Reisen im Kongogebiet. Richard Buttner
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Nach dem Frühstück am 31. August nahmen wir Abschied von unseren Gastfreunden und stiegen zur Beach hinab, wo wir über Sumpf und Lagune nach zwei Stunden anlangten, aber noch dieselbe Zeit in Sicht des Dampfers zu warten hatten, da die Erlaubnis des Stadtvorstehers, das Land zu verlassen, noch nicht eingetroffen war. Als diese Erlaubnis endlich in Gestalt des Stockes desselben anlangte, gingen wir zu Boot, um unter den Beschwörungen des Steuermanns und eines von den Faktoreien besoldeten Fetischmannes – die dadurch die Macht der Brecher zu besänftigen haben – glücklich wieder an Bord unseres Dampfers zu gelangen.
Am 3. September lagen wir vor dem Kamerundelta; am folgenden Morgen aber erst führte der offizielle schwarze Lotse, Herr Bottlebeer, den Dampfer den Fluß aufwärts, wo wir vor der Woermannschen Faktorei vor Anker gingen, um sofort in der herzlichsten Weise von den deutschen Herren begrüßt zu werden. Es waren dies Dr. Buchner, der zur Zeit hier als Reichskommissär postiert war, ferner die Herren Dr. Passavant und Dr. Pauli, welche das Hinterland zu erforschen hierher gekommen waren und ihre Wohnung auf der »Hamburger Louise«, der Hulk5 des biederen Kapitäns Voß, aufgeschlagen hatten, dessen Liebenswürdigkeit kennen zu lernen auch wir mehrfach Gelegenheit nahmen. Im übrigen fanden wir eine Anzahl Kaufleute vor, darunter auch Hern Panthenius, der als Agent der zweiten Woermannschen Kamerunfaktorei einige Monate später bei Gelegenheit des Kampfes unserer Marine ein Opfer der Bestialität der Eingeborenen werden sollte.
Einen wesentlich günstigeren Eindruck als die öde Sandküste des nördlichen Protektoratgebietes macht das erhöhte und gut mit Vegetation bestandene linke Ufer des Kamerunflusses, von dem herab dem Ankömmling Bananen, Kokos- und Ölpalmen, Pandanus und Baumwollbäume entgegenwinken. Auch ein Gang durch die Dörfer King Bells und King Akwas läßt das freundliche Bild nicht erblassen, denn das Auge trifft auf allerdings nur bescheidene Kulturen von Zuckerrohr, Voandzieen, Yams, Bataten, Kolokasien, Maniok und Bananen.
Bei einem unserer Spaziergänge mit Dr. Buchner kehrten wir im Hause Chief Joss’ ein, der uns frische Kokosnußmilch und von der Weinpalme gewonnenen Palmsaft in Karaffen und Gläsern vorsetzen ließ. Die Wohnung dieses wohlhabenden Mannes zeigte Überfluß an europäischen Artikeln, wie Stühlen, Bildern, Spiegeln, Uhren, Lampen und anderen Dingen mehr.
Das Leben auf dem Flusse ist zuzeiten ein bewegtes; so bei den von den Eingeborenen beliebten Ruderwettkämpfen, die wir mehrfach beobachteten und die in langen, von dreißig, vierzig, ja bis siebzig Leuten bemannten, originell verzierten Kanus abgehalten werden; oder auch bei der Ankunft von reich mit Fahnen geschmückten Handelskanus, die mit Palmöl und Kernen, Elfenbein, Ebenholz und Rotholz beladen unter Gesang, Geläut und Trommellärm zu den Faktoreien oder Hulks gerudert werden.
Ein anderes Bild muß der Fluß kurze Zeit vor unserer Ankunft geboten haben, denn es war, wie es alle vier Jahre zu Ende August oder Anfang September geschehen soll, ein ungeheurer Zug von Krebsen, eine Art Langschwänze, die Flüsse abwärts gekommen, und die gesamte Bewohnerschaft war mehrere Tage und Nächte beschäftigt gewesen, den Segen zu bergen und am Ufer bei großen Feuern aus den Tieren verschiedene Nahrungsmittel und Öl zu bereiten. Dieser Krebsniedergang ist die Ursache des Namens Kamerun geworden; aus den camerones und cameroes der älteren portugiesischen Seefahrer und Geschichtsschreiber ist das englische Cameroons und aus diesem das deutsche Kamerun entstanden.
Über die Eingeborenen selbst, ihre Trommelsprache, ihre und der Weißen Lebensweise, über das Kamerungebirge und andere Gebiete dieses unser Interesse in hohem Maße in Anspruch nehmenden Landes kann ich füglicherweise schweigen, da seit jener Zeit mehrfach und einige Male von berufener Seite darüber berichtet worden ist.
Unser Aufenthalt in Kamerun währte fünf Tage, ohne daß wir das Vergnügen gehabt hätten, den Kamerunberg auch nur einmal aus dem ihn umhüllenden Nebel hervortreten zu sehen.
Am 8. September verließ der »Professor Woermann« den Platz und am anderen Morgen liefen wir zugleich mit dem für Woermann gecharterten Dampfer »Graßbroek« die spanische Insel Klein-Cloby an, auf der sich die Depots von Woermann, Jansen und Thormählen und einigen anderen Firmen befinden. Von diesen Depots aus werden die einzelnen Faktoreien an der Küste sowie an den Flüssen durch kleinere Dampfer oder Boote mit Waren versehen, und hierher strömen die dort eingehandelten Produkte zusammen. Die Insel ist sehr klein und in einer halben Stunde zu umgehen, jedoch bot sie uns ein interessantes Bild eines Tropenwaldes. Am 11. lief die »Möve« mit Dr. Nachtigal an Bord die Insel an, und fand der Generalkonsul, trotzdem sein Aufenthalt nur wenige Stunden währte und diese der Korrespondenz gewidmet werden mußten, doch in seiner liebenswürdigen Weise Zeit genug, mit uns über die Aussichten und Verhältnisse unserer Expedition zu plaudern.
Es ist hier das letzte Mal gewesen, daß ich Dr. Nachtigal gesehen habe. Als ich Anfang Juni 1885 mich an der Küste befand, erhielt ich die Nachricht seines Todes, in Landana aber – wiederum an Bord des »Professor Woermann« – die Bestätigung desselben.
Während der Anwesenheit unseres Dampfers vor Cloby siedelte ich in das Woermannsche Haus über, wo mir Gastfreundschaft in ausgedehntestem Maße zu teil wurde.
Am 12. lichtete der »Professor« die Anker, um am folgenden Tage vormittags die Reede von Gabun zu erreichen, womit für mich der Moment der vorläufigen Trennung von den übrigen Herren der Expedition gekommen war, denn ich beabsichtigte für einige Wochen meinen Aufenthalt auf der bei Gabun gelegenen Sibangefarm zu nehmen, um mich dann später wieder mit den anderen Herren zu vereinigen. Angekommen am Ausgangspunkte des Inlandmarsches, als welcher damals Ambrizette in Aussicht genommen war, mußte es natürlicherweise wochenlanger Vorbereitung bedürfen, um die Expedition mit Trägern zu versehen und marschfähig zu machen. Ich glaube – worin mir Premierleutnant Schulze völlig zustimmte – einen Teil dieser Zeit in einer für die Expedition sehr vorteilhaften Weise zu verwenden, wenn ich mich auf der Sibangefarm, die Herrn Soyaux, einem früheren Mitgliede der Loangoexpedition, unterstellt war, und auf dessen Erfahrung und freundliche Unterstützung ich hierbei hoffte, naturwissenschaftlichen und speziell botanischen Studien ergeben würde. Die Anwesenheit des Herrn Soyaux, das Renommée der Anlagen der Gabuner Mission und die seit Jahren in Kultur genommene Kaffeeplantage hatten uns schon in Europa die Sibangefarm für diesen Zweck als den allergeeignetsten Ort erscheinen lassen, und Herr Woermann in Hamburg, der Eigentümer der Plantage und Chef des großen Handelshauses, hatte zu diesem Plan in liebenswürdigster Weise die erbetene Erlaubnis erteilt.
Somit verließen Premierleutnant Kund, Dr. Wolff und ich selbst bald nach unserer Landung die Gabunfaktorei, um, von einem Führer begleitet, den Weg zu der Farm anzutreten und den dortigen Herren einen Besuch abzustatten. In kurzer Entfernung vom Strande, an dem die Faktoreien unmittelbar errichtet sind, erhebt sich das Land zu einer mäßig gewellten Fläche, auf der ein etwa dreistündiger Marsch uns zum Ziele brachte. Während der ersten Weghälfte führte der Pfad über eine von Gras und Adlerfarnkraut bestandene Steppe, auf der zerstreut Gebüsch und einzelne Bäume, darunter Palmen und Mangopflaumen, hervorragten. Bei einem sehr hübschen Busch von indischem Bambus traten wir in prächtig üppigen Urwald ein, in dem ein bequemer Weg uns über eine ganze Anzahl Brücken und an zwei Eingeborenenniederlassungen vorüber zum Farmterrain führte, welches, durch Abholzen gewonnen, rings von hochstämmigem Wald umgeben ist. Ich entsinne mich noch genau des großartigen Eindruckes, unter dem ich inmitten dieser grandiosen Vegetation stand, und den ich späterhin nicht wieder in demselben Maße empfunden habe, wobei ich gleich bemerken will, daß ich während meiner ganzen Reise überhaupt nicht oft Gelegenheit gefunden habe, berechtigte Vergleiche mit diesem Gabuner Waldland anzustellen.
Inmitten der weitgedehnten Kaffeefelder erhoben sich die beiden zierlichen Wohnhäuser, in denen wir mit großer Freundlichkeit aufgenommen wurden. Das eine wurde bewohnt von Herrn Soyaux und seiner zur damaligen Zeit etwas leidenden Gattin – einer deutschen Dame, wenn ich nicht irre, aus Stade gebürtig – und dem dreimonatlichen