Im Sonnenwinkel Staffel 5 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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Bambi war sichtlich verwundert.
»Ist das denn schlimm?«
Für Katja war es ein großer Schrecken. Sie brachte kein Wort mehr hervor, und als sie dann Inge Auerbach gegenüberstand, war ein so hilflos-flehender Blick in ihren Augen, dass Inge mütterlich den Arm um sie legte und sie auf einen Stuhl drückte.
Stella war indessen so wütend geworden, dass das Temperament mit ihr durchging. Und in solchen Augenblicken war mit ihr gar nicht zu spaßen.
Getrieben von der Angst, dass Katja kommen könnte, schleuderte sie Heinz zornige Worte ins Gesicht, und damit war sie nicht wählerisch.
Da kamen zum Glück Fabian und Ricky.
»Nanu! Was ist denn hier los?«, fragte Fabian. »Warum schreist du so, Stella?«
»Wirf diesen Kerl hinaus«, sagte sie wütend. »Sonst kenne ich mich nicht mehr.«
Fabian kannte dafür seine Schwester umso besser.
»Also, Sie haben es gehört«, bemerkte er eisig, und da trat Heinz Roden den Rückzug an.
»Wer ist denn das?«, fragte Ricky.
»Heinz Roden. Herrgott, bin ich froh, dass Katja sich bei Mami so festgeschwatzt hat. Ich rufe drüben gleich mal an, dass sie noch bleibt.«
Das geschah, und nun wusste auch Inge Auerbach Bescheid, denn Katja hatte noch immer nichts erzählt.
»Ruhe, Kind«, sagte Inge zu Katja. »Stella hat ihn hinausgeworfen. Hier wird Ihnen niemand zu nahe treten.«
»Aber er wird keine Ruhe geben. Er wird alles tun, um uns auseinanderzubringen.«
»Na, das wollen wir doch mal sehen«, meinte Inge Auerbach. »Schließlich sind wir auch noch da.«
*
Jan war ohne Unterbrechung die ganze Strecke gefahren. Gegen fünf Uhr nachmittags war er daheim, erschöpft, übermüdet und voller Unruhe.
»Hast du Nachricht von Katja, Lalli?«, war seine erste Frage.
»Stella Auerbach hat angerufen. Sie sagt, es sei alles in Ordnung, aber ich glaube, Katja geht es nicht gut.«
»Ich werde duschen und mich umziehen, dann fahre ich zu ihr.«
»Zuerst wird gegessen!«, erklärte Malwine kategorisch. »Ihr macht euch kaputt, und der andere zigeunert herum.«
Jan ging in sein Zimmer. Auf seinem Schreibtisch lag ein Brief. Er warf einen flüchtigen Blick darauf und erkannte die Handschrift von Heinz.
Er ließ den Brief liegen und ging ins Bad. Aber während er duschte, überlegte er, was Heinz ihm wohl mitzuteilen hatte.
Bevor er sich ankleidete, öffnete er den Umschlag.
Damit Du Dich keinen Illusionen hingibst, stand auf einer Karte. Sonst nichts.
Das Blut erstarrte in Jans Adern, als er den Briefbogen auseinanderfaltete.
Immer Deine Katja, war das Erste, was er las.
Er sank schwer in seinen Schreibtischsessel.
Mein lieber Heinz, ich vermisse Dich so sehr. Warum hast Du nicht geschrieben? Weißt Du nicht, dass ich mir Sorgen mache, wenn ich keine Nachricht von Dir bekomme? Ich bin schon zwei Wochen in Montreal. Du hast gesagt, Du würdest kommen. Und nun warte ich. Ist etwas geschehen? Geht es Onkel Sebastian nicht gut? Auch um ihn mache ich mir Sorgen. Bitte, komm doch endlich, oder ruf wenigstens einmal an. Immer Deine Katja.
Immer Deine Katja!
Diese drei Worte bohrten sich förmlich in ihn hinein. Er war unfähig, sich zu rühren.
»Was ist jetzt mit dem Essen?«, fragte Malwine von der Tür her.
»Ich habe keinen Hunger«, erwiderte er tonlos.
»Herrschaft, was ist denn jetzt wieder passiert!«, brummte sie.
»Lass mich bitte allein!«, sagte Jan.
Immer deine Katja, immer deine Katja, dröhnte es in seinen Ohren. Und ihn, Jan, hatte sie geheiratet!
Er starrte auf den Brief. Die Buchstaben tanzten vor seinen Augen. Er nahm ihn und zerknüllte ihn. Er wollte ihn von sich schleudern. Dann besann er sich anders, strich ihn glatt und faltete ihn zusammen.
Mechanisch kleidete er sich an, ohne recht zu wissen, was er tat. Dann klopfte es, und Malwine erschien wieder.
»Die mondäne Person ist wieder da«, sagte sie.
»Wer?«
»Die Zukünftige von Heinz. Sie war schon mal da und wollte mich aushorchen. Sie lässt sich nicht abweisen. Die hat ein dickes Fell.«
Die Zukünftige von Heinz? Warum hatte er ihm dann diesen Brief hingelegt? Um zu beweisen, dass Katja erst ihm gehört hatte?
Liliane war konsterniert, als Jan eintrat. Sie hatte sich ihn ganz anders vorgestellt, unbedeutend, verknöchert. So hatte Heinz ihn geschildert. Sie war unvorbereitet, einen höchst interessanten Mann kennenzulernen, dass sie ihr ganzes Konzept vergessen hatte.
»Ich weiß nicht, wie ich beginnen soll«, äußerte sie stockend.
»Sie wollen meinen Bruder heiraten«, sagte Jan.
»Eigentlich …, ich weiß nicht so recht …, ich glaube eher, dass er nicht mehr die Absicht hat«, kam es überstürzt über ihre Lippen. Aber sie konnte die Verzweiflung nicht so heucheln, wie Heinz es sich wünschte, weil sie spürte, dass Jan seinem Bruder haushoch überlegen war, wenn er jetzt auch sehr niedergeschlagen wirkte.
Merkwürdig, dachte Jan, was will sie denn?
»Es tut mir wirklich leid, Herr Roden«, fuhr Liliane fort, »aber ich muss wohl fürchten, dass Ihre Frau ein doppeltes Spiel treibt.« Das hatte sie nun wenigstens gesagt.
»Sind Sie nur gekommen, um mir dies mitzuteilen?«, fragte er beherrscht. »Woher nehmen Sie Ihre Kenntnisse?«
Sie kannte ihn nicht. Sie wusste nicht, wie gut er sich beherrschen konnte und wie wenig er bereit war, sein Inneres preiszugeben.
Sie verlor den Boden unter den Füßen.
»Heinz ist mit Ihrer Frau durchgebrannt!«, stieß sie hervor. »Er hat mich sitzenlassen!«
»Da kann ich Ihnen leider auch nicht helfen«, erklärte Jan kalt. »Die Angelegenheiten meines Bruders interessieren mich nicht.«
»Aber es geht doch auch um Ihre Frau«, sagte Liliane irritiert.
»Meine Angelegenheiten pflege ich selbst zu regeln«, entgegnete er. »Wie lange kennen Sie meinen Bruder?«
Er wusste selbst