Reisen im Kongogebiet. Richard Buttner
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Am Montag Nachmittag verließ der »Professor Woermann« Gabun, und wir, die Herren Schran und Mahnke und ich selbst, machten uns auf den Rückweg zur Farm, wohin meine Sachen bereits durch einige Kru- oder Whyleute gesendet worden waren, und wo man mir in dem Nebenhause ein freundliches Heim eingerichtet hatte.
Mein Aufenthalt auf der Farm – durch verspätetes Eintreffen des nächsten Woermanndampfers wurde die ursprünglich in Aussicht genommene Zeit überschritten – hat vom 15. September bis zu Anfang November gewährt, aus welchen Wochen meiner Erinnerung nur freundliche Bilder geblieben sind, so daß ich noch heute Herrn Woermann sowohl als den Farmbewohnern mich dankbar verpflichtet fühle.
Was nun den eigentlichen Zweck meines Aufenthaltes anbetrifft, so wurde derselbe erreicht, soweit er sich im fernen Afrika ohne wissenschaftliches Material erreichen ließ. Die Zeit war nicht gerade die günstigste, denn erst während meines Aufenthaltes stellten sich die Regen häufiger ein und mit ihnen Üppigkeit und Mannigfaltigkeit der Formen. Auf zahlreichen Exkursionen, die mich zumeist in Gesellschaft des Herrn Schran in den Wald führten, wo dieser Herr einen breiten und bequemen Weg nach Gabun anzulegen hatte, sind einige hundert phanerogamische Spezimina gesammelt worden, die den Grundstock der Ausbeute meiner Reise bilden. Hierzu kommt eine Sammlung von Gefäß- und Zellenkryptogamen, sowie eine solche interessanter Früchte. Für die zoologische Kollektion fand ich reichliche Unterstützung: Herr Schran überraschte mich mit einer Anzahl auf dem Farmterrain gefangener Amphibien und Reptilien, während er seine Leute anwies, beim Holzschlagen auf die zahlreich zu Tage kommenden Insekten zu achten. Der Headman der Whyleute, Monrovia, hat mich auch in dieser Beziehung nicht in Stich gelassen, und einige neue Tiere sind eigentlich durch ihn der Wissenschaft bekannt geworden. Den mir von Herrn Soyaux zur Bedienung freundlichst übersandten Whyboy William endlich hatte ich zum Schmetterlingfangen angestellt; er leistete freilich nichts Bedeutendes darin, dagegen – wie ich erst später herausfand – machte er sich selbst etwas reichlich für seine Bemühungen aus meiner Tasche bezahlt.
Außer in rein wissenschaftlicher Beziehung war mir die Farm in praktischer Hinsicht ein wichtiger Gegenstand der Belehrung, leider – besonders für die Unternehmer – in negativer Weise, denn schon damals war nicht zu verkennen, daß die zur Anlage der Kaffeeplantage verwendete jahrelange Arbeit und die sehr bedeutenden Kosten einen Erfolg nicht geben würden. Einige Zeit nach meinem dortigen Aufenthalt – es sind im ganzen nur einige hundert Pfund Kaffee geerntet worden – ließ dann auch Herr Woermann die Farm eingehen. Es ist nicht der Zweck des Buches, diese Verhältnisse näher zu berühren, doch will ich – vielleicht zu Nutz und Frommen irgend eines Plantagenbauschwärmers – erwähnen, was mir als Ursache des massenhaften Absterbens der jungen Kaffeebäume, nachdem sie einige Zeit recht gut gediehen waren, erschien.
Laterit, jene den Tropen eigentümliche durch die Einwirkung der Atmosphärilien entstandene Bodenformation, bildet in der Farm überall die Grundlage einer zuweilen nur minimalen Lehm- und Humusschicht. Dieses Laterit genannte Gestein, dessen Haupteigenschaft völlige Durchlässigkeit ist, ist in feuchtem Zustande eine zähe, schneidbare Masse, im trocknen dagegen spröde und steinhart. Die Wurzeln vermögen, zu dieser Schicht gelangt, nicht in dieselbe einzudringen und noch weniger aus derselben – ihrer Durchlässigkeit wegen – Nährstoffe aufzunehmen. Die Pflanzen sind somit für die Ernährung auf die obersten Humus- und Lehmschichten angewiesen. Diese, zur Zeit der Anlage jungfräulicher Böden, sind aber nach Verlauf einiger Jahre völlig verändert worden. Heftige Regengüsse haben den Humus in die Rawinen abgeschwemmt – die Farm ist auf welligem Terrain gelegen – und der von der Sonne gebleichte Sand folgt allmählich nach, womit den Wurzeln Bedeckung und Ernährung genommen ist und die jungen Kaffeesträucher saisonweise in Menge dem Absterben geweiht sind.
Mit anderen Gewächsen hat die Missionsstation in Gabun bessere Erfahrungen gemacht, wovon ich mich durch mehrfachen Besuch dortselbst unter Führung liebenswürdiger Pères überzeugen konnte. Man pflanzt in Menge Kokos- und besonders Ölpalmen, deren Kultur sehr lohnende Erfolge liefert. Diese Mission verdient übrigens den Namen einer Musteranlage, wie ein jeder, der einen Gang durch die Kulturen tropischer Fruchtbäume und europäischer Gemüse macht, bestätigen wird.
Als ich am 2. November, um mich in Gabun an Bord des »Karl Woermann«, Kapitän Hupfer, einzuschiffen, die Sibangefarm verließ, wurde mir der Abschied von derselben, wo ich die liebenswürdigste Gastfreundschaft gefunden hatte, schwer genug, und noch jetzt gedenke ich in dankbarer Erinnerung der damaligen Farmbewohner, der Ausflüge mit Handpresse und Jagdflinte in den prächtigen Urwald, der Besuche in Gabun zu Fuß und zu Pferde, der Entdeckungs- und Vermessungsfahrt auf dem Abandu, der Picknicks am Bambus, wo wir halbwegs nach Gabun die deutschen Herren dieser Kolonie trafen, der Besuche in den Dörfern der Pongwe, Pangwe und Schekiani, endlich all der häuslichen Fröhlichkeit und Gemütlichkeit, die den Gedanken an die ferne Heimat kaum aufkommen ließen.
An Bord des »Karl Woermann«, der Gabun am 3. November verließ, fand ich Herrn Veth vor, einen Holländer, der eine Spedition in das Hinterland von Mossamedes unternehmen wollte, dessen Reise auch unter günstigen Auspizien begann, durch den Tod des Leiters in den ersten Monaten des folgenden Jahres aber einen traurigen Abschluß fand. Herr Veth, dem reiche Reiseerfahrungen aus Holländisch-Indien zur Seite standen, führte Pferde und Berghunde von Java mit sich, denen allen übrigens ein nur kurzes Leben in Afrika vergönnt sein sollte. Ein aus Bayern gebürtiger Pater der französischen Mission und einige Angestellte der »Association internationale africaine«, darunter Kapitän Grant Elliot, vervollständigten unsere Reisegesellschaft, letzterer indessen nur bis zur Station Grantville an der Loangoküste.
Am 6. November erreichten wir Kap Lopez, den damaligen Stapelplatz der Brazzaschen Unternehmung, und Majumba, wo wir mit frischen Mangroveaustern versehen wurden, deren vielleicht zu reichlicher Genuß einige der Herren auf vierundzwanzig Stunden recht krank machte. Am 7. passierten wir Loango mit der steilen, in interessanter Weise erodierten roten Küste, um – ehe wir Banana erreichten – noch in Landana und Cabinda vor Anker zu gehen.
In Landana betrat ich zum ersten Male eine Faktorei der »Nieuwe Afrikaansche Handels-Vennootschap« von Rotterdam, eines Hauses, dessen unvergleichliche Gastfreundschaft mir zu wiederholten Malen während meines Aufenthaltes am Kongo zuteil werden sollte. Herr de la Fontaine, der damalige stellvertretende Hauptagent dieser Gesellschaft, teilte mir bereits hier mit, daß die übrigen vier Herren der deutschen Expedition in Banana anwesend seien, um einem veränderten Reiseplan zufolge den Kongo zur Operationsbasis zu nehmen. In Landana befindet sich unter der Leitung des energischen P. Carrie eine ebenfalls mustergültige Station der französischen Mission, deren Anlagen meine ungeteilte Bewunderung hervorriefen. In Cabinda, dem Hauptstapelplatz englischer Firmen, hatten wir einen Jagdausflug auf Papageien und Turakos. Doch das Interesse an der langen Küstenfahrt war geschwunden und mit Sehnsucht schaute ich nach Süden aus, wo die Mündung des Kongo das Ende derselben bringen sollte. Am 13. November wurde glücklich Banana erreicht, wo ich die Mitteilung des Herrn de la Fontaine bestätigt fand. Die Herren der Expedition hatten nach einem vergeblichen Versuch des Premierleutnants Schulze, dieselbe in Ambrizette oder Ambriz zu organisieren, diesen Plan aufgegeben, um nun vom unteren Kongo aus den Aufbruch in die östlichen Länder zu betreiben.
1Hier eine die gesamte Insel und alle Personen umfassende Quarantäne (Red.).
2Ausstiegsgenehmigung (Red.)
3Eine