Reisen im Kongogebiet. Richard Buttner

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Reisen im Kongogebiet - Richard  Buttner Edition Erdmann

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und eine Mauserjägerbüchse, ein paar Revolver und Jagdflinten, sowie endlich ein Dutzend Zündnadelgewehre, die das Kriegsministerium in der Heimat uns überlassen hatte.

      Am Morgen des 13. Dezember lagen die ausgewählten fünfzig Lasten im Missionshofe von Tondoa bereit, auf die sich sofort die Träger, als sie von Malewo gerufen wurden, im wildesten Ungestüm stürzten, indem ein jeder eine möglichst leichte und in der Form ihm zusagende zu erringen suchte. Es entstand eine solche Unordnung, es erhob sich ein so wüster Lärm und ein so heftiges Streiten, daß uns Neulingen, denen die Kenntnis der Sprache und der Gewohnheiten der Eingeborenen noch völlig mangelten, nicht wußten, wo und wie zu beginnen, um Ordnung in dies Chaos zu bringen. Mit Hilfe von Mr. Hughes gelang es indessen sehr bald, dem einzelnen Mann die passende Last zuzuweisen, dem stärkeren die schwerere, dem schwächeren die leichtere, und zumeist begnügten sich die Leute unter Lachen und Gejohle mit der neuen Anordnung der Dinge. Nur bei wenigen war ein bestimmt gegebener Befehl oder eine Warnung oder auch einige zanga, das heißt Perlenschnüre erforderlich, um sie mit der ihnen zugefallenen Last zu versöhnen, die sie dann sofort in ihre Muteten schnürten. Die Muteten sind lange, auf Kopf und Schultern getragene Körbe, die aus je zwei Blättern der Ölpalme gefertigt werden, indem die Federn der nebeneinander gelegten Blätter nach oben gerichtet verflochten werden, während die Blattstiele weit nach vorn hervorragen, vermittelst deren der Lastkorb durch die Hand des Trägers unterstützt und bei einem Halt, an einen Baum gelehnt, aufgestellt wird.

      Nach der Verteilung der Lasten erhielt ein jeder der Träger, gemäß der von der Mission befolgten Gewohnheit, hundert Ganhetaperlen für den Einkauf von Proviant auf dem Marsch. Diese Ganhetas sind mit bunten Strichen verzierte weiße Porzellanperlen, von denen zwei Schnüre, das heißt zwanzig Perlen, völlig genügen, um die täglichen Bedürfnisse eines Mannes an Nahrung zu decken. Diese Nahrung besteht dann allerdings nur aus Vegetabilien, aus Maniokwurzeln oder Maniokbrot, Planten oder Erdnüssen, seltener aus Bohnen oder Mais. Aber diese Nahrung ist für die Eingeborenen, selbst für die schwere Arbeit verrichtenden Träger, genügend. Fleischnahrung – dann zumeist mit Palmöl zubereitet – ist dem Kongomann gewiß äußerst selten ein täglicher Genuß, oft kommt sie nur bei größeren Festlichkeiten wie z.B. Begräbnissen zur Anwendung. In der Tat ist der Viehbestand der Bewohner des Kongolandes ein äußerst geringer, in einem Dorfe findet man stets nur wenige Schweine und Ziegen, nur selten langhaarige Schafe, fast nie Rindvieh, dagegen immer und ziemlich zahlreich Hühner. – Die sich für den Dienst in den Faktoreien verdingenden Küstenleute, wie Kruboys, Cabindas und Loangos sind nicht mehr ganz so bedürfnislos, sie fordern in der Woche ein- oder zweimal Fleisch, das dort gewöhnlich in Form von stinkendem Mossamedesfisch11 gegeben wird. Auch unseren Loangoleuten war allwöchentlich Fleisch zugesichert, dessen Beschaffung im Innern nicht immer gelingt und recht kostspielig ist.

      Der gewöhnlich von den Missionaren und den Kaufleuten für den Transport vom Strom nach San Salvador pro Last (60 bis 70 Pfund) gezahlte Lohn beträgt zwei Gewehre, wo das Gewehr eine Werteinheit, die fast immer auf Stoffe bezogen wird, darstellt. Diese Stoffe kommen (zumeist aus England) in Stücken von verschiedener Länge und Qualität, oft in Taschentuchmustern, in Handel. Da aber die bessere Qualität bei den gebräuchlichen Zeugen nur in kürzeren Stücken geliefert wird, so stellt im allgemeinen ein halbes Stück die Werteinheit des Gewehres vor, das am Strom selbst für den Reisenden, der die Zeuge fast immer von den Handelshäusern beziehen muß, etwa drei oder vier Mark, in San Salvador fünf Mark bedeutet.

      Natürlich hatten unsere Träger die Neulinge in uns erkannt und so traten sie – als wir sie für den Abmarsch bereit hielten – auf einmal mit der Forderung einer Vorauszahlung des Lohnes und zwar in Gestalt von drei Gewehren pro Mann hervor. Wir lehnten diese Forderung ab, da sie den Gebräuchen nicht entspreche, worauf die Leute nach kurzer Beratung die Lasten niederlegten und erklärten, unter diesen Verhältnissen überhaupt nicht willens zu sein, die Lasten nach San Salvador zu tragen, sondern lieber leer dorthin zurückkehren würden. Als sie sämtlich den Missionshof verließen und hinter dem nächsten Berge verschwanden, glaubten wir die Abreise auf unabsehbare Zeit verschoben, doch beruhigte uns Mr. Hughes mit der Versicherung, daß die Träger, deren Manipulationen er nur zu gut kenne, bald wieder zur Stelle und dann bereit sein würden, unter den alten Bedingungen die Lasten aufzunehmen. In der Tat stellten sie sich nach etwa zwei Stunden wieder ein, und, nachdem ein jeder seine Last genommen, setzte sich die Karawane mit verhältnismäßig geringer Lärmentfaltung in Bewegung.

      Da die Träger gewöhnt sind allein zu gehen und wir unsere persönlichen Gepäckstücke und diejenigen Sachen, die wir auf dem Marsche nötig hatten, auf unsere Loangos verteilen konnten, so brachen wir selbst erst einige Stunden nach dem Abgang der Kongoleute auf. Nach dankbarem Abschied von Mr. Hughes bestiegen wir nachmittags zwei Uhr das Boot, welches uns nach Ango-Ango führte, wo wir die Loangos wiedertrafen, die den Weg auf den Uferbergen genommen hatten. Noch ein letztes Händeschütteln mit den drei zurückbleibenden Herren der Expedition und den Angestellten des holländischen Hauses, und gegen drei Uhr begannen wir den Aufstieg zu den hohen Bergen, unmittelbar an deren Fuß die Faktorei gelegen ist: Premierleutnant Schulze, ich selbst, David Kornelius, Pansu, Malewo und sechzehn Loangoboys unter ihrem Headman Manuel.

      Noch hatten wir nicht die Höhe erreicht, als es zu regnen begann, doch gab es einen als Tropenregen nur mäßigen und kurzdauernden Niederschlag, so daß die bald wieder hervorkommende Sonne uns lange vor Ankunft in dem als Lagerdorf in Aussicht genommenen Wonda nicht nur getrocknet, sondern auch reichlich in Schweiß gesetzt hatte, denn unser Pfad führte bergauf und bergab. An einigen Stellen konnte man den Aufbau der großartigen Berglandschaft aus Tonschiefergestein erkennen, doch ist dasselbe oberflächlich überall in den gelben oder rötlichen Laterit umgewandelt und mit ungezählten Mengen von rundlichen und großlöcherigen Brauneisensteinknollen jeglicher Größe, sowie scharfkantigen Quarzbruchstücken verschiedener Farbe bedeckt. Die Vegetation war, wie am ganzen unteren Kongo, gebildet durch tristes Kampinengras12, stellenweise unterbrochen durch Krüppelgesträuch (vor allem Anona senegalensis, aber auch manche Arten von Parinarium, Vitex, Münteria etc.), einzelne Palmen, Baumwoll- und Affenbrotbäume. Mehrere kleine Wasserläufe passierend – über die Pansus und Manuels breite Rücken und Schultern als Beförderungsmittel dienten – eilten wir ohne Aufenthalt in südöstlicher Richtung vorwärts, doch war die Sonne schon einige Zeit untergegangen und die Dunkelheit hatte sich eingestellt, als wir unser Lagerdorf erreichten, wo uns Pansu zu der Hütte führte, in der durchreisende Weiße gewöhnlich zu übernachten pflegten.

      In Anbetracht der Neuheit und Ungewohntheit der Verhältnisse wird man sich nicht allzusehr wundern, wenn ich gestehe, daß wir am Abend des ersten Marschtages herzlich schlecht gegessen und in der Nacht noch schlechter geschlafen haben, da wir in der unverantwortlichen Hoffnung, daß es hier keine Moskitos gebe, sogar versäumt hatten, die Vorhänge über unseren Reisebetten anzubringen.

      Einige Eier und eine Tasse Tee bildeten am frühen Morgen des 14. Dezember unseren Imbiß, nach dessen Einnahme der Marsch fortgesetzt wurde und zwar über ein Terrain, das dem am vorigen Tage durchmessenen in allem glich: in den steinbedeckten Lateritbergen, den tiefen Wasserrinnen und der Einförmigkeit und Öde der Vegetation – und so ist es auch mit ganz wenigen Ausnahmen bis San Salvador und auch später immer geblieben. Indessen passierten wir einige armselige Dörfer, in deren einem, am Rande eines bescheidenen Wässerchens, wir zur Mittagszeit einige Stunden rasteten. Am Nachmittag durchschritten wir den Bumi und Pambu und waren erstaunt – während die Wasser bisher stets nach Norden ihren Weg genommen hatten – dieselben nach Süden abfließen zu sehen. Offenbar gehören sie nicht mehr zum Stromsystem des Kongo.

      In Tomboku, einem aus mehreren ziemlich weit voneinander entfernt liegenden Teilen bestehenden größeren Dorfe, machten wir Halt. Der Teil des Dorfes, in dem wir übernachteten, war der höchstgelegene und man hatte am Eintritt in das Palmenwäldchen, unter dem die Eingeborenen ihre Hütten errichtet haben, eine weite Aussicht auf das Gewirr von ungezählten Bergkegeln, die man vergeblich in ein System zu bringen sucht. Durch Pansus oder Malewos Vermittlung erhielten wir für einen etwas hohen Preis eine junge Ziege, sowie mehrere Hühner zu Kauf, für deren Zubereitung ich

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