Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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Knecht, der Nantel, heimgesagt hat, thäten die Leute doch so ihre Köpfe zusammenstecken; man wisse nicht, den guten Herrn Franciscus könne auch ein braver Mann aus der Trawieser Pfarr’ in den Himmel geschickt haben.«

      »Auf der Wildwiesen ist dasselbe Gerede.«

      »Bei der Kofelarztin, wo ich heute wegen eine kranken Kuh war,« berichtete ein Anderer, »und wo allerhand Leute zusammenkommen, habe ich auch so etwas gehört.«

      »Das ist schlimm,« murmelten sie, »das ist schlimm!«

      »Mich nimmt das nicht Wunder,« sprach der Bart vom Tärn.

      »Es wird doch Keiner unter uns ein Spitzbub’ sein gewesen!«

      »Davon keine Rede,« sagte der Feuerwart, »was das Mundhalten anbelangt, da getraue ich mir meine Seele für Jeden einzusetzen.«

      »Aber,« setzte der Bart vom Tärn bei, »was uns eingefallen ist, kann auch Anderen eingefallen sein, zu Trawies ist ein solcher Gedanke, bei meiner Treu, doch nichts Unmögliches. So gut als wir Bauern, könnten sich die Holzer am Rockenbach verschworen haben, oder die Leute im Tärn, oder auch die Knappen aus den Sanköfen. Denken mögen sich’s Viele, das glaube ich, aber Name darf keiner genannt werden, sonst sind wir verloren. Zum Glücke, daß der große Schnee die Löcher in die Trawies vermauert hat, sonst hätten wir die Herren von Neubruck und Oberkloster und weiß Gott von wo her schon morgen am Halse.«

      »Dem sei Gott vor. Erst muß der Todte unter die Decke, muß den Leuten das Maul gestopft sein, müssen wir die weitere Verwaltung von Trawies geordnet und unseren Stand gegen die Herren beschlossen, müssen den Schreiner in Sicherheit gebracht haben. Dann mögen sie kommen, wir wollen uns vor ihnen nicht fürchten.«

      »Die Verwaltung von Trawies?«

      »Aus Einheimischen und Hausgesessenen wird der Rath gewählt, wie es vor Zeiten war,« sagte der Feuerwart und legte seine Hand auf ein graues Blatt von Pergament. »Dieser Rath ist der Herr und das Gericht im Hause und im Walde, in der Kirche und in der Schule und in allen Gemeindesachen. An Steuern und Gaben den zehnten Theil führen wir, wie es Gottes Willen ist, ehrlich an die hohe Obrigkeit ab. Und von den streitbaren Männern jeder Siebente, den das Los trifft, wird willig dem Land zu Schutz und Wehr sich stellen, oder allzeit zu finden sein. Von den Weltpriestern des Bisthums, den Caplänen wählen wir nach altem Recht zwölf; aus diesen zwölfen Einen wird der Erzbischof uns zum Seelsorger bestimmen. So ist das alte Trawieser Gesetz gewesen und so wollen wir es wieder aufrichten.«

      Sie sprachen noch, als die Stiege herauf ein Gepolter vernehmbar wurde. Fast gleichzeitig ging die Thüre auf. Der Gerichtsbote und zwei Mann der Landwache traten ein. Einige der Männer richteten sich mit Befremdung auf, die anderen blieben scheinbar gelassen sitzen, und blickten ernst den Eintretenden entgegen.

      »Wir bitten um Verzeihung,« sagte der Gerichtsbote und wendete sich gegen den Feuerwart. »Ihr seid, besinne ich mich gut, der Gallo Weißbucher? Wir kommen eilig aus Neubruck.«

      »Habt Ihr etwas auszurichten?« fragte der Feuerwart.

      Der Bote blickte ihn erstaunt an.

      »Des Mordes wegen!« sagte er.

      »Ah, des Raubmordes wegen,« fiel der Bart vom Tärn ein, »ja gut, daß Ihr da seid. Ganz Trawies ist aus Rand und Band. Wir sind, wie Ihr seht, eben beisammen, um zu berathen, was vor Allem zu geschehen hat. Schier haben wir selbst den Kopf verloren. Ein solches Unheil, Herr Gerichtsbot’!«

      »Zuvörderst hat gar nichts zu geschehen, als das Protokoll aufzunehmen,« sagte der Bote im gemessenen Amtstone, sich in seiner wichtigen Mission weidlich streckend, »im Namen des Gerichtes seid Ihr aufgefordert, hierin nach heiligem Wissen und Gewissen unseres Dienstes zu sein. Wir verfügen uns sofort an den Ort der That.«

      Die Männer standen auf. Der Feuerwart blies die eine Kerze aus, mit der anderen leuchtete er die Treppe hinab. Seine Züge waren fast entstellt. Mehrere stahlen sich davon. Von diesen bemerkte einer: »Hockt uns richtig schon im Nest!«

      »Wer?«

      »Der Teufel.«

      »Du meinst des Gerichtsboten wegen. Der schreckt mich aber gar nicht. Wenn es die Herren zu Neubruck nicht einmal der Mühe werth halten, daß von ihnen Einer selbst kommt, sondern sie nur den Boten schicken, das Protokoll aufzunehmen, nachher denke Dir’s, wie groß ihnen die Sache stehen mag.«

      »Du trau’ nicht! Bedenk’ den wilden Schneehaufen jetzt. Wenn Du der Landvogt bist draußen zu Neubruck und es heißt: den Trawieser Pfarrherrn hätten sie heut’ erschlagen, ich stell’ mich auf die Wag’, daß Du Dir denkst: Bei so einem Höllengestöber jagt man keinen Hund nach Trawies. Ich werde nachschauen, bis der Weg fahrbar ist. Einstweilen schicke ich den Boten voraus. Verlaß Dich d’rauf, er kommt noch selber.«

      »Nachher geht’s uns nicht gut.«

      Der Bart vom Tärn, der Firner-Hans und der Feuerwart gingen mit den Gerichtspersonen gegen das Dörfchen hinab und zur Kirche hinan.

      Der Gerichtsbote blickte suchend um sich und fragte endlich:

      »Wo ist er denn, der Todte?«

      »Den haben wir ja in den Pfarrhof getragen, daß er zu einer würdigen Aufbahrung gekommen ist.«

      »Wer hat Euch gesagt, daß Ihr den Todten solltet von der Stelle tragen?« fuhr der Bote scharf drein.

      »Gesagt?« entgegnete der Feuerwart, »so viel wird Einer doch selber verstehn, daß er da nicht liegen bleiben kann.«

      »Schon so alt, Weißbucher, und immer noch nicht wissen, daß man an einem Thatort nicht ein Tüpfel ändern darf, bevor die gerichtliche Untersuchung stattgefunden hat!«

      »Das mag wohl ein Gerichtsbot’ wissen,« redete der Firner-Hans drein, »Einer der gleich überall dabei sein muß, wie der Rab’ beim Aas. Wir Waldleute können es nicht so genau wissen, was der Brauch ist, wenn Einer abgeschlachtet wird –«

      »Das verbiet’ ich mir, Du Malefiz-Mensch! Wo ich jetzt steh, da stehe ich im Namen des hohen Gerichtes!«

      »Nein, thut Euch nicht erhitzen, Männer,« beschwichtigte der Bart vom Tärn. »Ihr habt manches Schöppel getrunken zu Trawies, das Euch nicht in den Beutel gezwickt hat. Bot’, so werdet es uns auch nicht so streng aufmessen, wenn wir in unserer Unwissenheit as Unrechtes gethan haben. Ihr hättet es sehen sollen, wie schreckbar er dagelegen ist, Herr Jesus, den Graus vergeß ich meiner Tage nicht! Die Leute, die ihn gesehen haben, sind schier wahnsinnig worden und haben geschrien nach einer christlichen Bahre.«

      »Die Kirche hätte in den ersten Stunden geschlossen werden sollen,« belehrte der Gerichtsbote, da sie das Gotteshaus verließen, »mit dem Beten ist’s in diesen Mauern nun wohl doch für alle Zeit vorbei, – Was machen denn die Leute dort am Rain?«

      »Das Grab machen sie,« antwortete der Feuerwart.

      »Für wen?«

      »Nu eben für –« er wies mit dem Daumen gegen den Pfarrhof.

      Der Bote blieb stehen und sagte: »Liebe Leute, wenn Ihr in Allem so eigenmächtig handelt, dann haben die Klagen Eures Pfarrherrn einen guten Grund gehabt. Nicht ein todtgeborenes Kind dürfet Ihr selbstmächtig begraben. Und erst ein solcher Fall! Ich hafte dafür und Ihr haftet dafür,

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