Detektiv Asbjörn Krag: Die bekanntesten Krimis und Detektivgeschichten. Sven Elvestad
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Читать онлайн книгу Detektiv Asbjörn Krag: Die bekanntesten Krimis und Detektivgeschichten - Sven Elvestad страница 40
Krag bat um Verbindung mit Horten. Einen Augenblick darauf sprach er mit dem wachhabenden Marineoffizier der Werft. In wenigen Worten erklärte der Detektiv ihm die Situation. Es handelte sich darum, den Fredrikshavner Dampfer zu stoppen.
Der Offizier konnte ohne Order des Vizeadmirals, der sich eben in Horten bei den Uebungen der Eskader befand, nichts tun. Aber er versprach, den Admiral augenblicklich wecken zu lassen und dann telephonisch Bescheid zu geben.
Asbjörn Krag sah auf die Uhr. »Noch kann es Zeit sein,« sagte er, »der Nebel hängt dicht, so daß das Fredrikshavner Schiff nur langsam fahren kann. Aber es ist höchste Zeit.«
Im selben Augenblick kam ein Telegraphenbote herein. Es war wieder eine Depesche aus Moß. Der Chef des Sicherheitsbureaus las sie laut:
»Der abgekoppelte Wagen zirka acht Kilometer nördlich von Moß auf einem kleinen Wechselgeleise gefunden. Der Goldinhalt geraubt. Der Wächter bewußtlos nach heftigem Schlage auf den Kopf. Der Räuber vermutlich per Automobil südwärts geflüchtet, die Spuren weisen darauf hin.«
Asbjörn Krag lächelte.
»Wir wollen uns nicht so sehr auf die Spur verlassen, die Ingenieur Barra hinterläßt,« sagte er. »Wenn er Spuren hinterläßt, ist es nur, um irrezuführen. Aber wir haben jetzt auf jeden Fall die Gewißheit, daß ein Verbrechen begangen worden ist.«
Der Chef des Sicherheitsbureaus saß mit dem Telegramm in der Hand da und wußte weder aus noch ein.
»Ich verstehe nicht,« sagte er, »wie Barra und seine Helfershelfer diesen Wagen abkoppeln konnten, während der Zug im Fahren war, ohne daß jemand etwas merkte.«
»Nein, das ist sicher überaus rätselhaft,« erwiderte der Detektiv; aber er erinnerte sich an die Worte des Rotbärtigen von den Schienen, für die die Verantwortung übernommen werden mußte, und fügte hinzu: »Vermutlich wieder irgendeine teuflische Erfindung. Ein Arrangement mit den Eisenbahnschienen. Der Wagen wurde doch eben an einem Wechselgeleise abgekoppelt. Ja! Das müssen wir eben herausbekommen. Hallo! Da haben wir schon wieder Horten!«
Asbjörn Krag war durch das intensive Klingeln des Telephons unterbrochen worden. Es war der Vizeadmiral selbst, der anrief.
»Ich kam eben aus einer Gesellschaft, als ich Ihre Botschaft erhielt,« sagte er. »Ich möchte diese Jagd gerne selbst mitmachen. Zwei Torpedoboote liegen bereit. Es fügt sich insofern günstig, als sie morgen ohnehin auf Uebung sollten. Beide bringen Scheinwerfer mit.«
»Ausgezeichnet! Wann können sie fahren?«
»Sogleich.«
»Haben Sie Bescheid über die Affäre bekommen?«
»Ja, ich habe eben mit Moß telephonisch gesprochen.«
»Haben Sie von den Automobilspuren gehört?«
»Ja, aber ich glaube nicht recht daran.«
»Ich auch nicht. Die Stelle, wo der Wagen abgekoppelt wurde, liegt ja ganz nahe vom Meer;« fuhr Krag fort. »Die Goldsendung ist natürlich hinuntergebracht, an Bord eines wartenden Dampfers.«
»Höchst wahrscheinlich.«
»Wie ist das Wetter?«
»Stockfinster und neblig.«
Krag bat schließlich den Admiral, das eine Torpedoboot nach Moß zu senden, um ihn und noch einen Polizisten mit an Bord zu nehmen. Der Admiral versprach es, und es wurde abgeklingelt.
Der Polizist nahm seinen Rock und Hut, prüfte seine Revolver und rief den Kollegen, der ihn auf seiner Fahrt begleiten sollte.
Gleich darauf saßen die beiden Polizisten in einer Droschke und fuhren in raschem Trab dem Ostbahnhof zu. Hier stand die Lokomotive bereit. Es war der neue, kräftigste Stahlriese der Eisenbahn. Dichter, schwarzer Rauch quoll aus dem Schornstein.
»Ist die Linie bis Moß ganz klar?« fragte Krag, indem er mit seinem Kollegen auf der Lokomotive Platz nahm.
»Der ganze Weg klar!« lautete die Antwort. »Alle sind von dem Extrazug verständigt.«
»Denn los!« – Und die Lokomotive machte einen Ruck und prustete aus der Station in die nächtliche Dunkelheit. Zugleich schrie Asbjörn Krag dem Lokomotivführer ins Ohr:
»Fahren Sie auf Leben und Tod, Mann! Lassen Sie die Stationen vorbeitanzen wie die Telegraphenpfähle!«
Der Lokomotivführer nickte zustimmend, und der Heizer spuckte sich in die Faust und griff nach seinem Schürhaken.
IX.
Die Jagd übers Meer
Es war eine wahnwitzige Fahrt in der Dunkelheit.
Der Heizer warf unaufhörlich Kohle in den glühenden Feuerrachen der Lokomotive, und die gewaltigen, dicken Rauchsäulen ringelten sich wie ein ungeheurer Kometenschweif der dahineilenden Maschine nach.
Es dauerte nicht lange, so konnte der Lokomotivführer melden, daß man bald an der Stelle angelangt war, wo Barra sein rätselvolles Attentat gegen den Eisenbahnzug verübt und die Goldsendung geraubt hatte.
Krag befahl ihm, stehenzubleiben.
»Halten Sie sich fest!« rief der Lokomotivführer. Er ließ den Zug mit voller Geschwindigkeit zu der kleinen Haltestelle sausen, um keinen Augenblick zu verlieren, und setzte dann den ganzen Bremsapparat in Gang.
Mit einem heftigen Ruck machte die Lokomotive halt und blieb pustend und stöhnend auf den Schienen stehen.
Asbjörn Krag und der andere Polizist sprangen ab.
An der kleinen Haltestelle herrschte große Bewegung. Der Detektiv sah in der Dunkelheit Laternen hin und her schwingen.
In der Nähe auf einem Seitengeleise stand der Waggon, den Ingenieur Barra von dem Zug abgekoppelt hatte.
Krag lief hin. Ein paar Polizisten aus Moß und der Amtmann des Ortes waren schon in voller Tätigkeit und untersuchten den Wagen. Als Krag hinzukam, wurde er mit offenen Armen empfangen.
»Da sind Sie endlich!« rief der Amtmann, offenbar sehr erfreut, daß die Verantwortlichkeit der wichtigen Untersuchung ihm nun abgenommen wurde.
»Haben Sie etwas gefunden?« fragte Krag.
»Absolut nichts.«
»Und man hat nichts irgendwie Auffälliges an dem Wagen entdeckt?«
»Nein, es ist ganz unverständlich, wie der Verbrecher ihn abkoppeln konnte.«
»Aber der betäubte Wächter?«
»Ist noch nicht zum Bewußtsein gekommen.«