Oliver Twist. Charles Dickens

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Oliver Twist - Charles Dickens Klassiker bei Null Papier

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ist das, Sir?« frag­te der un­glück­li­che Oli­ver.

      »Er ist wirk­lich ein dum­mer Jun­ge, ich hab’ mir’s gleich ge­dacht«, sag­te der Herr mit der wei­ßen Wes­te.

      »Du weißt doch«, nahm der ers­te Herr wie­der das Wort, »dass du we­der Va­ter noch Mut­ter hast und vom Kirch­spiel er­zo­gen wirst?«

      »Ja«, ant­wor­te­te Oli­ver un­ter Trä­nen.

      »Wa­rum heulst du?« frag­te der Herr mit der wei­ßen Wes­te, denn es war doch höchst auf­fal­lend, dass Oli­ver wein­te. Wel­chen Grund konn­te er nur ha­ben?

      »Ich hof­fe, du be­test doch je­den Abend«, frag­te ein an­de­rer Gent­le­man in bar­schem Ton, »und be­test für die, die dir zu es­sen ge­ben und für dich sor­gen, so wie es ei­nem Chris­ten­menschen ge­ziemt.«

      »Ja, Sir«, hauch­te Oli­ver. In Wirk­lich­keit hat­te er je­doch nie ge­be­tet, weil es ihn nie­mand ge­lehrt hat­te.

      »Man hat dich hier­her­ge­ru­fen«, fuhr der Prä­si­dent fort, »um dich er­zie­hen zu las­sen, und da­mit du ein nütz­li­ches Hand­werk lernst.« – »Du wirst also mor­gen früh um sechs Uhr an­fan­gen Werg zu zup­fen«, setz­te der mür­ri­sche Gent­le­man mit der wei­ßen Wes­te hin­zu.

      Zum Dank für die An­kün­di­gung die­ser bei­den Wohl­ta­ten mach­te Oli­ver un­ter Nach­hil­fe des Kirch­spiel­die­ners einen tie­fen Kratz­fuß vor den »Her­ren Vor­stän­den« und wur­de dann in einen großen Saal ge­steckt, wo er sich auf ei­nem har­ten rau­en Bett in den Schlaf wei­nen durf­te.

      Der arme Oli­ver ahn­te nicht, wie er so dalag und schlief, dass die Her­ren Vor­stän­de noch am sel­ben Tage zu ei­nem Ent­schluss ge­lang­ten, der von größ­tem Ein­fluss auf sein künf­ti­ges Ge­schick sein soll­te.

      Die Her­ren Vor­stands­mit­glie­der wa­ren äu­ßerst klu­ge Män­ner von tiefer phi­lo­so­phi­scher Ein­sicht, und kaum hat­ten sie ihre Tä­tig­keit dem Ar­beits­hau­se und was da­mit zu­sam­men­hing zu­ge­wen­det, so fan­den sie auch so­fort her­aus, was ein ge­wöhn­li­cher Sterb­li­cher kaum je­mals ent­deckt hät­te, näm­lich: dass es dar­in den Ar­men ganz über Ge­bühr gut gehe. Als wäre das Ar­beits­haus nichts als ein öf­fent­li­ches Ver­gnü­gungs­lo­kal für die är­me­ren Klas­sen, eine Knei­pe, in der man nichts zu be­zah­len brau­che, ein Ort, an dem man auf Kos­ten der Ge­mein­de Früh­stück, Mit­ta­ges­sen, Tee und Abend­brot ein­neh­men kön­ne – ein Ely­si­um aus Zie­gel­stei­nen und Mör­tel, in dem ge­scherzt und ge­spielt, in Wirk­lich­keit aber nicht ge­ar­bei­tet wür­de. Wir sind die rich­ti­gen Män­ner, um hier Ord­nung zu schaf­fen, sag­te sich die Vor­stand­schaft. Und so ord­ne­ten sie denn an, dass alle ar­men Leu­te die Wahl ha­ben soll­ten – von Zwang kön­ne na­tür­lich kei­ne Rede sein -, ent­we­der lang­sam und nach und nach im Ar­beits­haus zu ver­hun­gern, oder schnell und plötz­lich au­ßer­halb. Von die­sem Ge­sichts­punk­te aus schlos­sen sie mit den Was­ser­wer­ken einen Ver­trag über Lie­fe­rung ei­ner un­be­grenz­ten Men­ge Trink­was­sers und mit ei­nem Ge­trei­de­händ­ler einen eben­sol­chen, was die je­wei­li­ge Lie­fe­rung von klei­nen Quan­ti­tä­ten Ha­fer­mehl an­be­lang­te, und ga­ben täg­lich drei Por­tio­nen Ha­fer­schleim aus und au­ßer­dem zwei­mal wö­chent­lich eine Zwie­bel dazu pro Mahl­zeit und Sonn­tags eine hal­be Sem­mel.

      Im ers­ten Halb­jahr nach Oli­vers An­kunft war das Sys­tem be­reits in vol­lem Gan­ge. Der Raum, in dem die Kna­ben ihr Es­sen be­ka­men, war eine Art Kü­che, und der Koch, von ein paar Frau­en­zim­mern un­ter­stützt, teil­te ih­nen aus ei­nem Kup­fer­kes­sel ihre drei Por­tio­nen Ha­fer zu – einen Napf voll und nicht mehr, aus­ge­nom­men, wie ge­sagt, die Sonn- und Fei­er­ta­ge, wo ein nicht all­zu großes Stück­chen Brot da­zu­kam. Die Näp­fe aus­zu­wa­schen war über­flüs­sig, da die Jun­gen mit ih­ren Löf­feln so­wie­so so lan­ge dar­in her­um­kratz­ten, bis al­les wie­der glän­zend war. Und wenn sie mit ih­rer Tä­tig­keit fer­tig wa­ren, was nie all­zu lan­ge Zeit in An­spruch nahm, da die Löf­fel bei­na­he so groß wa­ren wie die Näp­fe sel­ber, – sa­ßen sie da und starr­ten auf den Kup­fer­kes­sel mit so gie­ri­gen Au­gen, als ob sie am liebs­ten so­gar die Zie­gel­stei­ne, aus de­nen der Herd auf­ge­baut war, ver­schlun­gen hät­ten, und saug­ten da­bei an ih­ren Fin­gern in der Hoff­nung, dort viel­leicht noch ir­gend­wo ein ver­irr­tes Tröpf­chen Ha­fer­schleim auf­zu­le­cken. Kin­der pfle­gen näm­lich einen vor­treff­li­chen Ap­pe­tit zu ha­ben.

      Drei Mo­na­te lang hat­ten Oli­ver und sei­ne Ka­me­ra­den die Qua­len lang­sa­men Hun­ger­to­des durch­ge­macht und wa­ren kaum mehr im­stan­de, die­sen Zu­stand län­ger zu er­tra­gen. Ein für sein Al­ter sehr großer Jun­ge, des­sen Va­ter Koch ge­we­sen war, gab ei­nes Ta­ges sei­nen Ge­fähr­ten zu ver­ste­hen, wenn er nicht bald eine Schüs­sel Ha­fer­schleim pro Tag mehr be­kom­me, so wür­de er sich nicht hel­fen kön­nen und müs­se höchst wahr­schein­lich ei­nes Nachts sei­nen Schlaf­nach­bar auf­fres­sen. Die­ser Viel­fraß hat­te ein wil­des hung­ri­ges Auge, und sei­ne Re­den rie­fen große Angst un­ter sei­nen Ka­me­ra­den her­vor. So be­rat­schlag­ten sie un­ter­ein­an­der, und es wur­de ge­lost, wer von ih­nen nach dem Abendes­sen zum Spei­se­meis­ter ge­hen und noch um einen Napf bit­ten sol­le. Das Los fiel auf Oli­ver.

      Der Abend kam, und die Jun­gen nah­men ihre Plät­ze ein. Der Spei­se­meis­ter stell­te sich in sei­ner wei­ßen Koch­schür­ze an den Kes­sel, der Ha­fer­brei wur­de aus­ge­teilt und ein lan­ges Tisch­ge­bet ge­spro­chen. Als die Mahl­zeit vor­über war, flüs­ter­ten die Jun­gen un­ter­ein­an­der, ga­ben Oli­ver Win­ke, und die ihm Zu­nächst­sit­zen­den stie­ßen ihn mit den Ell­bo­gen an. Der Hun­ger mach­te ihn alle Rück­sich­ten ver­ges­sen. Er stand auf, trat mit Napf und Löf­fel vor den Koch hin und sag­te mit be­ben­der Stim­me:

      »Ich bit­te um Ver­zei­hung, Sir, ich möch­te noch um ein we­nig bit­ten.«

      Der Koch, ein feis­ter rot­ba­cki­ger Mann, wur­de blass wie der Kalk an der Wand. In maß­lo­sem Stau­nen starr­te er ei­ni­ge Se­kun­den den klei­nen Re­bel­len an und muss­te sich am Kes­sel fest­hal­ten, um nicht um­zu­fal­len. Die bei­den Frau­en­zim­mer wa­ren ge­ra­de­zu ge­lähmt vor Ent­set­zen, und auch die Jun­gen konn­ten vor Furcht kein Wort her­vor­brin­gen.

      »Was?« frag­te der Koch end­lich mit schwa­cher Stim­me.

      »Ich bit­te, Herr«, wie­der­hol­te Oli­ver, »ich möch­te noch et­was ha­ben.«

Bild: 043_Oliver_Twist_003.jpg

      Der Koch gab ihm eins mit dem Löf­fel über den Kopf, fass­te ihn dann am Arm und schrie laut nach dem Kirch­spiel­die­ner.

      Die Her­ren Vor­stän­de sa­ßen ge­ra­de zu­sam­men bei ei­ner Be­ra­tung, als Mr. Bum­ble in höchs­ter Er­re­gung ins Zim­mer stürz­te und dem Her­ren auf dem ho­hen Stuhl mel­de­te:

      »Mr. Limbkins, ich bit­te um Ver­zei­hung, Sir, Oli­ver Twist hat

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