Reisen im Kongogebiet. Richard Buttner

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Reisen im Kongogebiet - Richard  Buttner Edition Erdmann

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Stücke von Rindvieh, die überdies sämtlich von Süden her eingeführt sein dürften.

      Nach etwa zehnstündiger Fahrt langten wir in Boma an, dem jetzigen Hauptplatz des Staates. Die Fahrt von Banana bis Boma bietet des Interessanten nur herzlich wenig; zumeist kommt nicht einmal die Größe des gewaltigen Stromes zur Geltung, da zahlreiche Inseln, zwischen denen man wie in Kanälen dahinfährt, die Breite desselben durchsetzen und das Ufer nur zuweilen als ferne Bergkette sichtbar wird. Die Inseln sind niedrig und zum Teil hübsch bewaldet, auf einigen derselben finden sich Niederlassungen der in Banana etablierten Häuser. Ein anmutiges Bild gewährt Ponta da Lenha mit seinen Faktoreien, indem die einförmige Mangroven- und Buschvegetation durch Palmen, Orangen, Mangopflaumen, selbst Laubengänge der herrlichen Marakuja unterbrochen wird. Dann schwindet das Ufergebüsch und man blickt auf die mit hohem Gras bestandene Kampine, aus der sich vereinzelt Buschwerk und Ölpalmen erheben. Der Fetischfelsen und auf den Hügelrändern zerstreute Felsblöcke lassen groteskere Uferbildungen ahnen, doch die Fahrt findet für heute ihr Ende vor den in lange Reihe sich erstreckenden Faktoreien von Boma, deren weiße Dächer schon seit fast zwei Stunden dem bewaffneten Auge sichtbar waren.

      Auch in Boma zeichnet sich die Faktorei der Afrikanischen Handelsgennootschap vor den Niederlassungen der anderen Firmen durch sehr bemerkbare Gediegenheit der Ausstattung aus, wie auch die Angestellten des holländischen Hauses diejenigen anderer Nationalität, besonders aber die Portugiesen, in jeder Beziehung weit überragen. Wir fanden für die Nacht bei dem liebenswürdigen holländischen Faktoreichef gastfreie Aufnahme, für die wir indessen an dieser Stelle das Vergnügen hatten, uns dankbar zu erweisen, hatte uns doch Herr Dr. Zintgraff (der sich zur damaligen Zeit im Hause der Assoziation aufhielt, Dr. Chavannes Rückkehr von Europa erwartend, um sodann die Aufnahmen am unteren Kongo fortzusetzen) bei unserer Ankunft durch Übersendung von fünfzig Flaschen Pschorrbier erfreut, die ein bayrischer Kapitän der Association internationale unserer Expedition zum Geschenk gemacht hatte.

      In Boma besuchte ich wiederum die Station der Mission du Saint Esprit und fand dort denselben musterhaften Zustand wie in Landana und Gabun.

      Es befindet sich ferner dortselbst eine Gesundheitsstation, Sanatorium genannt, für die kranken Angestellten der Assoziation, doch, trotzdem die Anlage mit vielen Mitteln hergestellt worden ist, wurden wir vor einem Besuch des Instituts ernstlich gewarnt, das nur schon zu viele Weiße betreten hatten, um es erst als Leichen wieder zu verlassen.

      Daß der Ruhm Bomas, am unteren Strom die zahlreichsten und blutgierigsten Moskitos zu besitzen, wohlbegründet ist, kann ich sowohl von diesem, als meinen beiden späteren Besuchen bestätigen, habe ich doch dortselbst kaum die Augen zum Schlaf geschlossen.

      Am folgenden Tage, nachdem noch ein Angestellter der englischen Mission mit seinen zwanzig neugeworbenen Loangoboys an Bord gekommen war, setzten wir die Fahrt stromaufwärts fort. Die schokoladenbraunen Wasser des Kongo sind oberhalb Boma bis zu den Yellalafällen zwischen hohen Ufern eingepreßt, die, wenn auch nicht ein schönes, so doch stellenweise ein recht interessantes Bild gewähren. Hügel reiht sich an Hügel, bedeckt von Unmengen von Blöcken und scharfkantigen Steinen, in tristester Weise bekleidet von gelbem Gras und wenigem verkümmerten Gesträuch, über dem sich ab und zu eine Ölpalme oder ein gewaltiger weißrindiger Baobab mit lang herabhängenden kürbisgroßen Früchten erheben. Ein schmaler Gürtel von hochstengligen Hartgräsern, gelbblühenden Mimosen und Acacia Farnesiana, sowie einigen anderen halb unter Wasser getauchten Ufergesträuchen zieht sich unmittelbar am Fuße der Hügel entlang; nur die Talrinnen zwischen denselben, in denen zur Regenzeit Gießbäche ihren Weg zum Kongo hinunter nehmen, sind von dichterer Buschvegetation als Galeriebildungen erfüllt und durchsetzen in dunkelgrünen Stücken die gelben und öden Hügelhänge. Einen malerischen und bisweilen selbst großartigen Eindruck aber erhält man durch ganz senkrechte, zu recht bedeutender Höhe ansteigende Felswände, die in ihrer charakteristischen roten Lateritfärbung gar seltsam mit dem braunen Wasser des Stroms kontrastieren. In kurzen Windungen hat sich hier der Kongo eine schmale Rinne von 1 000 bis 2 000 Meter Breite durch das Bergland gewühlt, so daß man sich auf allen Seiten von gewaltigen Uferwänden umgeben sieht und mehrfach meinen könnte, auf einem abgeschlossenen Gebirgssee zu sein, dessen Abfluß und Zufluß man vergeblich sucht.

      Bei Noki und Ango-Ango vorüber, mit welchen Namen einige Faktoreien belegt sind, über denen die holländische, französische und portugiesische Flagge wehen, und die des Dampfers Gruß, der die belgische führt, erwidern, erreichten wir nach etwa sechsstündiger Fahrt die am rechten Ufer gelegene Station der Assoziation Nkungula, wo eine hervorspringende niedrige Landzunge einen günstigen Ort für die Niederlassung gebildet hat, und kurze Zeit darauf, indem die gewaltigen Wassermassen in heftigster Strömung und in wunderbaren Strudeln und Wirbeln entgegendrängen, am rechten Ufer in Kalla-Kalla, wo die englische Großfirma Hatton und Cookson neuerdings eine Faktorei gegründet hatte, das Ende unserer Fahrt, während der »Heron« noch bis Vivi zu dampfen hatte.

      Unser zahlreiches Gepäck wurde auf die zwanzig Boys der Mission verteilt und um die zweite Nachmittagsstunde des 20. November stiegen wir die Uferberge hinan, um uns über Tondoa nach Ango-Ango zu begeben, wo Premierleutnant Schulze im holländischen Handelshause Aufenthalt zu nehmen beabsichtigte. Schon nach einer halben Stunde erreichten wir bei glühender Sonne das hoch auf einem der Hügel gelegene zierliche Wohnhaus der englischen Baptistenmissionare, wo wir in ausgezeichneter Liebenswürdigkeit seitens des Vorstehers der Station, Herrn Hughes, empfangen und bald dahin bestimmt wurden, in Tondoa zu bleiben und die Gastfreundschaft der Mission anzunehmen. Wir haben unseren Entschluß gewiß nicht zu bereuen gehabt und nicht nur die in uneigennützigster und stets hilfsbereiter Gastfreundschaft genossen, sondern auch in dem Missionar von Tondoa einen Mann schätzen gelernt, der die Aufgaben seines Berufes in selten hohem Maße verstanden hatte und zu erfüllen wußte.

      Die Pflichten des Chefs der Missionsanstalt von Tondoa sind übrigens recht mannigfaltiger Art. Neben der engeren Missionstätigkeit, als dem Unterricht der Kinder, der Belehrung und Schlichtung der Streitigkeiten der Erwachsenen, der Erziehung der Hauszöglinge und einer weit ausgedehnten Krankenpflege, hatte unser Gastfreund auf die Erhaltung und Verbesserung eines großen geschäftlichen Verkehres zu achten, denn die Ausbreitung der Tätigkeit seiner Berufsgenossen im Inland äußerte sich sofort in vergrößerten Anforderungen an die Station Tondoa.

      Dieselbe ist Endstation für den Wasserverkehr, und hier muß die Umladung der von Europa kommenden für die Inlandstationen bestimmten Güter geschehen – eine Aufgabe, deren Sorgen und Verantwortlichkeit nur derjenige zu schätzen weiß, der selbst in der Lage gewesen ist, in Westafrika seine Güter für den Landtransport an eingeborene Träger abzugeben. Die Beschaffung der Trägerkolonnen, die Verteilung der Lasten, die Sicherstellung von Träger und Gut, die Lohnzahlungen – alles dieses sind Verhältnisse, zu deren Beherrschung außerordentliches Geschick und Erfahrung erforderlich sind. Wie für die Güter, so ist Tondoa auch Durchgangs- und Vorbereitungsstation für die an den mittleren Kongo und nach San Salvador reisenden Berufsgenossen und Gastfreunde, wodurch an den Chef eine Reihe von Anforderungen herantreten, die in der Unerfahrenheit der Reisenden und Mannigfaltigkeit ihrer Bedürfnisse ihren Ursprung nehmen. Rechnen wir endlich zu diesen Pflichten noch die gesellschaftlichen den Kaufleuten und den Vertretern der Assoziation gegenüber – denn der eine ist hier nur zu oft auf des andern Hilfe angewiesen – und die Sorgen für die nicht immer leichte Bestellung des eigenen Hauswesens, die Beschaffung der Arbeitskräfte und die Pflege der Wege, Baulichkeiten und Gartenanlagen, so gewinnt man ein ungefähres Bild von der vielseitigen Beschäftigung in diesem Missionshause am unteren Strom.

      In den Tagen nach unserer Ankunft war Premierleutnant Schulze mit photographischen Aufnahmen der Umgebung beschäftigt, ich selbst aber widmete mich dem Sammeln von Pflanzen und Insekten. Die Uferberge des unteren Kongo sind aber nicht nur ein beschwerliches Terrain für den Naturforscher, sondern sie erweisen sich auch für seinen Sammeleifer als nichts weniger als ergiebig. So weit das Auge reicht, reihen sich Hügel an Hügel, getrennt durch steile und tiefe Rawinen, bedeckt mit unzähligen Mengen von scharfkantigen Steinen. Der Anblick wirkte damals um so trostloser,

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