Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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Beutel?« versetzte der Fremde. »Auch Ihr, Trawieser Leut’, fragt nach solchen Dingen? Hab ich doch gehört, daß die Trawieser – sobald ihnen nur der gestrenge Pfarrherr nicht mehr im Wege stünde – es eintheilen wollten auf: Dein Gut, mein Gut!«

      »Das Zeug versteh’ ich nicht, macht, daß Ihr mir aus dem Weg kommt!« rief die Wirthin und hegte das Feuer und förderte den Braten.

      »Ihr werdet es schon verstehen,« sagte der Fremde mit einer Miene, die viel bedeuten sollte, »heute stoßt Ihr den Armen noch aus diesem Haus, morgen treibt Euch er hinaus!« Und er entfernte sich.

      Die Männer und Burschen in der Wirthsstube waren mittlerweile laut geworden. Es war ein Streit entbrannt, der gar keine andere Ursache hatte als die, daß sie streiten wollten.

      Sie schleuderten sich gegenseitig Spottnamen zu, in der Weise, wie boshafte Buben Ballen spielen, zuerst von Hand zu Hand, dann von Nase zu Nase.

      »O Du schlechter Lotter Du!« sagte der Eine und lachte.

      »Behalt Du den schlechten Lotter für Dich selber – ist gescheiter, sonst heißest Du ohnehin nichts.«

      »Oh, Du brauchst mir schon lang keinen Namen zu schenken, Du Schelm, schau, daß Deiner besser wird!«

      »Wer sagt mir was Schlechtes nach?! Himmel-Herrgotts-Sackerment, wer kann mir was beweisen?«

      »Alle sieben Hauptsünden beweise ich Dir, Du Lump! Mit welcher soll ich anfangen?!«

      »Deine Goschen halt’, schlechter Wicht! Du hast die Hauptsünden Dein Lebtag nicht aus dem Katechismus gelernt – bist zu dumm dazu.«

      »Für einen Spitzbuben just ein bissel zu dumm, da hast Recht.«

      Jetzt fuhr der Andere mit seinen Fäusten los. Ein Dritter wollte Frieden stiften – der erhielt die Prügel.

      »Wir brauchen keinen Richter!« riefen sie.

      »Laßt Zeit, wenn nur erst der Richter von Trawies kommt.«

      »Wir kennen keinen Richter von Trawies! Und wir brauchen keinen.« Ja, dess’ waren sie bald Alle einig, sie brauchen keinen Richter.

      »Unser Herr ist Gott im Himmel, und sonst Keiner!«

      Sie wußten es recht gut, daß Gott im Himmel nicht niedersteigt und den Schelm beim Schopf faßt.

      »Kann sein,« sagte einer der wenigen Sanftmüthigen, die noch im Ort waren, »er wartet, bis der Schelm zu ihm kommt. Denn einmal schleicht der Schelm an und winselt: Lieber Gott, ich bin auch dein Kind, ich hab’ sie auch mitgemacht, die harte Welt, jetzt mach’, daß ich im Himmel meinen Winkel krieg’. Da wird Gott der Herr seine Arme in die Seiten stemmen und wird sagen: So! – Und der Schelm wird weiter winseln: Schauderlich schlecht ist es mir ergangen auf Erd’. Sündhaft war ich freilich auch, aber ich bereue es und mach’ meinen ernstlichen Vorsatz, denn weißt, ich möcht’s nun besser haben. – So! wird der Herr wieder sagen, wie schlau Du bist! Ich aber sage Dir: Früher hast Du mich nicht gesehen, jetzt sehe ich Dich nicht. Geh’ weg, wir Zwei sind fertig!«

      »Und wir Zwei sind’s auch!« rief ein stämmiger Bursche und schob den Prediger zur Thür hinaus. –

      Zur selben Zeit ging vom Pfarrhofe der Wahnfred am Hause vorbei und über den Steg gegen den Hof des Feuerwart. In der Wirthsstube erhoben sich einige der älteren Männer und schritten ihm nach.

      Der Feuerwart stand vor dem Brunnen seines Hauses und hatte eine Axt in seiner Hand.

      »Was willst Du mit dem Beil?« fragte Wahnfred.

      »Hast es Du vonnöthen?« war das Gegenwort, »sonst mache ich damit den Brunnen frei, er ist vereist.«

      »Ich bin da, Gallo, daß ich Dich frage, ob denn kein Richter mehr ist in Trawies? Mir ist Unrecht geschehen. Du weißt, wie ich dem Herrn in seiner Krankheit bin beigestanden. Dafür heißt er mich jetzt Dieb und Einbrecher.«

      »Da ist Dir Recht geschehen!« lachte der Feuerwart.

      »Wie so?«

      »Schau her da. Wenn ich meinen Brunnen vom Eis ersticken lasse und ich verdursten muß, so geschieht mir auch Recht, warum bin ich so saumselig gewesen! So Eins gehört!« Er hob die Axt und mit einem wuchtigen Schlage zertrümmerte er die Säule von Eis, daß die Stücke klingend weithin flogen und der Brunnen frei und frisch in den Trog plätscherte.

      »Verstehen kann ich Dich wohl,« sagte Wahnfred, nahte dann dem alten Manne, die Hände auf der Brust: »Bei der himmlischen Seligkeit, ich kann es Dir nicht sagen, mein Gallo, Du glaubst es nicht, wie schwer das ist, einen Menschen umzubringen!«

      Jetzt nahten die Männer, die dem Schreiner vom Wirthshause her gefolgt waren.

      »Fleißiger, fleißiger, Wahnfred, Du stehst im hellen Werktag da und richtest nichts aus!«

      Dann stellten sie sich um ihn in einen Kreis und huben an.

      »Weißt Du es noch, Schreiner, wie lange es schon her ist, daß wir in der Rabenkirche zusammen gewesen?«

      »Glaubst Du, daß ihn bei lebendigem Leib der Teufel holt?«

      »Warum?«

      »Weil Du ihn nicht angreifst!«

      »Läßt sich denken, daß es dir sauer fällt, aber der Herrgott hat Dir’s ja gut meinen wollen, hättest Du seine Hand nicht zurückgezogen, wie er sie ausgestreckt hat nach seinem Hals.«

      »Hat das Los gewiesen, daß Du bei ihm die Krankenwärterin sollst sein?«

      »Sollen wir Dir die Feindseligkeiten vorzählen, die er seit seiner Krankheit wieder auf uns geworfen hat? Beim Dankgebet für seine Genesung ist die Kirche nicht voll geworden, das magst Dir Denken. Solches hat ihn gar zornig gemacht. Der Freiwildin ihrer Tochter hat er das Kind nicht taufen wollen; die junge Mutter soll am Frauentag mit dem Strohkranz in die Kirchen gehen; wie sich das arme Dirndl abhärmt! Den Gemeindearmen wird für diesen Winter das Brennholz geschmälert, das sie vom Pfarrwald kriegen sollten. Oh, gebt Acht, dieser Herr Franciscus ist aus demselben Holz, aus dem man die Hexenverbrenner, die Folterknechte und Kreuziger schnitzt.«

      »Ich weiß es ja,« unterbrach Wahnfred, »ich weiß mehr, als Ihr selber.« Er dachte an die Schrift, die in seine Hand gelangt war und die er in das Feuer geworfen hatte.

      »Nun gut, so wirst Du dem Elend ein Ende machen.«

      »Glaubt Ihr, das Elend wird ein Ende haben, wenn er dahin ist? Ich glaube es nicht.«

      »Schlechter kann’s nimmer werden. Die hohen Herren müssen sehen, daß die Leute von Trawies stark sind, wie ihre hundertjährigen Bäume. Es wird ein Sturm sein, aber dem Wald wird er nichts anhaben; nur der baum, der einzeln steht, kann brechen. Wir halten zusammen und wehren uns um unsere alten Rechte.«

      »Und Du, Wahnfred, übe Deine Schuldigkeit!«

      »Denk’ auf den Schwur! Willst Du dieses Tyrannen wegen Gott untreu werden? Hat Dir Deine Mutter niemals die Geschichte erzählt von jenem Mann, der gezwungen worden ist, vom Haupt seines Knaben einen Apfel herunter zu schießen?«

      »Und

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