MATTHEW CORBETT und die Jagd nach Mister Slaughter. Robert Mccammon
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Читать онлайн книгу MATTHEW CORBETT und die Jagd nach Mister Slaughter - Robert Mccammon страница 6
Als Greathouse den Tresen fast erreicht hatte, wichen ihm Bonehead und Baiter wie zwei vorsichtige Wölfe aus. Matthew stand auf, befürchtete eine plötzliche Schlägerei. »Meint Ihr nicht, dass wir …?«
»Hinsetzen«, gab Greathouse mit fester Stimme und einem schnellen Warnblick zurück. »Achtet auf Eure Manieren, wir befinden uns in guter Gesellschaft.«
Gute Gesellschaft am Arsch, dachte Matthew. Zögernd setzte er sich wieder hin.
Die beiden Dockarbeiter schlichen näher. Greathouse beachtete sie nicht. Nack rieb sich die Augen und blinzelte in Richtung der hünenhaften schwarzen Gestalt an der Tür.
»Einen Brandy«, sagte Greathouse. »Euren besten, bitte.«
Skelly bewegte sich nicht.
»Ich zahle«, sagte Greathouse kühl und ruhig, »für einen Brandy.« Er griff in seine Tasche, holte eine Münze heraus und warf sie in den Schlitz der Geldkassette, die auf der Theke stand.
»Na los«, meldete Baiter sich finster zu Wort. »Lasst ihn schon was trinken und das schwarze Tier hinausschaffen, und dann sollen sie doch zur Hölle fahren.«
Greathouse ließ die Augen des störrischen Wirts keinen Moment aus dem Blick. »Genau«, sagte er.
Plötzlich lächelte Skelly, und es war kein erquicklicher Anblick: Er entblößte schwarze, abgebrochene Zähne, und es war ein Lächeln, als versuchte der Teufel, sich einen Heiligenschein zu verpassen. Matthew spürte in dem schrecklichen Lächeln, wie die gefährliche Spannung im Schankraum anstieg, als spannte jemand einen Bogen zum Schuss eines bösartigen Pfeils.
»Aber sicher, Sir, aber sicher doch!«, sagte Skelly und drehte sich um, nahm einen Becher vom Regal und entkorkte eine Flasche des üblichen widerwärtigen Brandys. Mit weit ausholender Geste schenkte er ein und knallte den Becher vor Greathouse hin. »Bitte sehr, Sir. Nun trinkt!«
Stattdessen schätzte Greathouse mit einem Blick seinen Abstand zu Bonehead, Baiter und zwei sich langsam nähernden Hafenarbeitern ab. Die drei gut gekleideten Gentlemen waren aufgesprungen, sogen an ihren Pfeifen und sahen aufmerksam zu. Trotz Greathouses Anweisung stand Matthew wieder auf. Er sah, dass selbst der Sklave sich einsatzbereit duckte – aber wie dieser Einsatz aussehen sollte, konnte Matthew sich nicht vorstellen.
Greathouse streckte die Hand aus und umschloss den Becher mit den Fingern.
»Moment noch, Sir«, sagte Skelly. »Wolltet Ihr nicht den besten Tropfen haben? Erlaubt mir, ihn Euch zu versüßen.« Und damit streckte er den Kopf vor und ließ einen abstoßenden braunen Spuckefaden in den Brandy fallen. »Bitte schön, Sir«, sagte er, wieder mit dem teuflischen Grinsen. »Und jetzt trinkt oder gebt es dem Neger.«
Greathouse starrte den Becher an. »Hm«, machte er. Seine linke Augenbraue, die mit der Teetassennarbe, begann zu zucken. Er schwieg. Bonehead fing an zu lachen und die Frau gackerte. Dippen Nack griff nach seiner Wachtmeisterlaterne und dem schwarzen Schlagstock, versuchte aufzustehen, aber mangels eines dritten Arms blieb ihm der Erfolg versagt.
»Hm«, machte Greathouse wieder und betrachtete den Schaum, der auf dem Brandy trieb.
»Na los, trinkt«, wiederholte Skelly. »Geht so geschmiert runter wie Scheiße, stimmt’s, Jungs?«
Immerhin stimmte ihm niemand zu.
Greathouse ließ den Becher los. Er starrte Skelly in die Augen. »Ich befürchte, Sir, dass der Durst mich verlassen hat. Entschuldigt die Störung. Ich möchte nur meine Münze wiederhaben, denn meine Lippen haben von Eurem … besten Tropfen nicht gekostet.«
»Nein, Sir!« Das Lächeln verschwand, als hätte es jemand weg geohrfeigt. »Ihr habt den Brandy gekauft! Das Geld bleibt da, wo es ist!«
»Aber ich habe keinerlei Zweifel daran, dass Ihr den Brandy zurück in die Flasche gießen könnt. Was Ihr sicher oft tut, wenn Eure Gäste ihre … Portionen nicht austrinken können. Und jetzt … werde ich mir nur mein Geld zurücknehmen, und dann gehen wir.« Er streckte die Hand nach der Kassette aus und Matthew sah Skellys rechte Schulter zucken. Die Hand des Wirts hatte die Axt hinterm Tresen gefunden.
»Hudson!«, brüllte Matthew. Das Blut pochte ihm in den Schläfen.
Aber Greathouse hielt nicht inne. Er starrte den Wirt an, lieferte sich einen Willenskampf mit ihm, während seine Hand sich der Kassette näherte und Skellys sich bereithielt, sie ihm am Handgelenk abzuschlagen.
Ohne Eile griff Greathouse in die Geldkassette und ließ seine Finger auf den Kupfermünzen ruhen.
Es war schwer zu sagen, was daraufhin genau passierte, denn es geschah so wild und schnell, dass es Matthew verschwommen und wie im Traum vorkam, als raubte der bloße Geruch des Brandys einem Mann die Sinne.
Er sah die von Skellys Hand umklammerte Axt in die Höhe schießen. Sah das Lampenlicht an der Schneide reflektieren und hatte keinen Zweifel daran, dass Greathouse die morgige Fechtstunde würde ausfallen lassen müssen. Die Axt erreicht den Zenit, schwebte dort einen Sekundenbruchteil, während Skelly die Zähne zusammenbiss und die Muskeln anspannte, um das Beil durch Fleisch, Sehnen und Knochen fahren zu lassen.
Aber an dieser Stelle verschwamm alles, denn der Axthieb blieb aus.
Von der Tür her kam ein Geräusch wie von Satans kettenrasselnden Sündern. Matthew drehte den Kopf schnell genug, um zu sehen, wie Zed die Kette, die er gerade mit einem Sprung von einem Dachbalken gerissen hatte, einer Peitsche gleich durch die Luft schnellen ließ. Die leuchtende Lampe hing noch am Ende der geworfenen Kette, und als sie durch den Schankraum flog, wand sich die Kette nicht nur um Skellys erhobenen Arm, sondern die Lampe traf den Wirt hart genug an der Brust, um das Glas zu zersplittern. Sofort war offensichtlich, dass ein an Wachs gewöhntes blaues Laternenflämmchen sich über ein Mahl an New Yorker Dreck und Apfelbrandytropfen freuen konnte, denn mit greller Flamme fraß das Feuer sich durch Skellys Bart wie ein Hund durch einen Lammbraten. Tausend Funken wirbelten um Skellys Gesicht. Zed stemmte die Stiefel gegen die Bodenbretter und zerrte den Wirt mit einem Ruck über den Tresen, als landete er einen Wels in ein Ruderboot – nur dass ein Wels noch lange Barthaare hatte.
Skelly knallte mit den Zähnen auf den Boden; möglicherweise eine Verschönerung seines Zahnbilds. Selbst mit dem Mund voller Blut behielt er die Axt fest im Griff. Zed zog ihn mit einem Handgriff nach dem anderen über den Boden. Krachend riss die Rückennaht von Zeds Anzugs über den anschwellenden Muskeln. Als Skelly vor ihm lag, beugte Zed sich zu ihm hinunter, riss ihm die Axt aus der Hand und warf sie mit der Leichtigkeit eines Kindes, das Kieselsteine wirft, an die nächste Wand, wo sie stecken blieb.
Matthew schien es, dass manche Menschen dumm geboren waren: Es konnte keinen anderen Grund dafür geben, dass die beiden Dockarbeiter trotz des soeben Geschehenen Greathouse von hinten ansprangen.
Fäuste flogen, Flüche ergossen sich von den Hafenarbeitern wie Wasserfälle, aber dann hatte Greathouse sie verächtlich abgeschüttelt. Statt sie niederzuschlagen, wie Matthew erwartet hatte, wich Greathouse ihnen aus. Sie trafen die große Fehlentscheidung, sich mit gebleckten Zähnen und benebelten Augen auf ihn zu stürzen.
Sie waren noch keine zwei Schritte weit gekommen, als ein geworfener Tisch sie im Gesicht traf. Das Geräusch der brechenden Nasen war nicht unmusikalisch. Als sie zuckend zu Boden stürzten,