, als er die Klinik verließ. Der Wetterumschwung kam ihm gerade recht. Er passte perfekt zu seiner Weltuntergangsstimmung, und er machte gar nicht erst den Versuch, sich vor dem Wolkenbruch zu schützen. Mit gesenktem Kopf und den Händen in den Jackentaschen marschierte er gegen den Sturm an durch die dunklen Straßen. Der Galerist achtete nicht darauf, wohin seine Schritte ihn führten, und war überrascht, als er sich vor dem Haus wiederfand, in dem Marlas und auch Danny Nordens Wohnung lag. Einen Moment stand er davor und wusste nicht, was er tun sollte. Dann folgte er einer Eingebung und zog den Schlüssel aus der Tasche, den Marla ihm feierlich überreicht hatte. Er schloss die Haustür auf, dachte kurz daran, den Aufzug zu rufen, entschied sich dann aber dafür, die Stufen hinauf in den dritten Stock zu steigen. Als er aufgesperrt hatte, schlug ihm der Geruch nach Farbe entgegen, doch Pascal nahm ihn kaum wahr, so sehr war er in Gedanken versunken. Er machte Licht, zog die Tür hinter sich zu und wanderte durch die Räume. Die Schritte hallten von den Wänden wider, und er betrat er das Kinderzimmer. Sein Blick blieb an den stilisierten Figuren hängen, die Anneka Norden mithilfe von Marlas Schablonen in bunten Farben an die Wände gepinselt hatte.

      »Wird Fynn sie jemals sehen können? Wird er je selbst einen Luftballon halten? Seifenblasen in die Luft pusten? Einem Ball hinterherjagen?«, fragte er sich, und mit einem Mal brach all der Schmerz aus ihm heraus, der sich in den vergangenen Stunden in seinem Inneren angesammelt hatte. Er setzte sich einfach auf den Parkettboden und ließ seinen Gefühlen freien Lauf, weinte, schimpfte und flehte einen unsichtbaren Gott um Hilfe an.

      Derart gefangen in seinem Schmerz, überhörte er zunächst das Klingeln. Und als er es wahrnahm, konnte er es nicht einordnen. Er hatte Marlas Türklingel vorher noch nicht gehört.

      »Was ist das für ein Geräusch?«, fragte er sich und wischte sich mit dem Ärmel über das tränennasse Gesicht. Als es noch einmal klingelte, stand er endlich auf und ging zur Tür. »Ach, du bist es, Danny!«

      »Pascal! Also doch!« Der junge Arzt lächelte. »Ich hatte mit Tatjana eine Wette abgeschlossen und hab doch glatt gewonnen.«

      »Was meinte sie denn, wer hier ist?«, fragte Pascal und spürte, wie froh er war, den Arzt zu sehen. Seine positive Ausstrahlung ließ die Welt gleich heller erscheinen.

      »Von Handwerkern bis zu einem Einbrecher hatte sie alles im Repertoire. Sie hat eine blühende Fantasie, musst du wissen.« Als er an Tatjanas Vermutungen dachte, wurde das Lächeln auf seinem Gesicht tiefer. Aber nur kurz. Pascals Verzweiflung war ihm nicht entgangen und auch die Spuren nicht, die die Tränen auf seinem Gesicht hinterlassen hatten. »Hast du Lust, ein bisschen zu uns zu kommen?«

      Fee hatte tagsüber in der Praxis angerufen und ihrem Mann

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