Kult-Krimis: 26 Romane & Detektivgeschichten. Friedrich Glauser

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Kult-Krimis: 26 Romane & Detektivgeschichten - Friedrich  Glauser

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ganz schön, jetzt, wo der Herbst begann.

      Und das verwüstete Büro hatte keine verbrecherische Bedeutung; das Verschwinden des Patienten Pieterlen war ein Zufall, und es bestand kein ›Konnex‹, um mit Dr. Laduner zu reden, von ›Imponderabilien‹ ganz zu schweigen.

      Vielleicht war man vom kantonalen Polizeidirektor ganz umsonst zu nachtschlafender Zeit aus dem Bett geschellt worden. Blieb immerhin die merkwürdige Forderung Dr. Laduners, die Forderung, »behördlich gedeckt zu werden…«

      Da konnte vielleicht etwas dahinterstecken. Besonders, wenn man berücksichtigte, daß der berüchtigte Oberst Caplaun noch in die Geschichte hineinspielte. Sein Sohn… Angstneurose… Gut und recht. Aber gebrannte Kinder scheuen das Feuer, und Wachtmeister Studer scheute den Obersten Caplaun…

      ›Hulligerschrift!‹ dachte er. ›Das Meitschi ist noch nicht lange aus der Schule.‹ – Und Studer lächelte ein wenig einfältig, weil er sich den alten Direktor Borstli in Pelerine und schwarzem, breitrandigem Hut vorstellte, Arm in Arm mit einem Mädchen. Der junge Totsch blickte voll Verehrung zu dem Manne auf, der ihm etwas ganz Großes schien, und träumte sicher davon, in nächster Zeit Frau Direktor zu werden…

      Dr. Laduner würde einen auf die ›große Visite‹ mitnehmen wollen. Wahrscheinlich. Dann traf man wohl den Abteiliger Jutzeler und konnte ihn fragen, wie die Stimme am Telephon geklungen hatte… Man konnte den Nachtwärter Bohnenblust ins Kreuzverhör nehmen und herausbringen, auf welche Art der Patient Pieterlen entwichen war. Dann war alles im Blei, man konnte beruhigten Gemütes zusammen mit dem Dr. Laduner nach Bern zurückfahren, heim in die Wohnung auf dem Kirchenfeld…

      Studer zog noch einmal sein Notizbuch, versorgte die blaue Karte mit der Hulligerschrift darin und begann dann, leise und mit viel künstlerischem Empfinden, das Lied vom Brienzer Buurli zu pfeifen. Er pfiff den Beginn der zweiten Strophe, als er aus der Tür des Kasinos trat, aber dann unterbrach er sein Pfeifen…

      Denn ein sonderbares Gefährt fuhr vorbei. Ein Zweiräderkarren, eine Benne, und zwischen den Stangen tanzte ein Mann. Am anderen Ende der Benne aber war eine lange Kette befestigt, mit vier Querhölzern. Jedes dieser Querhölzer wurde von zwei Mannen gehalten, so daß also acht Mann an der Kette die zweirädrige Benne zogen. Neben dem sonderbaren Gefährt schritt ein Mann in blauem Überkleid. Er grüßte lächelnd, rief: »Ahalten! Ahalten han i gseit!« Der Mann zwischen den Stangen hörte auf zu tanzen, die acht Mann an der Kette standen still. Studer fragte mit einer Stimme, die vor Verwunderung ganz heiser war:

      »Was isch denn das?«

      »Der Randlinger Blitzzug!« lachte der Mann. Und erklärte dann zutraulich, das gehöre zur Arbeitstherapie, das sei, damit die Patienten mehr Bewegung hätten… Natürlich, nur die ganz Verblödeten brauche man dazu. Aber sie seien dann viel ruhiger… Und adjö woll!

      »Hü, mitenand!« rief er. Und gehorsam fuhr der Blitzzug davon… Arbeitstherapie!… dachte Studer und konnte nicht aufhören mit Kopfschütteln. Heilung durch Arbeit!… Bei den Zugtieren war doch nichts mehr zu heilen!… Aber: Man war ja nicht Psychiater, sondern nur ein einfacher Fahnderwachtmeister… Gott sei Dank, übrigens…

      Die weiße Eminenz

       Inhaltsverzeichnis

      Die Türe neben dem Direktionsbüro flog auf, prallte gegen die Holzfüllung, und dann erfüllte dumpfes Stimmengemurmel die Parterrehalle des Mittelbaues. Aus dem Gemurmel sonderte sich eine quäkende und hüpfende Stimme ab, die sagte:

      »Wi isch daas, Herr Doktr, sött me-n-ächt d'Lumbalpunktionsgrät zwäg mache?«

      Dann die Stimme Laduners:

      »Für den Schmocker, meinet Sie? Mynetwegen.« Komisches Schweizerdeutsch, sprach der Mann. Studer ging näher und prallte fast mit Dr. Laduner zusammen, der einen weißen Mantel trug, Brust gewölbt, und immer noch stand die braune Haarsträhne ab wie der Federschmuck vom Kopfe eines Reihers. »Ah, Studer, da sind Sie ja. Gut, daß ich Sie noch treffe… Sie kommen natürlich mit auf die Visite. Ich werd' Sie schnell vorstellen, und dann können wir losgehen…«

      Vier Gestalten in weißen Mänteln standen hinter ihm, Laduner trat beiseite.

      »Wachtmeister Studer, der den Detektiv in unserer Ausbruchskomödie spielen wird. – Dr. Blumenstein, vierter Arzt, weitläufig verwandt mit unserem vermißten Direktor… Sehr erfreut – gleichfalls. Ihr könnt beide schweigen, ich spreche für alle…« Dr. Laduner war sichtlich aufgeregt. Blumenstein hieß also der Schwager des Herrn Direktor. Studer sah ihn an: mindestens zwei Meter hoch, ein rosiges Babygesicht und Hände! Das waren keine Hände mehr, das waren kleinere Tennisrackets! Verheiratet war der Blumenstein, soso… Sah nicht danach aus. Ähnelte ein wenig jenen Riesenkindern, die man auf Jahrmärkten sehen kann.

      »Einen Moment!« sagte Dr. Laduner. »Stellt euch einander selbst vor, oder Blumenstein, besorgen Sie das…«

      Und fort war Dr. Laduner, die Treppe hinauf…

      ›Er muß mit dem Herbert Caplaun sprechen, mit dem Angstneurotiker, wie er sagt, wenn man nur zuhören könnte, was die beiden zu verhandeln haben…‹ dachte Studer und horchte nur zerstreut auf die Namen, die ihm genannt wurden. Der zweite Weißkittel war offenbar ein Welscher, denn er sagte »Enchanté, inspecteur!«, und dann, die zwei andern in weißen Mänteln, das waren ja, my Gotts tüüri, Frauenzimmer! Studer wurde förmlich und kalt. Er hatte eine ausgesprochene Antipathie gegen berufstätige Frauen. Die beiden waren auch nicht weiter interessant. Eher farblos. Trugen grobe Halbschuhe mit Gummisohlen und Baumwollstrümpfe über ziemlich dürren Waden.

      Man stand herum und wartete. Man hatte jemanden außer acht gelassen, und dieser Jemand stellte sich jetzt selber vor. Es war der Besitzer der Stimme, die vom »Lumbalpunktionsgrät« gesprochen hatte.

      »Ah, das isch also dr Herr Wachtmeistr Studer, freut mi sehr, i bi dr Oberpflägr Weyrauch…«

      Er hatte ein rotes Gesicht, und lustige Äderchen platzten auf seinen Wangen. Er trug eine Hornbrille, und hinter ihren Gläsern versteckte er kleine, kluge Schweinsäuglein; eine weiße Kutte stand über einem ebenfalls weißen Schurz offen, und der Bauch wölbte sich, wölbte sich so majestätisch, daß er den Schurz straff spannte, und die Uhrkette, die die Weste zieren mußte, zeichnete sich durch den Stoff als Relief ab.

      Studer holte mit todernster Miene sein Notizbuch hervor, schrieb mit seiner winziger Schrift…

      »Eh, was schrybet dr jitz, Herr Wachtmeischter?«

      »Euere Name…«

      »So chumm i einisch do no in die Annalen vo dr Polizei…« sagte der Oberpfleger Weyrauch und lachte lange. Dann mußte er husten.

      »Kostbar ist unsere Oberpfleger, unsere Weyrauch…« sagte der Welsche. Er hatte einen sehr weißen Scheitel, der seine schwarzen Haare in der Mitte teilte, und darunter ein kleines, bleiches Gesicht. Er erinnerte an ein Wiesel…

      »Schrybet dr Herr Dokter Neuville au grad uuf…« sagte Weyrauch. Und Studer folgte dem Ratschlag.

      ›Oberpfleger Weyrauch. Blumenstein, IV. Arzt, Schwager des Direktors.

      Neuville, Assistent… ‹

      Wenn das so weiter ging, mußte er ein neues Büchlein

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