Reisen im Kongogebiet. Richard Buttner

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Reisen im Kongogebiet - Richard  Buttner Edition Erdmann

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würde für einen getöteten und einen verwundeten Mann ihres Dorfes, die Opfer der Notwehr seitens der beiden Herren. Nach dem Grund der Verfolgung gefragt, behaupteten sie in gutem Recht gehandelt zu haben, denn die beiden weißen Männer hätten trotz vielfacher Zurufe – die die Herren, sowie ihre Loangos freilich nicht verstanden hatten – ihr Fetischtal betreten, dessen Zugang einem Nichteingeweihten und zumal einem Fremden sonst unbedingt das Leben kosten müsse. Unter den Eingeborenen gibt es nämlich geheime Gesellschaften, deren Mitglieder sich zuzeiten in abgelegene Gegenden zurückziehen, um dort ihren mystischen Satzungen zu leben. Da diese Gesellschaften der verschiedenen Gebiete des Lanes untereinander in Konnex stehen, so drohten jetzt für den Aufbruch und das Weiterkommen der Expedition die unvorhergesehensten und weitgehendsten Hindernisse zu entstehen – wenn nicht der Streitfall zur endgültigen Schlichtung käme.

      Der Chef der holländischen Faktorei berief infolgedessen die angesehensten Männer des betreffenden Dorfes nach Ango-Ango, wo am 9. Dezember ein feierliches Palawer in Gegenwart einiger Missionare, Kaufleute und der Herren Schulze, Kund, Tappenbeck und meiner selbst stattfand. Ein Endbeschluß konnte indessen nicht erzielt werden, da Leutnant Tappenbeck zum mindesten bezweifelte, durch seine Schüsse den Tod eines Mannes und die Verwundung eines zweiten herbeigeführt zu haben. Mr. Hughes erklärte sich darauf bereit, sich in das feindliche Dorf zu begeben, um dort die Behauptung der Eingeborenen auf ihre Wahrheit zu prüfen. In der Tat kamen am Mittag des folgenden Tages eine Anzahl der Dorfleute, um Mr. Hughes zu ihrem Dorfe zu tragen. Als derselbe am Abende zurückkehrte, berichtete er uns, daß man ihm einen an der Schulter verwundeten Mann gezeigt hatte, dessen Verletzung offenbar die Folge einer aus europäischem Gewehr abgeschossenen Kugel sei, daß man ihn sodann an einen frisch aufgeworfenen Grabhügel geführt hatte, mit der Versicherung, derselbe enthalte den im Streit gefallenen Mann. Wir bezweifelten nun freilich sehr diese Versicherung, doch drängten uns die Umstände, das Palawer bald und glücklich zu Ende zu führen. Aus Furcht vor den Eingeborenen waren schon die Loangoboys von Ango-Ango nach Tondoa entlaufen und wollten dorthin nicht wieder zurückkehren. Außerdem kamen unter Führung Pansus, eins älteren Bruders (Halbbruders) Malewos, am 11. Dezember vormittags fünfzig Träger aus San Salvador an, so daß unser Aufbruch nach der Residenz nahe bevorstand.

      Am Nachmittag desselben Tages fand daher in Ango-Ango ein Schlußpalawer statt, in dem die Eingeborenen nochmals versuchten, ein möglichst hohes Schmerzens- und Genugtuungsgeld zu erlangen; sie mußten sich indessen mit einer geringen Abfindungssumme zufrieden geben, die ihnen – da wir durchaus nicht wollten, daß dem gastfreundlichen holländischen Hause irgend ein Schaden durch die Expedition erwüchse – auch sofort in Gestalt von Zeug, Perlen und Rum ausgezahlt wurde, worauf die versöhnten Gegner heimkehrten.

      Wir, Premierleutnant Schulze und ich selbst, begaben uns am Abend nach Tondoa zurück, wo am nächsten Tage die Verteilung der Lasten an unsere Träger stattfinden sollte, damit wir am nächstfolgenden Tage, dem 13. Dezember, den Landmarsch antreten könnten.

      6Noch einmal an den Kongo zurückgekehrt, starb Revd. Comber im Sommer 1887. Sein Tod bedeutete einen außerordentlichen Verlust sowohl für die Mission als für die Afrikaforschung.

      7D. h. die Grassteppe (Red.).

      8Auch Klippdachs genannt, der einem Murmeltier ähnelt.

      3. KAPITEL:

      ZUR HAUPTSTADT DES

      KÖNIGREICHS KONGO

      Pansu, der Kapita9 der fünfzig Träger aus San Salvador, mochte den letzten Zwanzigern angehören, er war von mittlerer, untersetzter Gestalt, das bartlose pockennarbige Gesicht des runden Kopfes von gutmütigem Ausdruck. Er wußte die weiten Tücher in gewisser Grandezza, eine Schulter frei lassend, um seinen Körper zu hüllen und verstand mit dem messingbeschlagenen Gewehr und dem Messer an der Seite sich das Ansehen eines der großen Leute des Landes zu geben. Ich will gleich hier bemerken, daß Pansu unter allen Söhnen des Totila – es sind deren acht oder zehn – die größte Ähnlichkeit mit dem Vater besitzt, wie auch die Beschreibung dieses letztern durch Bastian aus dem Jahre 1858 fast genau auf den Sohn zu meiner Zeit paßte.

      Seine Begleiter erschienen zuerst wenig vertrauenerweckend: zumeist jugendlich kräftige Gestalten von sehr verschiedener brauner Färbung, noch mit dem Staub und Schmutz der Wanderung bedeckt und mit kurzen, oft gefransten, eingeölten und rotgefärbten Hüftentüchern von vorwiegend einheimischer Herkunft bekleidet. Einige hatten den Schädel ganz kahl geschoren, andere erschienen mit zum Teil äußerst phantastischen Haartouren, wie z.B. mit sehr vielen kleinen fettgetränkten abstehenden Zöpfchen, deren jedes an seiner Spitze eine blaue Glasperle trug. Mit den Lastkörben auf Kopf und Schulter, Messer und Pfeifen in den Hüftentüchern, Kalebassen oder Flaschen über der Schulter, auch wohl mit Beuteln und Missionsstrümpfen, Tabak, Feuerstein, Perlen und andere Dinge enthaltend, waren sie in den Hof der Missionsstation eingerückt, um dort niederzuhocken und mit neugierigen Blicken und Grinsen ihre Umgebung und die mundele, die weißen Leute zu mustern. Nachdem auch wir unsere Begleiter genugsam beschaut, gezählt und ihnen den folgenden Tag als Ruhetag bezeichnet hatten, zerstreuten sie sich, um teils unter den vorspringenden Grasdächern der Warenschuppen einen vor den Sonnenstrahlen geschützten Ruheplatz zu suchen, dort ihre Mundvorräte an Maniokbrot, Erdnüssen und Planten zu verzehren, oder aber um mit den Ginflaschen und Kalebassen zum nsadi, zum Strom, hinabzusteigen, dort den Durst zu löschen und unter Geschrei und Furcht vor den ngandu, den Krokodilen, ein Bad zu nehmen.

      Als nach einiger Zeit Pansu, der im Hause der älteren Missionszöglinge sich einquartiert hatte, um Verpflegungsrationen für die Träger bat, deren Vorräte zu Ende gingen, wurden Reisportionen ausgeteilt, pro Kopf und Tag ein Pfund.

      Am Nachmittage des Tages der Ankunft begleitete uns Pansu zu dem bereits erwähnten Palawer nach Ango-Ango, wo er energisch gegen die Dorfbewohner, die zuerst das Feuer auf die Fremden eröffnet hatten, sprach und zur Mäßigung in den Forderungen mahnte.

      Abends, als wir selbst im Parlour10 des Mr. Hughes über unsern Aufbruch bei einigen Flaschen des Pschorrbräus verhandelten, baten unser neuer Kapita und sein Bruder um malawu – zur Stärkung für die Reise, wie sie sich ausdrückten. Das Bier mundete ihnen gar nicht, vergnügt aber zogen sie mit einer Flasche portugiesischen roten Landweins, der in den Häusern der Weißen am Kongo fast ausschließlich getrunken wird, von dannen.

      Am nächsten Tage waren noch die letzten Reisevorbereitungen und Abmachungen mit den anderen Herren der Expedition zu treffen, denn da wir nur über fünfzig Träger verfügten, so konnten wir nur den kleinsten Teil der Ausrüstung mit uns nehmen, während der Rest der Lasten durch andere Trägerkarawanen, die wir in San Salvador engagieren wollten, später überführt werden sollte. Herr Premierleutnant Kund hatte zuerst beabsichtigt, mit uns, das heißt mit Premierleutnant Schulze und mir, zu reisen und das am Strome vorläufig zurückbleibende Gepäck der Obhut des Herrn Tappenbeck und Dr. Wolff – welcher an diesem Tage von Boma aus sich eingestellt hatte – zu überlassen. Doch war der Leutnant zur Zeit so leidend, daß er auf seine Absicht verzichten mußte, weshalb beschlossen wurde, daß die drei Herren – sobald neue Trägerkolonnen von San Salvador kommen würden – mit denselben reisen sollten, während Premierleutnant Schulze und ich die erste Karawane führen würden.

      Es war einigermaßen schwierig, aus der großen Menge der Waren und des sonstigen Ausrüstungsgepäckes fünfzig Lasten auszuwählen, da wir in der Tat nicht wissen konnten, wie lange die vorläufig in Aussicht genommene Trennung der Expedition währen würde. Sämtliche Meß- und Aufnahmeinstrumente behielt Herr Premierleutnant Kund – dem sie unterstellt waren und der sie selbst nach San Salvador überzuführen gedachte – in Ango-Ango zurück, so daß uns für die Route, die freilich schon von Mr. Comber aufgenommen war, nur ein Aneroidbarometer, zwei Taschenkompasse und ein Pedometer zur Verfügung standen. Ferner führten wir, damit nicht gleich

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