Detektiv Asbjörn Krag: Die bekanntesten Krimis und Detektivgeschichten. Sven Elvestad
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Читать онлайн книгу Detektiv Asbjörn Krag: Die bekanntesten Krimis und Detektivgeschichten - Sven Elvestad страница 39
»Nein,« erwiderte Krag ernst. »Jede Sekunde ist kostbar für mich. Holen Sie mir Stemmeisen.«
Der Inhaber des Hotels versuchte, die Mißhandlung der Türe zu verhindern, aber Krag wies ihn sofort zurück:
»Hier führe nur ich das Kommando. Holen Sie die Stemmeisen.«
Der Portier, der wußte, mit wem er es zu tun hatte, lief in das Werkzeugmagazin hinunter, ohne erst den Befehl des Direktors abzuwarten.
Er kam mit ein paar kräftigen Stemmeisen zurück.
Krag ergriff das eine und begann die Türe mit der Tüchtigkeit eines Fachmannes zu bearbeiten.
Aber da hörte er, wie es drinnen im Zimmer lebhaft wurde.
»Der Ingenieur verbarrikadiert die Türe,« rief der Portier. »Hören Sie nur, wie er die Möbel heranschleppt. Jetzt stapelt er sicherlich die große schwere Kommode auf das Bett und schiebt das Ganze vor die Türe.«
Der Detektiv setzte ganz unberührt seine Arbeit fort. Plötzlich gab das Schloß einen Krach, und Krag wußte, daß die Türe nun offen war. Aber er machte nicht sofort auf.
»Treten Sie etwas zurück,« rief er, und im selben Augenblick zog er seinen sechsläufigen Revolver hervor.
Der Direktor, der Portier und ein paar der Gäste, die bei dem Lärm herbeigeeilt waren, traten jetzt vorsichtig einige Schritte zurück.
Krag legte seine gewaltige breite Schulter an die Türe und drückte zu.
Sie öffnete sich langsam.
Plötzlich stürzten alle Möbel, die dahinter aufgestapelt waren, zusammen.
Krag sprang mit geschwungenem Revolver hinein.
Doch plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen.
Drüben im Bette lag ein Mann und sah ganz ruhig den eindringenden Detektiv an. Aber dieser Mann war nicht Ingenieur Barra.
Vorsichtig und ängstlich näherten sich der Hoteldirektor, der Portier und die Gäste.
Der Portier prallte verblüfft zurück.
»Aber das ist ja der Schwarze!« rief er. »Der hat doch das Hotel vor mehreren Stunden verlassen.«
Asbjörn Krag war jetzt ganz ruhig geworden, er sah nur sehr blaß aus.
»Ich ahnte es – zu spät,« murmelte er. »Wieder sind wir hinters Licht geführt, geschickt wie immer. Der Schwarze, der das Hotel verlassen hat, war kein anderer als Ingenieur Barra selbst, und gut verkleidet.«
Er legte seinem Gefangenen selbst Handschellen an und trug dem Portier auf, genau aufzupassen, daß er nicht davonlief. Krag wollte dann ein paar Polizisten schicken, um ihn abholen zu lassen. Aber das war ihm ein schwacher Trost. Hatte Ingenieur Barra nicht ausdrücklich Donnerstag genannt? War das vielleicht eine Finte und Mittwoch der wirkliche Tag? Alle Zeichen sprachen dafür. Es war über ein Uhr, gute zwei Stunden, seit der Nachtzug abgegangen war! Vermutlich war das schon geschehen, was er erwartete und befürchtete.
Bevor er das Hotel verließ, rief er den Bahnhof an, und seine schlimmsten Ahnungen wurden durch den Stationsvorstand bekräftigt. Mit dem Elfuhrzehnzuge war eine große Goldsendung südwärts gegangen, eine Ausbezahlung der zwei vornehmsten norwegischen Banken an die Nationalbank in Kopenhagen.
Die Station hatte erst spät abends Mitteilung davon erhalten. Einer der zuverlässigsten Diener der Bank war mitgefahren, um das Gold zu bewachen. Er war in dem letzten Wagen untergebracht, der gewöhnlich an den Post- und Warenwagen angekoppelt war.
Als Asbjörn Krag so die Lage in ihrem ganzen furchtbaren Umfange überblickt hatte, versuchte er sich zu fassen, um wieder Herr der Situation zu werden.
Jetzt muß alles für eine letzte Jagd eingesetzt werden, gleichviel wie weit sie gehen muß, dachte er und verließ das Hotel in fliegender Eile, um zur Polizeistation zurückzufahren.
Dort war alles im hellsten Aufruhr. Die Leute liefen ratlos durcheinander.
»Was ist denn los?« fragte er, von bangen Ahnungen erfüllt.
»Ein Telegramm!« war die Antwort, und er stürzte in das Kontor des Chefs des Sicherheitsbureaus. An dem großen grünen Tisch saß der Chef selbst, eben aus seiner Wohnung hierher berufen. Als Krag eintrat, reichte er ihm ganz umdüstert ein Telegramm. Im selben Augenblick klingelte das Telephon. Es war das Reichstelephon aus Moß.
Der Chef ergriff das Hörrohr, während Asbjörn Krag das Telegramm las.
Das Telegramm war aus Moß abgesandt und lautete:
»Der letzte Wagen des Elfuhrzehnzuges in ganz rätselhafter Weise während der Fahrt zwischen Ski und Moß abgekoppelt. Niemand etwas vor der Ankunft in Moß bemerkt. Vermutlich liegt Verbrechen vor, da abgekoppelter Wagen größere Goldsendung enthielt. Gleichzeitig verdächtig aussehender Reisender, rotbärtig und klein, verschwunden. Schnellzug geht weiter südwärts, aber Lokomotive wird von hier mit Polizei nordwärts gesendet, um Wagen zu suchen.«
Das Telegramm war von dem Stationsvorstand von Moß unterzeichnet.
Asbjörn Krag war ganz blaß und nervös geworden. Also war die Katastrophe doch eingetreten, ohne daß er es hatte verhindern können. Einen Tag früher als berechnet hatte Barra den Coup ausgeführt, eben um die Detektive hinters Licht zu führen. War er denn ein reiner Teufel, dieser Mann? Was sollte Krag nun anfangen?
Er wartete, um zu hören, was dem Chef telephonisch aus Moß mitgeteilt wurde. Es war nur eine kurze Meldung, denn er läutete sofort ab.
»Das ist ja eine schreckliche Geschichte,« sagte er, »wenn nur die Zeitungen nicht schon Wind davon bekommen haben. Ich habe zwar der Polizei in Moß den strengen Auftrag gegeben, alles geheimzuhalten, aber man kann nicht wissen, was geschehen wird, was denken Sie darüber?«
Krag hatte seinen Chef in vollständiger Unkenntnis über die Arbeit gelassen, die er in den letzten Tagen mit der Barra-Sache gehabt hatte.
»Was haben Sie durch das Telephon erfahren?« fragte er zurück.
»Nichts anderes, als daß die Nachforschungslokomotive abgegangen ist. Der Polizeichef teilte es mir mit. Er bat um einige geschickte Detektive. Sie müssen sofort abreisen.«
»Das habe ich mir auch gedacht,« erwiderte Krag. »Ich habe schon einen Extrazug bestellt. Er geht in zwanzig Minuten. Hier gilt es vor allem, rasch zu handeln.«
»Sie hatten also eine Ahnung, was geschehen würde?«
»All das werde ich Ihnen später erklären. Ingenieur Barra ist in Tätigkeit.«
Der Chef fuhr in die Höhe.
»Der Rotbärtige?« rief er.
»Jawohl.«
Asbjörn Krag ging ans Telephon.
»Was wollen Sie tun?« fragte der Chef.
»Ich