Gesammelte Gedichte von Rainer Maria Rilke. Rainer Maria Rilke

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Gesammelte Gedichte von Rainer Maria Rilke - Rainer Maria  Rilke

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du hast es einmal erlebt, ich weiß:

       Der Tag ermattete in armen Gassen,

       und seine Liebe wurde zweifelnd leis -

       Dann ist ein Abschiednehmen rings im Kreis:

       es schenken sich die müden Mauermassen

       die letzten Fensterblicke, hell und heiß,

       bis sich die Dinge nicht mehr unterscheiden.

       Und halb im Traume hauchen sie sich zu:

       Wie wir uns alle heimlich verkleiden,

       in graue Seiden

       alle uns kleiden, -

       wer von uns beiden

       bist jetzt du?

      Wenn die Uhren so nah wie eigenen Herzen schlagen

       Inhaltsverzeichnis

      Wenn die Uhren so nah

       wie eigenen Herzen schlagen,

       und die Dinge mit zagen

       Stimmen sich fragen:

       Bist du da? - :

       Dann bin ich nicht der, der am Morgen erwacht,

       einen Namen schenkt mir die Nacht,

       den keiner, den ich am Tage sprach,

       ohne tiefes Fürchten erführe -

       Jede Türe

       in mir gibt nach...

       Und da weiß ich, dass nicht vergeht,

       keine Geste und kein Gebet

       (dazu sind die Dinge zu schwer) -

       meine ganze Kindheit steht

       immer im mich her.

       Niemals bin ich allein.

       Viele, die vor mir lebten

       und fort von mir strebten,

       webten,

       webten

       an meinem Sein.

       Und setz ich mich zu dir her

       und sage dir leise: Ich litt -

       hörst du?

       Wer weiß wer

       murmelt es mit.

      Ich weiß es im Traum, und der Traum hat recht

       Inhaltsverzeichnis

      Ich weiß es im Traum,

       und der Traum hat recht:

       Ich brauche Raum

       wie ein ganzes Geschlecht.

       Mich hat nicht Eine Mutter geboren.

       Tausend Mütter haben

       an den kränklichen Knaben

       die tausend Leben verloren,

       die sie ihm gaben.

      Fürchte dich nicht, sind die Astern auch alt

       Inhaltsverzeichnis

      Fürchte dich nicht, sind die Astern auch alt,

       streut der Sturm auch den welkenden Wald

       in den Gleichmut des Sees, -

       die Schönheit wächst aus der engen Gestalt;

       sie wurde reif, und mit milder Gewalt

       zerbricht sie das alte Gefäß.

       Sie kommt aus den Bäumen

       in mich und in dich,

       nicht um zu ruhn;

       der Sommer ward ihr zu feierlich.

       Aus vollen Früchten flüchtet sie sich

       und steigt aus betäubenden Träumen

       arm ins tägliche Tun.

      Du darfst nicht warten, bis Gott zu dir geht

       Inhaltsverzeichnis

      Du darfst nicht warten, bis Gott zu dir geht

       und sagt: Ich bin.

       Ein Gott, der seine Stärke eingesteht,

       hat keinen Sinn.

       Da musst du wissen, dass dich Gott durchweht

       seit Anbeginn,

       und wenn dein Herz dir glüht und nichts verrät,

       dann schafft er drin.

      Das Marien-Leben

       Inhaltsverzeichnis

       (zalän endothen echoon – Übers.: Sturm in sich tragend) Heinrich Vogeler dankbar für alten und neuen Anlaß zu diesen Versen Duino, Januar 1912

      

       GEBURT MARIAE

       DIE DARSTELLUNG MARIAE IM TEMPEL

       MARIAE VERKÜNDIGUNG

       MARIAE HEIMSUCHUNG

      

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