Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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kleinen Baumhackel, der sich das Gesicht krebsroth und die Kehle heiser geschrien hatte, wurde bedeutet, still zu sein. Daneben standen die Landwächter, fingen jetzt seine Arme und legten ihm ein Eisenschloß an die Hände.

      So bewegte sich der Auftritt ins Freie und der kleine Baumhackel schrie und beschwor Himmel und Hölle, daß sie ihm zu Hilfe kämen und seine Unschuld bezeugten. Aber es war, als ob die Häscher gar keine Ohren hätten, hingegen um so stärkere Arme und Ellbogen. Endlich wurde der kleine in einem Kellergewölbe des Pfarrhofs aufbewahrt, bis am Nachmittage vom Baumhackel-Häuschen am Gestade die Untersuchungsmänner zurückkamen und die Bestätigung brachten: an der Hirschhauthose des Baumhackel seien wirkliche Blutspuren zu sehen. »Jetzt hilft Dir nichts mehr.« blinzelte der Sandhock dem Kleinen zu, als dieser zum weiteren Verhöre ins Wirtshaus gezerrt wurde, welches heute so voll war, daß die Leute auf Bänken und Tischen stehen mußten.

      »Man möchte dem kleinen Kerl so was gar nicht zutrauen!«

      »Der Große ist gut weg.«

      »Und der Kleine wird auch gut weg sein. Ist kein Schade.«

      So flüsterten die Leute.

      Etliche waren zugegen, die hätten reden können, aber denen war der Mund versiegelt. Der Waldhüter empfand dieses Siegel am peinlichsten. Jetzt schwieg er noch, aber, dess’ war er entschlossen, ehevor er den eigenen Bruder hängen läßt ...

      Mittlerweile war aus Neubruck auch ein Gerichtsbeamter angekommen, der redete dem nun allverzagten Baumhackel ganz gütig zu, er möge auf die Fragen kurz und wahr antworten und alles offen gestehen, das sei der beste und kürzeste Weg –

      »Zum Galgen!« rief Einer am Ofentische.

      Nicht an sein irdisches Los möge der Angeklagte jetzt denken; jedes Menschen Leben stehe in Gottes Hand; aber jener Welt möge er sich erinnern, wo nur der wahrhaft reumüthige Bekenner Erbarmen und Gnade hoffen könne.

      Der kleine Baumhackel barg sein Gesicht in den Winkel seines Ellbogens und weinte.

      Fürs Erste möge er sagen, wo er das Werkzeug habe. Mit einer Hacke sei es geschehen.

      Hacke hätte er gar keine gehabt, schluchzte der Kleine, nur ein Messer.

      Wo das Messer wäre?

      Das wäre noch oben in Freiwild’s Sommerstadl. Aber an dem Pfarrermord sei er unschuldig, so wahr die heilige Dreifaltigkeit im Himmel säße. Wenn er schon sagen müsse, woher das Blut rühre: dem Freiwild auf der Höhe habe er in der Sturmnacht einen feisten Schöps aus dem Stalle geführt und im Sommerstadl geschlachtet.

      »Was redet er von mir?« stand fragend am Nebentisch ein rothbärtiger Mann auf. Der Freiwild war’s, der Bauer auf der Höhe.

      »Er sagt aus, daß das Blut von einem Schöps herrühre, den er dem Freiwild aus dem Stalle geführt habe. Ist das wahr?«

      »Aus meinem Stall – einen Schöpsen?« rief der Rothbärtige, »so schaut’s aus! – – meine lieben Herren, da kann ich heute gar nichts sagen, mir ist kein Schöps aus dem Stalle gekommen.«

      »Lügenmaul, Du!« fuhr der kleine Baumhackel auf, »oder bist Du so reich, daß Du es nicht merkst, wenn Dir Schafe gestohlen werden? Ist gut für Dich und für mich.«

      »Da müßt’ ich erst nachschauen,« versetzte der Freiwild mit aller Ruhe, »heute kann ich gar nichts sagen.«

      Das Verhör mußte geschlossen werden. Der Baumhackel wurde in sein Gewölbe zurückgeführt, das für einen einfachen Schafdieb schier etwas zu finster und zu frostig war. Der Freiwild auf der Höhe, der so wohlhabend war, daß er nicht einmal seine Schafherde zählte, gewann bei Vielen außerordentlich an Respect. Andere jedoch meinten, der ganze Schafdiebstahl sei nichts als eine windige Ausflucht vom Baumhackel, der lieber sitzt als hängt.

      Als der Freiwild seines Weges ging, eilte ihm der Sandhock nach und sagte: »Schau, Freiwild, dem armen Teufel könntest Du jetzt aus der Klemme helfen. Man mag’s , wie der Will’, und Du denkst Dir’s selber: ein gutes Werk ist doch geschehen gestern Früh in der Kirche. – Hilf ihm aus. Laß’ Dir den Schöps gestohlen sein.«

      »Lauter Lumpen!« brummte der Freiwild und hastete davon.

      Zur Dämmerung, als es gar öde und einsam war um dir Kirche und den Pfarrhof, weil sich Niemand in die Nähe getraute, selbst der Schulmeister und der Küster waren fort und das Läuten blieb aus und die hölzerne Uhr stand still auf dem Thurme – kauerte der rothbärtige Freiwild am vergitterten Fensterlein und flüsterte in den Keller hinab: »Junger Herr Baumhackel! Bist noch wach? Wohnst woltern vornehm, jetzund. Das g’freut mich. Aber vermeint hätt’ ich’s nicht, daß mir mein lieber Nachbar alljährlich die feisten Schafe stiehlt.«

      »O, Freiwild!« seufzte der Kleine im Keller.

      »Aber als braver Nachbar will ich Deine Ehre retten.«

      »Thue es doch gleich – heut’ noch, daß ich aus diesem Kotter komme.«

      »Ein Schafdieb ist etwas ganz Niederträchtiges, wirst es einsehen, Baumhackel. Es hat mich vor etlich’ Wochen, als ich mir auf der Höhe einen Lärchenstamm nahm, Dein Herr Bruder, der Waldhüter, schon einen dreidoppelten Spitzbuben geheißen. Und Dein Vater selig, wie der noch ist Waldhüter gewesen, der hat mich etlicher Armvoll Reisigstreu wegen auf die Bank binden lassen. Schon das hat dem Ehrenmann, als der ich Gott sei Dank immer gewesen bin, nicht wohl bekommen. Jetzt denke Dir erst: ein Schafdieb! Möchtest ja wieder frei werden, aber schwarz bliebest und ein Schurkel bliebest in aller Leut’ Augen. Nein, Nachbar, das kunnt ich nicht mit ansehen. Schau, da ist Dir ein kecker, blutiger Mörder doch ganz was Anderes! Und gar so Einer, wie der gestrige! Der wird respectirt! Sein Ruf geht in alle Welt und nach hundert Jahren noch zeigt der Vater seinem Sohn den Ahornbaum: auf dem ist er gehangen – Nein, nein, Baumhackel, Schafdieb bist keiner. Mir fehlt kein feister Schöps.«

      »Um der heiligen Maria-Linden Willen, Freiwild, thu’ mich nicht martern!« flehte der im Keller.

      »Es müßte denn sein,« sagte der Rothbärtige, »daß Du Dich gescheiterweis’ einmal zu was brauchen lassen wolltest.«

      »Was Du willst, Nachbar, nur des Schöpses wegen sage die Wahrheit. Im Sommerstadl unter dem Schnee ist ja das Eingeweide und das Messer zu finden.«

      »Das ist das Wenigste, mein lieber Baumhackel, das kann ich heute noch aus dem Wege räumen.«

      »Wirst doch kein Teufel sein, Freiwild?«

      »Wie ich sage, wenn Du Dich einmal zu etwas brauchen läßt. Aber voreh müßt’ ich Deinen Eidschwur haben. Ich und ein Zweiter, wir haben was vor, und da brauchen wir auch einen Dritten dazu. Ist auf Dich zu rechnen?«

      Der Kleine schwur einen gewaltigen, siebenfachen Eid.

      »So!« Sagte der Freiwild, »so wären wir auf Eins. Gute Nacht, Schafdieb!«

      Am anderen Tage gab der Freiwild auf der Höhe an, wie es sich herausgestellt habe, daß ihm in der Sturmnacht richtig der feiste Schöps aus dem Stalle geführt, und daß etliche Büchsenschuß von seinem Hause, im Sommerstadl, das Eingeweide gefunden worden sei.

      »Aber,« setzte er bei, »ich verzeihe es dem armen kleinen Kerl, und ich schenke ihm’s. Er soll meinetwegen nichts zu büßen haben. Ein andermal,

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