Gesammelte Werke von Sacher-Masoch. Леопольд фон Захер-Мазох
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Potemkin stampfte zornig mit dem Fuße, als man ihm die Ankunft desselben meldete, denn er war keinen Augenblick darüber im Zweifel, daß die Mission des Fürsten Stillstand in seinen Unternehmungen zu bedeuten hatte und ein Werk seiner Gegner am Hofe sei, vorzüglich der Woronzow, mit denen Besborodko eng liirt war, aber der übermütige Taurier wußte eben so gut, daß der Fürst ein Liebling der Kaiserin sei und daß es in diesem Falle zuvorkommend und fein zu sein galt, er empfing daher den Staatssekretär mit ostensibler Liebenswürdigkeit.
»Mein lieber Besborodko,« rief er, ihn bei den Händen fassend, »was führt Sie zu uns, Sie, die Friedenstaube, hier, wo die Kanonen das große Wort haben?«
»Leider, leider, Exzellenz,« erwiderte Besborodko, »sehe ich mich hier, wo die Kaiserin vor Kurzem noch durch Werke des Friedens bezaubert wurde, in ein Heerlager versetzt, ohne daß ich ahnen könnte, welche Absichten Sie mit diesen Märschen und Rüstungen verbinden.«
»Sollten Sie, der gewiegte, gefeierte Diplomat wirklich nicht erraten, daß das, was Sie hier zu sehen bekommen, das Vorspiel eines Krieges ist?« sprach Potemkin mit einem spöttischen Lächeln.
»Ich denke, wir leben mit allen Mächten Europa’s im besten Frieden,« entgegnete Besborodko.
»Gewiß,« rief Potemkin, »meine Vorbereitungen gelten auch nur einer Macht, die nach Asien gehört und die wir hoffentlich in Kurzem dorthin gejagt haben werden.«
»Ihr alter Lieblingsgedanke,« gab der Staatssekretär zur Antwort. »Die Türken aus Europa vertreiben, welches Russenherz müßte sich nicht dafür begeistern, aber wir können nicht immer so handeln, wie wir wollen, es giebt Staaten ersten Ranges, welche ein Interesse haben, die Türkei zu erhalten. Was Sie hier begonnen haben, Excellenz, ist ein gefährliches Spiel, ich komme, Sie abzumahnen, es könnte unabsehbare Folgen haben für uns und auch für Sie.« »Sprechen Sie im Namen der Kaiserin?«
»Allerdings,« fuhr Besborodko fort, »Ihre Majestät hat Ihnen die Truppen gesendet, welche Sie gewünscht haben. Ein kaiserliches Handschreiben, welches ich überbringe, giebt ihnen den Oberbefehl über die Armee und unumschränkte Gewalt in jeder Richtung für den Fall des Krieges.«
Potemkin griff hastig mit unverhohlener Freude nach dem Handschreiben, das ihm der Staatssekretär übergab.
»Ich wiederhole ausdrücklich,« sagte dieser, »für den Fall des Krieges, aber es wird zu keinem Kriege kommen.«
»Lassen Sie mich nur sorgen,« fiel Potemkin ein.
»Wir haben im Gegenteil dafür gesorgt, daß der Friede erhalten bleibt,« sagte Besborodko. »Die Kaiserin hofft auf diesem Wege mehr zu erreichen, als durch siegreiche Schlachten. Das französische Ministerium hat an seinen Botschafter Choiseul in Konstantinopel einen Courier abgesendet mit der Mission, den Divan zu besänftigen.«
»Den Divan zu besänftigen,« brach Potemkin los, »als wenn wir Ursache hätten, seinen Zorn zu fürchten. O! Wankelmut des Weibes, wie groß dachte diese Katharina vor Kurzem noch, wie kühn war ihre Sprache, und jetzt ist ihre einzige Sorge, den Divan zu besänftigen.«
Besborodko verzog keine Miene. »Mein Auftrag geht auch dahin, daß Sie so lange als nur möglich jeden Zusammenstoß mit den Türken zu vermeiden haben.«
»Also kurz und gut, wir werden den Türken den Krieg nicht erklären?«
»Nein.«
Potemkin ging mit großen Schritten auf und ab.
»Man bedauert in Petersburg allerdings, daß einem so ausgezeichneten Feldherrn neuerdings die Gelegenheit entgeht, einen Sieg zu erfechten,« fügte der Staatssekretär jetzt mit vernichtender Bosheit hinzu. Potemkin sah ihn einen Augenblick starr an, dann trat er ganz nahe zu ihm hin und schlug ihn derb auf die Schulter.
»Sie spielen auf das Band des Georgsordens an,« sagte er mit kalter Ruhe, »das mir fehlt, und das ein Feldherr nur nach einem entscheidenden Siege erhalten kann. Verlassen Sie sich darauf, Fürst, und vergessen Sie nicht, es ihren Freunden in Petersburg zu sagen, ich werde mit den Türken Krieg führen, nur weil mir das Band des Georgsordens fehlt, und werde sie so schlagen, daß es keinen Menschen in Rußland geben wird, der es mir nicht zuerkennen würde. Adieu!«
Ohne sich um die Befehle der Kaiserin zu kümmern, setzte Potemkin seine militärischen Vorbereitungen fort und begann, zum Entsetzen des Staatssekretärs, der Miene machte, an seiner Seite zu bleiben, seine Truppen gegen die türkische Grenze vorzuschieben. Schon war Potemkin in Petersburg als Rebell bezeichnet, aber das Glück liebte ihn wie Wenige und auch diesmal kam es ihm zu Hülfe.
Während in seinem Paläste die schönen abenteuerlichen Frauen, welche die Kriegstrompete herbeigelockt hatte, und ein Teil seiner Offiziere beim Spiele versammelt waren, erschien Besborodko totenbleich, eine Depesche in der Hand. »Sie haben Recht behalten,« sprach er mit bebender Stimme, »der an Choiseul abgesendete Courier ist unterwegs von den Türken ermordet worden, und die Pforte hat uns den Krieg erklärt!«
»Hurrah!« rief Potemkin, »Champagner her, wir haben Krieg, Kinder; auf Wiedersehen, Besborodko, heute übers Jahr in Konstantinopel!«
»Meine Mission ist zu Ende,« sagte der Staatssekretär, »die Ihre beginnt.«
»Reisen Sie mit Gott,« erwiderte Potemkin, »und sagen Sie Denen in Petersburg, daß sie bald von mir hören werden.«
Während im Palaste die Champagnergläser an einander klangen, und der Jubel sich durch die Stadt in das Lager fortpflanzte, wo einmalhundertfünfzigtausend Mann unter wildem Hurrahrufen ihre Hüte mit Eichenlaub schmückten, hatte Potemkin sofort nach dem General Suwarow geschickt, dem Mann, der sein Vertrauen besaß, wie kein anderer.
Als Suwarow eintrat, saß Potemkin vor einem Tische, auf dem er seine Karte ausgebreitet hatte, mit ihm zugleich blickte seine Nichte, die Gräfin Branizka, ihre schönen Arme auf seine Schultern gestützt, in dieselbe; hinter dem Tische stand ein türkisches Ruhebett, auf dem zwei Frauen von blendender Schönheit, zärtlich umschlungen, das Haar von Juwelen funkelnd, die langen offenen Roben von persischem, golddurchwirktem Stoffe mit kostbarem Pelzwerk besetzt, gleich Sultaninnen lagen. Ihnen zu Häupten stand im grünsamtenen Reitkleide eine junge Frau, hoch und üppig gewachsen, mit reichem blonden Haare und jenem Blick, der Tiere bändigt und Menschen unterwirft; sie neckte die beiden Schönen auf der Ottomane mit einer Reitgerte, welche sie in der Hand hielt, und so gab es ringsum Geschrei und Gekicher, bis der schmächtige magere Mann mit dem fahlen kränklichen Gesichte in einer verschossenen Uniform seines Regiments an den Tisch trat und seine Hand nachlässig auf denselben stützte. Sofort herrschte tiefe Stille.
»Gut, daß Sie da sind, General,« rief Potemkin, ihm die Hand reichend. »Wir haben Krieg, wie Sie wissen, es gilt rasch vorzugehen, ich habe meinen Plan fertig, nun möchte ich aber ihre Meinung haben.«
Suwarow warf einen Blick auf die schönen Frauen, welche ihn neugierig musterten, er kannte die Gräfin Branizka und die beiden Favoritinnen Potemkin’s auf der Ottomane, von denen die eine, mit dem blauschwarzen Haare und dem edlen Antlitz einer Aspasia, eine Griechin Zeneide Kolokotonis, die zweite mit dem reizenden Stumpfnäschen eine Tochter des durch seine schönen Frauen berühmten Hauses Potozki war. Die Amazone im grünen Samtkleide kannte er nicht, aber sie schien Eindruck auf ihn zu machen, denn sein Auge weilte um Vieles länger bei ihr als sonst bei irgend einer Frau.
»Ich