Reisen im Kongogebiet. Richard Buttner

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Reisen im Kongogebiet - Richard  Buttner Edition Erdmann

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und Erholung fanden. Wir machten später dem Chiefadministrator Colonel Sir Francis de Winton, den wir in Hemdsärmeln antrafen, einen Besuch und erhielten von diesem die Zusicherung der möglichsten Unterstützung für die Ziele unserer Expedition. In Bezug auf das von Premierleutnant Schulze in Aussicht genommene Gebiet konnte indessen kein Abschluß erzielt werden, da nur ein Duplikat eines Kaufvertrages vorlag, welcher mit irgend einem Chief zwischen Noki und Mussukula – nicht mit Ne-Moiri – abgeschlossen war, in welchem Schriftstück aber nicht die Grenzen des gekauften Terrains angegeben waren(!). Ich will gleich hier erwähnen, daß Premierleutnant Schulze nach einer Fahrt nach Boma, um dort befindliche Papiere einzusehen, schließlich in Vivi mit der Assoziation einen Kaufvertrag abschloß – ob dieser Vertrag aber von der Afrikanischen Gesellschaft in Deutschland ratifiziert worden ist, vermag ich nicht einmal zu sagen. Nach den Berliner Festsetzungen über den Kongostaat gehört übrigens das in Rede stehende Terrain noch zu dem Portugal zugesprochenen Gebiet, dessen Grenze auf dem linken Kongoufer durch den Bach von Ango-Ango gebildet wird.

      Nach einer Besichtigung der Baulichkeiten, des Versuchs eines Gartens, des Kirchhofes und der näheren Umgebung des Platzes, der auf einer Hügelabflachung etwa 100 Meter über dem Strom gelegen ist, nahmen wir mit Dank das Anerbieten des Colonel an, uns in einem Dampfboot zu unserer Missionsstation zurückzuführen, die wir nach einer Fahrt von fünfzehn Minuten erreichten, während unsere Leute mit dem steuerlosen Boot erst sehr viel später dort eintrafen.

      In Tondoa begrüßte uns Premierleutnant Kund, der im Laufe des Nachmittags dieses Tages (2. Dez.) nebst Leutnant Tappenbeck mit großen Warenvorräten, die er im holländischen Hause in Banana gekauft hatte, in Ango-Ango eingetroffen war und dort, um die Mission von Tondoa nicht zu sehr zu belasten, seinen Aufenthalt genommen hatte. Er brachte auch die zwanzig jugendlichen Loangos mit, die es gelungen war mit Mr. Combers Unterstützung auf ein Jahr zu engagieren.

      Wir konnten dagegen die erfreuliche Mitteilung machen, daß bereits vor zwei Tagen ein Brief von Mr. Weeks aus San Salvador eingetroffen war, nach welchem der König von Kongo unsere Geschenke erhalten hatte und uns dafür seinen Dank aussprechen ließ. »Er würde sehr bald seinen Sohn mit Trägern zu uns entsenden, um uns zur Residenz zu führen; er habe auch Boten zum großen Kiamwo geschickt, die wegen unseres Besuches dort anfragen sollten«. Letzteres erwies sich übrigens später als unwahr, auch die für Kiamwo bestimmten Geschenke waren in die Koffer des Totila von Konto, denn so ist der Titel dieses Großkönigs, gewandert.

      Wir gingen nun an die Umpackung des Gepäcks und der Waren, von denen wir einen großen Teil zu Wasser von Ango-Ango nach Tondoa führten, in Trägerlasten, die im Gewicht von circa sechzig Pfund angefertigt wurden. Durch Kornelius und die Loangoleute, von denen wir die größere Mehrzahl für Tondoa übernahmen, ließ ich die Stoffe, die verschiedenen Sorten Perlen, alte Uniformstücke und Regenschirme, Hüte und viele als Geschenke zu verwendende Kleinigkeiten, als Metallglöckchen, Spiegel, Angelhaken, Nähnadeln und Zwirn, Messer u.s.f. in wassergeschützte Ballen packen und einnähen und fertigte zu jedem derselben Verzeichnisse an. Ferner gab es Bettstellen und Zelte, Stühle und Decken zu verpacken; viele Sachen mußten in tragbare Kisten und Koffer untergebracht werden, wie die Kücheneinrichtung, die persönliche Ausrüstung, die Munition für die Gewehre, die Vorräte an Konserve, Bücher und Schreibmaterialien, Preßpapier und Pressen, Sammelgläser und Spiritus, Streichhölzer und Tabak – kurz alle jene tausend Dinge, die uns für die Inlandreise nötig zu sein schienen.

      Als recht nützlich und anstellig erwies sich bei diesen Arbeiten ein älterer Zögling der Mission, Malewo, ein Sohn des Königs von Kongo. Malewo, oder – um ihm seinen angestammten Titel nicht vorzuenthalten – Prince Henrique d’Agua Rosada, war schon seit fünf oder sechs Jahren in der englischen Baptistenmission, in der er recht gut englisch zu sprechen, lesen und auch etwas zu schreiben gelernt hatte. Er konnte seine Muttersprache, das Fiote der Kongesen, lesen und schreiben und verstand Portugiesisch.

      Er wußte ferner einige Hymnen in Englisch und Fiote zu singen und hatte sich bei den Missionaren daran gewöhnt, Beinkleider, Strümpfe und Stiefel zu tragen – kurz er erwies sich mit seinen sechzehn oder siebzehn Jahren als ein recht gebildeter junger black gentleman. Anfänglich im Missionshause zu San Salvador erzogen, war er mehrfach auch in Begleitung seiner Lehrer zum Kongo gekommen und verstand infolgedessen manches von der Art und Weise des Reisens weißer Leute und von ihren Bedürfnissen. Er wußte die Speisen für europäische Gaumen erträglich zuzubereiten und benutzte selbst bisweilen Teller und Tischgeräte, er verstand Zelte und Betten aufzuschlagen und wieder ordnungsgemäß einzupacken, er konnte bis zu einem gewissen Grade unser Bedürfnis nach Wäsche begreifen und reinigte manchmal sogar die seine – er besaß in der Tat so viele nützliche Kenntnisse, daß ich Mr. Hughes bat, den jungen Menschen entlassen zu wollen, wenn derselbe geneigt sein sollte, in die Dienste der Expedition und zwar als mein persönlicher Boy zu treten. Wider Erwarten fand ich Mr. Hughes dazu bereit, er würde sogar nicht einmal das Fortgehen des jungen Malewo bedauern, dessen Brauchbarkeit für uns er zwar anerkannte, vor dessen Charakter zu warnen er sich aber verpflichtet fühlte. Derselbe habe sich bei verschiedenen Missionaren als unzuverlässig und unehrlich erwiesen, er sei von versteckter und eigennütziger Gemütsart.

      Ich glaubte diesen Eigenschaften im Innern des Landes, wo er auf mich angewiesen sein würde, entgegentreten zu können und engagierte den jungen Prinzen vorläufig nur für die Reise nach San Salvador. Malewo schien hocherfreut von der Aussicht reisen zu können – die Eingeborenen zeigen einen sehr ausgeprägten Wandertrieb – und versprach seinem bisherigen Herrn, Mr. Hughes, der Mission, in der er erzogen worden sei, keine Schande zu machen, sondern sich als treuen und nützlichen Diener zu zeigen.

      Am Sonntag den 7. Dezember machten sich die Herren Kund und Tappenbeck in der Frühe auf, um von Ango-Ango auf den linksseitigen Uferbergen zum Mposu zu gehen und von der an der Einmündung dieses Flusses in den Kongo gelegenen Station der Assoziation sich nach Vivi übersetzen zu lassen. Begleitet von nur einigen der eben engagierten Loangoboys, vermieden sie den gebräuchlichen über Tondoa an den Mposu führenden Weg, sondern gingen quer über das steinige Terrain, in dem das Gras noch niedrig stand, Hügel auf Hügel ab. Nach zwei oder drei Stunden in die Nähe eines Dorfes gelangt, ließen sie dieses zur Seite liegen, um durch eine Talsenke ihren Marsch fortzusetzen. Bewaffnete Eingeborene kamen jetzt aus jenem Dorf hervor, den Herren laut und drohend zurufend, und, als sich diese nicht darum kümmerten, sie verfolgend. Die Zahl der Verfolger vermehrte sich zusehends und den Drohungen folgten Gewehrschüsse, die freilich der weiten Entfernung halber keine unmittelbare Gefahr boten. Als die Schüsse aber häufiger fielen und die Verfolger sich beständig näherten, suchten die Herren die Gegner, deren Gebaren sie durchaus nicht verstanden, durch pantomimische Drohungen zurückzuschrecken. Diese blieben indessen ohne Erfolg und die Verfolgung währte bereits einige Stunden, als Leutnant Tappenbeck endlich drei Schüsse abgab, den ersten über die Köpfe der Angreifer hinweg, die beiden letzten auf diese selbst. Die Verfolger blieben nun zurück und unsere Herren kamen sehr erschöpft aber unverwundet an den Mposufluß, auf dessen jenseitigem Ufer die Station gelegen ist. Der Chef derselben kam freilich ans Ufer, konnte aber nur sein Bedauern aussprechen, aus Mangel eines Kanus die Herren nicht zu seiner Station überfahren lassen zu können. Da dieselben der Feinde halber nicht an der weiter oberhalb gelegenen Fährstelle der Eingeborenen den Fluß kreuzen konnten, die sehr reißende Strömung aber ein Durchschwimmen zu Unmöglichkeit machte, hißte der Stationschef Flaggensignale, um von Vivi einen Dampfer herbeizurufen, der die Herren nach dort überführen sollte. Sei es nun, daß man in Vivi die Flaggen und abgegebenen Signalschüsse nicht beachtete oder ein Fahrzeug nicht anwesend war, – kurz, es kam keine Hülfe für unsere Herren, die die Nacht herannahen sahen und, da sie keine Lebensmittel mit sich führten, an Hunger und Erschöpfung litten. An eine Rückkehr nach Ango-Ango war zumal zur Nachtzeit wegen der Verfolger nicht zu denken, und so mußten sie nebst ihren jugendlichen Dienern am Ufer des Mposu, im Angesicht der Station, die Nacht auf dem steinigen Boden ohne Feuer und Nahrung, ohne Zelt und Decken zubringen. Mit Tagesanbruch wendeten sie sich nach Ango-Ango zurück, wo sie gegen Mittag ungefährdet, aber in sehr erschöpftem Zustande anlangten.

      Dieses Abenteuer hatte indessen

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