Reisen im Kongogebiet. Richard Buttner

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Reisen im Kongogebiet - Richard  Buttner Edition Erdmann

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h. ein Wohnschiff (Red.)

      2. KAPITEL:

      AM UNTEREN KONGO

      Nachdem ich den »Professor Woermann« in Gabun verlassen hatte, war Dr. Wolff in Cabinda zurückgeblieben, um bei günstiger Gelegenheit dort Träger für die Expedition zu engagieren. Premierleutnant Kund aber ging in Banana an Land, um die Verhältnisse am unteren Kongo zu studieren für den Fall, daß dem Vordringen von der südlichen Küste aus sich Schwierigkeiten entgegenstellen sollten. So landeten denn in Ambrizette nur Premierleutnant Schulze und Leutnant Tappenbeck mit dem Gepäck, um freilich sofort diesen Platz für die Ausrüstung der Expedition und die Beschaffung von Trägermaterial ungeeignet zu finden. Die Herren siedelten infolgedessen sehr bald nach Ambriz über, um dort dieselbe Erfahrung zu machen. Das Mißtrauen der portugiesischen Behörden sah in der deutschen Expedition eine Gefahr für den eigenen von den Nationen nur zum Teil anerkannten Besitz der südlich des Kongo gelegenen Küste – ein Mißtrauen, welches durch die jüngst vorausgegangenen Besitzergreifungen Deutschlands an verschiedenen Stellen der afrikanischen Westküste nicht unberechtigt zu nennen war. Die Kaufleute verschiedener Nationalität aber fürchteten in uns verkappte Konkurrenten oder durch das Vorgehen der Expedition eine Störung und Schädigung ihrer Handelsverbindungen. Premierleutnant Schulze begab sich zu erneutem Versuch über Loanda nach Benguela und Novo-Redondo, an welch letzterem Platze ein portugiesisches Haus sich bereit erklärte, innerhalb zweier Monate 200 Träger zu beschaffen und dieselben nach Ambriz zu senden, sobald der Gouverneur der Provinz Angola dazu seine Erlaubnis gegeben haben würde. Um diese Erlaubnis einzuholen, reiste Premierleutnant Schulze nach Loanda zurück, wurde aber dort auf die Gesetzesparagraphen verwiesen, denen zufolge Eingeborene, die aus den portugiesischen Besitzungen stammen, nur innerhalb der Grenzen derselben in ein Lohnverhältnis genommen werden dürfen. Der Gouverneur wollte endlich die Erlaubnis der Anwerbung erteilen, wenn die Expedition von Benguela oder Bihé vorzugehen sich entschlösse. Der Leutnant glaubte diesen Vorschlag ablehnen zu müssen und kehrte – an einem Erfolg weiterer Verhandlungen mit den portugiesischen Behörden verzweifelnd – nach Ambriz zurück, um von dort aus mit Leutnant Tappenbeck, dem inzwischen dort eingetroffenen David Kornelius und dem gesamten Gepäckmaterial nach Banana überzusiedeln, wohin unterdessen auch Dr. Wolff von Cabinda, ebenfalls ohne Erreichung des Zweckes seines Aufenthaltes, gekommen war.

      Die Bemühungen des Premierleutnants Kund am unteren Kongo, die ihn mit den drei machthabenden Faktoren dortselbst, der »Association internationale africaine«, dem holländischen Handelshaus und der englischen Baptistenmission in nähere Berührung geführt hatten, gaben indessen Anlaß zur Entstehung eines neuen Planes, dessen Ausführbarkeit von dem Vorsteher der englischen Mission, Revd. Comber (bekannt durch die Besteigung des Kamerunberges und die Explorationen im Gebiet von San Salvador) anerkannt wurde und zu dessen Realisierung er die weitestgehendste Unterstützung versprach. Nach diesem Plan sollte die Expedition zunächst den Kongo aufwärts gehen bis zur Grenze der Schiffbarkeit desselben, das heißt bis unterhalb der Yellalafälle, wo am linken Ufer die Mission in Tondoa (Underhill) eine Station und das holländische Haus in Ango-Ango eine Faktorei haben. Von hier aus würde die Expedition mit Trägern von San Salvador, die den Verkehr dieses Platzes (wo sich zur damaligen Zeit zwei Missions- und zwei Handelsstationen befanden) über den Strom vermitteln, sich zu dieser Residenz des alten Königreichs Kongo begeben, dessen Herrscher – nach den Erfahrungen des Mr. Comber – durch Überweisung und Überlassung von eingeborenen Leuten als Träger für das weitere Fortkommen, zum mindesten aber bis zur Stadt des großen Kiamwo am Quango, Sorge tragen würde. Mit diesem König müßten sodann, wenn die Kongoleute der Expedition nicht weiter zu folgen willens sein sollten, Verhandlungen wegen neuer Träger angeknüpft werden.

      Allerdings erkannten wir schon damals die Gefahr, die durch Verzichtleistung auf ein für die Dauer der Expedition zu engagierendes festes Trägermaterial entstehen mußte, doch wurden wir von allen Seiten der Unmöglichkeit eines solchen Engagements von Küstenleuten versichert – was allerdings durch die Erfahrungen der Loango-Expedition, des Premierleutnants Schulze und des Dr. Wolff bestätigt schien – so daß schließlich die von Revd. Comber vorgeführte Möglichkeit ernstlich in Betracht genommen wurde.

      Dieses war der Stand der Verhältnisse am Tage meiner Ankunft in Banana, an welchem selben Tage noch an den König von Kongo in San Salvador, durch Vermittlung der Baptistenstationen in Tondoa und in jener Residenz, Geschenke abgesandt wurden mit einem Schreiben, in dem wir um Überlassung einer Trägerkarawane baten, die die Expedition, oder einen Teil derselben, von Tondoa nach des Königs Stadt führen sollte. Derselben Sendung wurden Geschenke für den großen Kiamwo am Quango beigegeben und um deren Übermittelung an jenen Herrscher ersucht.

      Herr Comber war ferner so liebenswürdig, einige Bemühungen zu machen, um uns dennoch in den Besitz einer ständigen, wenn auch wenig zahlreichen, Begleitung zu setzen. Er sendete zu dem Zwecke einen der eigenen Loangoleute nach dessen Heimat, um dort für die Expedition zwanzig Boys zu werben, die für die persönliche Bedienung der Mitglieder in Aussicht genommen waren, d.i. als Wäscher, Köche, table-boys u.s.w.

      Endlich hatte Herr Comber, der zu unser aller Bedauern kurze Zeit nachher Afrika verließ, um durch einen zeitweiligen Aufenthalt in England seine sehr geschwächte Gesundheit wiederherzustellen,6 Herrn Premierleutnant Kund mit Rat für die Ausrüstung an Tauschwaren für das Inland sehr unterstützt und in höchster Liebenswürdigkeit der Expedition unbeschränkte Gastfreundschaft und Unterstützung in allen Stationen der Mission zugesichert.

      Da Premierleutnant Schulze sich auch die Unterstützung der »Association internationale africaine« sichern wollte, deren Chef, zur damaligen Zeit der Colonel Sir Francis de Winton in Vivi residierte, da es ferner für uns wichtig war, den von uns in Aussicht genommenen Ausgangspunkt der Inlandreise im voraus kennen zu lernen, da endlich Premierleutnant Kund die Expeditionsinteressen in Banana eifrig wahrnahm, zudem das holländische Haus, in dem wir ein gastfreies Unterkommen gefunden hatten, mehr wie überfüllt war, so beschlossen Premierleutnant Schulze und ich selbst mit erster Gelegenheit kongoaufwärts zu gehen und in Tondoa oder Ango-Ango Nachrichten und Träger von San Salvador zu erwarten.

      Banana konnte mich um so weniger zu einem längeren Aufenthalt als notwendig veranlassen, da es ein sehr ungünstiger Ort für einen Botaniker oder Zoologen ist. Die den Platz bildenden Geschäftshäuser, deren man je ein holländisches, französisches, englisches und zwei portugiesische zählte, sind auf einer schmalen Landzunge errichtet, die auf der einen Seite vom Meer, auf der anderen vom Kongo bespült wird. Die Vegetation ist beschränkt auf einiges Küsten- und Brackwasserufergestrüpp, zu dem sich nur wenige Arten von Gräsern, Hartgräsern und anderen Strandpflanzen gesellen. Stellenweise ist die im übrigen sandige Landzunge von mit jungen Mangroven bestandenen Sümpfen unterbrochen, in denen ungezählte Moskitoschwärme ihren Geburtsort und tödliche Fieberdünste ihren Ursprung haben. Ein freundlicheres Bild bietet allein die Yard des holländischen Hauses, in der man Kokospalmen, die hier sehr gut gedeihen, Spondias, Akazien, Cassien und Caesalpinien, sowie auch einige Bananenbüsche angepflanzt hat. Dieser Vegetation entsprechend ist die Tierwelt der Landzunge eine sehr beschränkte, der übrigens in Herrn Hesse, einem deutschen Angestellten des holländischen Hauses, ein eifriger Verfolger und Sammler geworden war. Der Kontrast endlich zwischen der ruhigen und gemütlichen Häuslichkeit, die ich auf der Sibangefarm genossen hatte, und dem geschäftlichen und steifen Leben in dem großen Handelshause, das in Banana allein über sechzig weiße Angestellte zählte, ließ mir die Abreise von diesem Küstenplatz nicht allzu schwer werden. Mit herzlichem Wunsch für Gesundheit und Erfolg nahm ich von Herrn Veth Abschied, und in der Hoffnung, die anderen Herren uns in kurzer Zeit stromaufwärts folgen zu sehen, gingen Premierleutnant Schulze und ich selbst, sowie David Kornelius am 19. November morgens an Bord des »Heron«, eines kleinen Dampfers der »Association internationale africaine«, hier zum ersten Male die Gastfreundschaft des späteren Kongostaates genießend. Wir fanden an Bord verschiedene Herren der Assoziation, sowie einige portugiesische Kaufleute vor, die auf ihre Posten kongoaufwärts gingen. Die Ladung

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