Karin Bucha Staffel 4 – Liebesroman. Karin Bucha
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Karin Bucha Staffel 4 – Liebesroman - Karin Bucha страница 18
Voll wendet Maria ihm das Gesicht zu. Sie lächelt schmerzlich. »Ich habe viel nachzuholen, Herr Professor, sehr viel.« Sie strafft den schlanken Körper. Lebensmut und Lebenswillen blitzen aus ihren Augen. »Aber ich bin jung, ich kann alles wieder aufholen! Jede Stunde, die ich mit den Meinen verbringen werde, will ich doppelt genießen!«
Professor Holzer hat das Gefühl, als gehe er über Glasscherben, die sich ihm, Schmerzen bereitend, ins Fleisch bohren. Er sehnt sich danach, jetzt in seinem Sprechzimmer zu sein, sich in die Arbeit stürzen zu können, um nichts anderes mehr denken zu müssen.
Unbewußt kommt Maria Imhoff ihm zur Hilfe. »Bitte, führen Sie mich ins Haus, Herr Professor. Ich will meine Briefe schreiben. Auch meine Eltern sollen nun Bescheid erhalten. Wie müssen sie um das Schicksal ihres einzigen Kindes gebangt haben!«
Er neigt zustimmend den Kopf. Darauf legen sie schweigend den Weg zum Sanatorium zurück.
Vor seinem Sprechzimmer trennen sie sich. Ihr Gesicht ist heiter – vor ihr liegt das große Glück, das sie still und demütig macht.
Maria ist völlig mit der Zukunft beschäftigt. Nicht einmal kommt ihr der Gedanke an die lange Zeit, in der sie gar nichts von sich wußte. Für sie bedeutet es eine kurze Zeitspanne, und sie rechnet mit dem, was sein wird, nicht mit dem, was war. Im Vordergrund allen Denkens steht ihre Liebe zu ihrem Manne und ihren Kindern, die unvermindert, vielleicht stärker als je, in ihr lebt. So muß es auch bei denen sein, die für sie die ganze Welt bedeuten.
Maria schreibt, und dabei ist die Umwelt für sie versunken. Die Schwester hat eine Handarbeit hervorgeholt und wirft ab und zu einen Blick auf die Schreibende.
»So, nun bin ich fertig.« Maria faltet das Schreiben zusammen, ihre Wangen brennen. »Wann werde ich spätestens Antwort bekommen?«
Schwester Johanna reißt sich zusammen. »Ihr – Ihr Mann wird sicherlich auf schnellstem Wege selbst zu Ihnen kommen.«
Zärtlich fährt Maria über den Brief und flüstert versonnen: »Ja, Bernd wird kommen – er wird mich holen zu einem neuen Leben.«
*
Bernd sieht die Post durch. Ein Brief erregt seine Aufmerksamkeit. Als er ihn in der Hand hält und den Absender liest, kommt es wie eine plötzlich lähmende Überraschung über ihn.
Professor Holzer schreibt mir? Er sinkt in seinen Schreibtischsessel und öffnet zögernd den Umschlag.
Da fällt ihm ein zweiter Brief entgegen. Bernd erkennt die Handschrift sofort – unter Hunderten würde er sie erkannt haben. – Und mit diesem Erkennen durchzuckt ihn ein jäher Schreck. Seine Hand zittert, er ist im Augenblick nicht imstande, den Brief zu öffnen. Maria schreibt mir?
Immer wieder sagt er es vor sich hin, als ob er es nicht begreifen könnte. Er wird förmlich angezogen von der zierlichen Frauenhandschrift. – Und mit einem Male steht wieder die Vergangenheit vor ihm – mit all ihrem Zwiespalt und all ihrer Qual.
Bernd schüttelt die Lähmung von sich ab. Er liest Wort für Wort. Seine Nerven sind zum Zerreißen gespannt. Doch er zwingt sich zur Ruhe und entfaltet nun auch den Brief des Professors.
Was ihm beim Lesen des ersten Briefes schier unfaßbar schien – bei dem sachlichen Bericht des Arztes wird es ihm zur unumstößlichen Gewißheit: Maria ist wieder genesen – wieder gesund!
Und jetzt, da Bernd diese Tatsache klar vor Augen sieht, stürzt er von einer Verwirrung in die andere. Die Wirkung dieser Nachricht ist furchtbar für ihn.
Die beiden verhängnisvollen Schreiben liegen vor ihm auf dem Schreibtisch. Den Kopf in die Hände gestützt, starrt Bernd darauf nieder. Ein einziger Satz hämmert sich in sein Hirn – und es klingt wie ein zärtlicher Lockruf:
»Hole mich – Bernd – hole mich bald! Ich habe viel versäumt! Sechs Jahre Liebe habe ich entbehren müssen!«
Er stöhnt auf und läßt den Kopf schwer auf den Brief sinken. Und Charlotte? – Mein Gott – was soll aus ihr werden?
So findet Charlotte ihren Mann – aufgelöst, unfähig, eine Erklärung für seine Aufregung zu geben.
Da fällt ihr Blick auf die Briefe. Sie erkennt den Briefkopf und weiß nun, daß der Absender Professor Holzer ist.
Sie legt den Arm um Bernd und flüstert voll banger Ahnung: »Ist – ist etwas mit Maria?«
»Maria lebt, sie ist so gesund wie du und ich – und sie weiß nicht, daß ich wieder geheiratet habe. Nun ruft sie mich, Charlotte – hörst du? Maria wartet darauf, daß ich sie heimhole. – Was soll ich tun, Charlotte? So hilf mir doch! Du bist so klug, so gütig! Hilf mir!«
Charlottes Hand fährt liebkosend über sein Haar. Ihr Antlitz ist tief erblaßt, als sie sich nun erhebt und sich an Bernd wendet: »Du mußt zu Maria fahren, Bernd – noch heute! Sie erwartet dich! Du mußt ohne Säumen ihrem Ruf folgen!«
»Charlotte!«
»Ja, Bernd! Es wird dir schwer, bitter schwer werden, doch unbedingt muß Maria die Wahrheit erfahren. Sage ihr alles so schonend wie möglich!«
»Gut – ich fahre zu ihr!« Bernd strafft sich und blickt entschlossen in Charlottes Gesicht. Er zieht sie an sich. »Ich kann dich nicht aufgeben, Charlotte! Erst jetzt begreife ich ganz, wie lieb ich dich habe! Und wieviel Dank ich dir schulde. Du hast mich vor dem Schlimmsten bewahrt. Wir waren so glücklich zusammen!«
Sanft entzieht sie sich ihm. Wohl glaubt Charlotte bedingungslos an seine Worte, an seine Liebe. Trotzdem steigt ein bitteres Gefühl in ihr auf. Also Dankbarkeit ist es, was Bernd an sie fesselt!
»Du mußt noch heute fahren«, drängt sie erneut. »Erkundige dich nach der besten Zugverbindung, ich packe inzwischen deine Koffer. Ein paar Tage wirst du sicherlich fernbleiben.«
Bernd wundert sich im stillen über Charlottes Tapferkeit. Hat sie sich wirklich so schnell mit den Tatsachen abgefunden? – Oder ist es ein übermenschlicher Wille, der sie so stark macht? Dann darf er sich nicht von ihr beschämen lassen. Er zwingt sich äußerlich zur Ruhe und vertieft sich in das Kursbuch, das er vom Schreibtisch genommen hat. Charlotte verCharlotte verläßt lautlos das Zimmer, sie ist beinahe am Ende ihrer Kraft. Das Leben erscheint ihr mit einem Male nichtig und öde. Sie kommt an dem Terrassenzimmer vorbei. Regungslos lehnt sie an der Tür. Der gedeckte Frühstückstisch lädt zum Platznehmen ein. Der ganze Raum ist in strahlendes Sonnenlicht getaucht, nur der Gartenschirm spendet Schatten.
Dort, in jenem gemütlichen Eckchen, hat sie Bernd von ihrem Geheimnis Mitteilung machen wollen. – Und nun ist alles anders, ganz anders gekommen! Heiß steigt es ihr in die Augen. Sie wendet sich hastig ab und sucht das Schlafzimmer auf. Dort ist das Mädchen mit Aufräumen beschäftigt. Als es die leichten Schritte Charlottes vernimmt, fährt es herum.
»Ach – wie bin ich erschrocken! Aber –«, sie starrt in das bleiche Gesicht der jungen Frau, »sind Sie krank, Frau Imhoff? Soll ich Ihnen Tee kochen? Sie sehen ja aus wie der Tod.«
»Es ist nichts«, entgegnet Charlotte kurz. »Holen Sie die Koffer meines Mannes, ich will packen.«
Das Mädchen entfernt sich hastig und kehrt nach kurzer Zeit mit dem Gewünschten zurück. »Soll ich