Mami Staffel 3 – Familienroman. Gisela Reutling
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Читать онлайн книгу Mami Staffel 3 – Familienroman - Gisela Reutling страница 21
»Ach, so siehst du das. Klaudia ist aber nicht zickig, wie?« Kai war stehengeblieben. Er sah Sandro forschend an.
»Nee, bei der bin ich ja nur einmal im Monat. Wenn sie mich zu Bea zurückbringt, denkt sie schon wieder an ihre Arbeit. Ist doch okay, oder?«
»Und warum hast du mich gefragt, ob ich Klaudia heiraten will?«
»Was hast du gefragt?« mischte die sich fassungslos ein. Sandro sah sie schuldbewußt an.
»Wollt’ nur wissen, ob Kai Hoffmann auch so ein Feigling ist wie Onkel Detlef.«
Ein peinliches Schweigen entstand. Kai räusperte sich dann vernehmlich. »Also gut. Wenn du es genau wissen willst, Sandro, auch ich bin ein Feigling. Liebe kann den mutigsten Helden zum Hasenfuß machen.«
»Mich aber nicht!« behauptete Sandro und brachte das Besteck hinaus. Er hatte einen Mordshunger.
So kam es, daß Klaudia und Kai sich über die Sachen vom Italiener hermachten, weil Sandro den Kartoffelsalat fast allein in sich hineinschaufelte. Keiner sprach mehr vom Heiraten, von Tante Bea oder dem Feigling Onkel Detlef, denn Kai schilderte die Krankengeschichte von einem Jungen aus dem Dorf, der durch drei Hornissenstiche fast zu Tode gekommen war, wenn er ihn nicht nachts in die Uniklinik nach Kiel gefahren hätte.
»Ich habe gebetet, weil jede Minute zählte. Einem jungen Menschen nicht gleich helfen zu können, das ist ein Alptraum.«
»Und? Wie geht’s ihm?« wollte Sandro wissen.
»Die Leute im Dorf haben sich zusammengetan, damit er mit seinen Eltern in den Ferien nach Tirol fahren konnte. Dort soll die Luft für seine Genesung besser sein.«
»Klasse!« grinste Sandro. »Da war ich Ostern. Mit Tante Bea. Fast hätte sie sich beim Skilaufen die Hax’n gebrochen. Aber ich hab sie beschützt.«
»Wenn du alle Frauen, die du gern hast, beschützen willst, hast du aber viel zu tun«, gestand Kai feixend.
Sandro grinste frech. »Klar, ich bin ja auch kein Hasenfuß.«
Klaudia und Kai wechselten einen Blick. Sandro zeigte sich ja äußerst galant, um Kai zu imponieren!
Nach dem Essen schlug Kai ihm vor, mit ihm im Auto zur Förde zu fahren. Dort liege sein Segelboot bei einem Bootsbauer. Es sei uralt und noch nicht seetüchtig. Ob Sandro trotzdem Lust habe, es zu inspizieren?
Sandro war sofort dazu bereit.
»Dann muß ich den Abwasch wohl allein machen«, seufzte Klaudia gottergeben.
»Haben Sie denn keinen Geschirrspüler?« fragte Sandro empört.
»Nein. Der lohnt nicht. Ich bin Junggeselle«, grinste Kai.
»Sie kann nicht abwaschen«, gab Sandro besorgt von sich. »Sie kann nichts im Haushalt. Wie soll sie das hinkriegen?«
»Letztes Mal hat Klaudia es auch geschafft«, versicherte Kai. »Also, komm.«
»Letztes Mal?« Sandro sah zu Klaudia hinüber. Und da keiner darauf einging, zog er seine eigenen Schlüsse.
Eine halbe Stunde später stand er neben Kai in einem Schuppen und bewunderte das alte Boot. Der Bootsbauer fachsimpelte mit Kai. Plötzlich wurde er von einer Horde von Jungens abgelenkt, die auf das Gelände stürmten und ihn mit Fragen bedrängten. Es ging um ein anderes Boot, das auf Grund gelaufen war, ein Leck hatte und sofort repariert werden sollte.
Der freundliche Mann vertröstete die Jugendlichen. Mit entschuldigendem Lachen kam er zu Kai zurück.
»Das sind die Internatsschüler vom Schloß Rabenhorst. Einige ziehen es vor, in den Ferien dazubleiben, weil sie hier segeln können. Es sind nette Burschen, aber wenn sie was wollen, soll es immer schon gestern passiert sein.«
Dann setzten Kai und er das Fachgespräch fort. Sie bemerkten nicht, daß Sandro an die Tür des Schuppens trat und den Jungens nachsah. Er stand dort in Gedanken versunken, als habe ihm das Schicksal einen Blick in eine andere Welt gestattet, die ihn nun nicht mehr loslassen würde.
»Waren Sie auch in einem Internat?« fragte er Kai auf der Heimfahrt.
»Nein, soviel Geld hatten meine Eltern nicht.«
»Wären Sie gern da gewesen?«
Kai lachte. »Du kannst gern du zu mir sagen, Sandro. Eine Woche mit dir, und wir werden doch Freunde.«
»Sind wir doch schon«, kam es leise zurück.
Kai sah ihn gerührt an. »Dann kann ich ja ehrlich zu dir sein. Ich war auch ohne Internat glücklich in meinem Elternhaus. Aber seit dem mir die Schüler vom Schloß Rabenhorst manchmal begegnen, muß ich gestehen… so ein paar Jahre im Internat wären nicht übel gewesen.«
»Mein Vater war da«, sagte Sandro und blickte dabei stur zur anderen Seite, als dürfe Kai nicht bemerken, wie sehr ihn die Gedanken an den Verstorbenen ihm plötzlich zu schaffen machten. »Er wollte, daß ich auch dahinkomme. Wenn ich dreizehn bin.«
»Und du? Wie stehst du dazu?«
»Ist doch wurscht. Tante Bea läßt mich nicht. Sie ist dann ganz allein. Der Feigling Onkel Detlef läßt sie doch im Stich. Dann kann ich nicht auch noch abhauen.«
»Ja, das wird wohl so sein«, seufzte Kai.
*
Stunden später flackerten drei Kerzen auf dem Gartentisch hinter Kais Haus. Eng an ihn geschmiegt und mit einem dicken Pullover um die Schultern saß Klaudia auf seinem Schoß.
»Woher hast du den Walkman, den du Sandro mit ins Bett gegeben hast?« fragte sie schmunzelnd. »Doch nicht etwa extra für ihn gekauft, nur damit er uns einige Stunden allein gönnt?«
Er schüttelte den Kopf. »Der gehört zu den Geschenken, die die Brädrumer für den Hornissen-Patienten angebracht haben. Noch konnte er die nicht abholen. Für die Ferien kann Sandro ihn benutzen.«
»Du bist ziemlich raffiniert, mein Lieber.«
»Muß ich doch. Wenn ich mich schon wie ein Hasenfuß benehme und nicht wage, dich um deine Hand zu bitten, soll Sandro sich wenigstens beim guten Sound von uns fernhalten.« Er lachte, bis sie ihm die Lippen mit einem Kuß schloß.
»Sandros unverblümte Frage hat dich erschreckt, nicht?«
»Das kannst du wohl sagen. Aber nun verstehe ich dich noch besser. Er ist ein wacher, liebenswürdiger Bursche. Er liebt dich, und du liebst ihn. Er gehört zu dir, auch wenn er es nie zugeben würde. Dazu ist er zu anständig. Und darum kann er auch verstehen, daß eine reiche Witwe und ein armer Arzt nicht zueinander passen.«
Eine Weile versank Klaudia in dumpfem Schweigen. Kais Lippen strichen über ihre Wange.
»Es dauerte lange, bis ich mich damit abfand, nur zwölf Wochenenden pro Jahr mit ihm verbringen zu dürfen«, sprach sie bewußt ein anderes Thema an. »Mir mehr einzugestehen, dazu