Die erste Umsegelung Asiens und Europas. Adolf Erik Nordenskiold

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Читать онлайн книгу Die erste Umsegelung Asiens und Europas - Adolf Erik Nordenskiold страница 15

Die erste Umsegelung Asiens und Europas - Adolf Erik  Nordenskiold Edition Erdmann

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auf, als wir nordwestlich von Beli-Ostrow waren. Mehrere Male während des Tages hatten wir nur neun Meter Tiefe, was jedoch infolge der ebenen Beschaffenheit des Meeresbodens nicht gefährlich ist. Nebel, starker Seegang und eine knappe, aber ziemlich harte Brise verzögerten unser Fortkommen.

      Am 6. August um 3 Uhr morgens bekamen wir Land in Sicht. Im Nebel waren wir ein Stück in den Auslaufbusen des Jenissej hineingefahren, sodass wir umwenden mussten, um nach unserem Bestimmungsort Dicksonshafen zu kommen. Die Mastspitzen der Express waren über die Eilande nach Norden hin sichtbar, und bald lagen beide Fahrzeuge südlich von einem Eiland vor Anker, von dem wir annahmen, dass es die Dickson-Insel sei; als aber kurz darauf auch die Fraser an unsere Seite kam, erfuhren wir, dass dies ein Missverständnis war. Der Strand, welcher, von unserem ersten Ankerplatz aus gesehen, zum Festland zu gehören schien, gehörte in Wirklichkeit zu dieser ziemlich ausgedehnten Insel, innerhalb derer der Hafen selbst gelegen war.

      Der Hafen, welcher jetzt von Leutnant Bove auf der Karte verzeichnet ist, wurde 1875 von mir entdeckt und Dicksonshafen genannt [zu Ehren seines Mäzens Oskar Dickson]. Es ist der beste bekannte Hafen an der ganzen Nordküste Asiens und wird in Zukunft sicher eine große Bedeutung für die Ein- und Ausfuhr Sibiriens erlangen.

      Bei unserer Ankunft sahen wir sechs wilde Rentiere auf der Dickson-Insel weiden, von denen eins von Palander erlegt, die anderen aber vergebens gejagt wurden. Außerdem sahen wir einige Bären, und überall zwischen den Steinhaufen fand man Überbleibsel von Lemmingen und Füchsen. Im Übrigen war das höhere Tierleben ziemlich armselig.

      Ich bin überzeugt, dass noch der Tag kommen wird, wo es große Magazine und viele das ganze Jahr hindurch bevölkerte Wohnstätten am Dicksonshafen geben wird. [Der Hafen ist heute ein bedeutender Umschlagplatz für das Hinterland des Jenissej-Gebietes.] Jetzt aber ist die Gegend bis nach Goltschicha völlig unbewohnt, obgleich früher zahlreiche, das Fluss- und Meeresufer entlang über die Jenissej-Mündung hinaus bis an die Pjäsina aufgeführte Wohnhäuser vorhanden waren. Diese sind seit langer Zeit verlassen, an erster Stelle wohl infolge des Abnehmens der Jagd, wahrscheinlich aber auch deshalb, weil die einfachen und anspruchslosen Sitten der alten Zeit auch hier an der fernen Nordküste Sibiriens neuen Bedürfnissen gewichen sind, welche schwer in einer Zeit zu befriedigen waren, in der noch keine Dampfboote den Verkehr auf dem Flussgebiet des Jenissej vermittelten.

      Die Simovien an der Mündung des Jenissej bildeten seinerzeit die am weitesten nach Norden vorgeschobenen festen Wohnstätten der europäischen Völkerstämme. Gelegen, wie sie es waren, am Fuße der kahlen Tundra, beständigen Schneestürmen im Winter und schweren Nebeln während des größeren Teils des hier so kurzen Sommers ausgesetzt, scheint es, als ob dieselben ihren Bewohnern nicht viele Gelegenheiten zu Genüssen hätten bieten können, und der Anlass, warum man gerade diese Gegend zum Aufenthalt gewählt hatte, besonders in einem an ausgezeichnetem Boden so reichen Land wie Sibirien, scheint sich schwer erklären zu lassen.

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      Für die Einwohner dieser Gegenden soll kein besonders guter Vorrat an russischen Frauen vorhanden sein, wenigstens beklagte sich der Kosak Theodor, welcher in den Jahren 1875 und 1876 einige verunglückte Versuche machte, mir als Lotse zu dienen, und welcher selbst ein schon ältlicher, runzelig gewordener Junggeselle war, dass das schöne oder schwächere Geschlecht unter den Russen sehr wenig vertreten wäre. Er lenkte das Gespräch sehr oft auf die Vorteile gemischter Ehen, indem er – ich weiß nicht, ob von Erinnerungen oder Hoffnung inspiriert – meinte, dass ein Dolganenweib die wünschenswerteste Partie für einen heiratslustigen Mann in jener Gegend wäre.

      Etwas weiter nach Süden, aber noch weit nördlich von der Waldgrenze, gibt es jedoch ganz wohlhabende Bauern, welche große, aus vielen Häusern bestehende Simovien bewohnen, in denen ein gewisser Luxus herrscht, wo man auf Teppichen von Pelzwerk geht, wo die Fenster ganz sind, die Heiligenbilder mit Gold- und Silberplatten bedeckt, die Wände mit Spiegeln versehen und mit zierlich gemalten Kupferstichporträts russischer Kaiser und Generale bekleidet sind. Diesen Wohlstand erwarben sie sich durch ihren Handel mit den Eingeborenen, welche mit ihren Rentierherden auf der Tundra nomadisieren.

      Treibholz, teils kleinere Zweige und Wurzelstücke, teils ganze Bäume mit noch daran sitzenden Teilen von Zweigen und Wurzeln, kam im innersten Teil einiger geschützter Buchten des Dicksonshafens in solcher Menge vor, dass sich der Seefahrer dort ohne Schwierigkeit mit dem erforderlichen Brennmaterial versehen kann. Die Hauptmasse des Treibholzes, welches der Fluss herabführt, bleibt jedoch nicht an dessen eigenen Ufern liegen, sondern schwimmt in die See hinaus und treibt dort mit den Meeresströmungen umher, bis das Holz so viel Wasser eingesaugt hat, dass es sinkt, oder bis es an die Ufer von Nowaja Semlja, der Nordküste Asiens, Spitzbergens oder vielleicht Grönlands geworfen wird. Ein Teil des Treibholzes sinkt, ehe es das Meer erreicht, oft so, dass die Stämme aufrecht auf dem Boden des Flusses mit dem einen Ende gleichsam wie mit Wurzeln im Sand festgehalten stehen. Sie können in dieser Weise für die Schifffahrt, wenigstens an den flacheren Stellen des Stromes, sehr unbequem werden. Eine Bucht gleich außerhalb Dicksonshafen war sogar beinahe abgeschlossen durch ein natürliches Palisadenwerk von Treibholzstämmen.

      7. August. Die Vega nahm Kohlen von der Express ein. Am Abend kam die Lena, sechsunddreißig Stunden, nachdem die Vega in diesem Hafen Anker geworfen hatte, d. h. genau zu der bestimmten Zeit.

      Als die Fraser und die Express am Morgen des 9. August nach der höher den Fluss hinauf gelegenen Stelle abfuhren, wo ihre Ladung aufgestapelt war, waren auch die Vega und die Lena, segelfertig. Ich ließ jedoch die Fahrzeuge noch einen Tag länger in Dicksonshafen verweilen, teils, um Leutnant Bove Gelegenheit zu geben, seine kartographische Aufnahme desselben abzuschließen, teils, um womöglich eine Ortsbestimmung dieser wichtigen Stelle zu erhalten. Infolge des beständig mit Wolken bedeckten Himmels bekam ich jedoch diesmal ebenso wenig wie während der Reise von 1875 Gelegenheit dazu, was als Beleg dafür dienen kann, welcher Art das Wetter zur Sommerzeit an diesem Platz ist, wo sich das warme Wasser des Jenissej in das Meer ergießt. Die Vega und die Lena lichteten also am Morgen des 10. August die Anker, um ihre Fahrt fortzusetzen. Der Kurs wurde nach der westlichsten der Inseln gestellt, welche alte Karten außerhalb des Mündungsgebietes der Pjäsina verlegen und Kammenni-Ostrow [Stein-Insel] benennen, ein Name, welcher anzudeuten scheint, dass die ihrer Naturbeschaffenheit nach mit den steinigen Inseln um Dicksonshafen herum übereinstimmen. Der Himmel war bedeckt, die Lufttemperatur bis + 10,4°C und das Wasser anfangs bis + 10°, später bis + 8° erwärmt sowie der Salzgehalt der Meeresoberfläche unbedeutend. Während des Tages war kein Eis sichtbar. Von einem frischen Südostwind begünstigt, konnte die Vega ihre Fahrt mit voll gespannten Segeln antreten. Kleinere Felseninseln, die auf der Seekarte nicht verzeichnet sind, erinnerten uns jedoch bald an die Unzuverlässigkeit der Karten. Dies sowie eine dicke Luft zwangen Kapitän Palander, mit großer Vorsicht sowie unter scharfer Ausschau und beständigen Untersuchungen mit dem Senkblei vorwärtszusegeln. Warmes Wetter und ein eisfreies Meer begünstigten auch am folgenden Tag unsere Fahrt; dann wurde aber der Nebel so dicht, dass die Vega schon am Morgen bei einer der vielen kleinen Inseln, welche wir auf unserem Weg antrafen, beilegen musste.

      Am Nachmittag hatte sich das Wetter wieder so weit aufgeklärt, dass wir weitersegeln konnten. Hin und wieder zeigten sich Eisstücke, und während der Nacht nahm das Eis in beunruhigender Weise zu; doch kam es auch jetzt noch nicht in so großer Masse vor, dass es bei klarem Wetter oder in bekannten Fahrwassern der Seefahrt hätte hinderlich werden können.

      Am 12. August segelten wir fortwährend zwischen umfangreichen Feldern zerstreuten Treibeises, das teils aus grobem, altem Eis, teils aus stark zerfressenem Jahreseis bestand. Es bildete jedoch kein ernstliches Hindernis gegen das Vorwärtskommen, und wahrscheinlich würden wir in größerer Nähe des Strands sogar völlig eisfreies Wasser gehabt haben; natürlich

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