Dr. Daniel Staffel 2 – Arztroman. Marie Francoise

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Dr. Daniel Staffel 2 – Arztroman - Marie Francoise Dr. Daniel Staffel

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auf der Zunge, doch sie wagte es nicht, sie zu stellen. Und so zwang sie sich, sich an den Fachausdruck zu erinnern, den Dr. Scheibler ein paarmal gebraucht hatte.

      »Bei mir soll eine Ko… Kol…, jetzt weiß ich es nicht mehr«, erklärte sie niedergeschlagen.

      Doch Bettina kannte sich auch hier bestens aus. »Eine Koloskopie.« Sie nickte. »Dabei wird der gesamte Dickdarm angeschaut, es ist tatsächlich eine recht unangenehme Untersuchung. Wenn Sie sich einigermaßen entspannen, dann ist es halb so schlimm. Es drückt ein bißchen im Bauch, wenn der Schlauch vorgeschoben wird, aber…«

      Bettina Klein kam nicht mehr dazu, das Thema zu vertiefen, denn in diesem Moment wurde Cornelia schon abgeholt.

      »So, Frau Schalk, das ist vorerst die letzte Station«, meinte Dr. Scheibler lächelnd, als er sie im Untersuchungsraum in Empfang nahm. »Haben Sie keine Angst, so schlimm ist die Koloskopie nicht.«

      Mit großen Augen sah Cornelia ihn an. »Glauben Sie… daß es… Darmkrebs ist?«

      »Um Himmels willen, nein!« wehrte Dr. Scheibler sofort ab. »Eine Darmspiegelung wird nicht nur gemacht, wenn Verdacht auf Darmkrebs besteht. Aber Sie haben bei der ersten Untersuchung durch Professor Thiersch über Druckschmerzen in der linken Unterbauchhälfte geklagt, und dafür müssen wir die Ursache finden.«

      »Ich… ich habe Angst«, gestand Cornelia leise.

      »Vor der Darmspiegelung?«

      Cornelia schüttelte den Kopf. »Vor dem Ergebnis.«

      *

      Bereits am Montag früh unternahm Dr. Metzler einen weiteren Versuch. In seinem und Dr. Daniels Namen beantragte er eine Gemeinderatssitzung, bei der der Bau einer Klinik in Steinhausen erörtert werden sollte.

      Bürgermeister Schütz war unschlüssig, ob er einem solchen Antrag überhaupt stattgeben sollte, doch er wußte, daß die beiden Ärzte nicht lockerlassen würden. Und so wurde die Sitzung für den nächsten Morgen anberaumt. Alles, was in Steinhausen Rang und Namen hatte, war anwesend – zu Dr. Daniels und Dr. Metzlers Leidwesen auch Martin Bergmann, der ehemalige Chef der CHEMCO. Er war es auch, der gleich das Wort ergriff.

      »Herr Bürgermeister, wie können Sie sich von einem Kerl wie Wolfgang Metzler eine außerordentliche Gemeinderatssitzung aufzwingen lassen?« polterte er los.

      »Ich lasse mir nichts aufzwingen!« entgegnete Bürgermeister Schütz ärgerlich. »Die Sitzung ist nötig, weil es ein Problem zu erörtern gibt.« Er wandte sich Dr. Metzler zu. »Bitte, tragen Sie Ihr Anliegen vor.«

      Dr. Metzler stand auf und bedachte Martin Bergmann mit einem feindseligen Blick, bevor er zu sprechen begann.

      »Vor zehn Tagen gab es in der CHEMCO einen folgenschweren Unfall. Aus bis jetzt noch ungeklärter Ursache explodierte in einem Labor ein Glaskolben. Der Chemiker Gerold Brück kam dabei mit stark brennbarer Säure in Berührung, die sich nahezu im selben Moment entzündete. Dank des vorbildlichen Verhaltens von Herrn Brücks Assistentin konnten die Flammen am Körper des Verunglückten sofort gelöscht werden. Trotzdem trug Herr Brück so schwere Verbrennungen davon, daß ich eine sofortige Einweisung ins Krankenhaus anordnete. Ich leistete Erste Hilfe, soweit es die beschränkten Mittel eines Werksarztes zulassen, während Rainer… ich meine Herr Bergmann junior, einen Notarzt alarmierte, wobei ausdrücklich auf die bestehende Schockgefahr hingewiesen wurde. Unglücklicherweise stürzte genau zu diesem Zeitpunkt auf der Bundesstraße ein Lastwagen um und blockierte beide Fahrspuren. Der Krankenhauswagen mußte einen Umweg fahren und kam nach einer halben Stunde bei der CHEMCO an.« Dr. Metzler schwieg einen Moment und betonte dann noch einmal: »Der Krankenwagen brauchte trotz Blaulicht und Martinshorn eine halbe Stunde vom Kreiskrankenhaus bis hierher – eine Strecke, die man mit einem normalen Wagen in fünfzehn Minuten zurücklegen kann. Als Notarzt und Krankenwagen bei der CHEMCO eintrafen, war Gerold Brück bereits tot – verstorben an den Folgen des Schocks.«

      Ein gedämpftes Stöhnen ging durch den Raum. Bis jetzt hatte jeder nur gehört, daß es einen tödlichen Unfall im Chemiewerk gegeben hatte, aber über die genaueren Umstände hatte niemand Bescheid gewußt.

      »Gäbe es in Steinhausen eine qualifizierte Klinik, dann wäre Herr Brück noch am Leben, und seine kleine Tochter müßte nicht als Vollwaise aufwachsen«, erklärte Dr. Metzler mit harter Stimme. »Und deshalb, meine Herren, beantrage ich den Bau einer Klinik in Steinhausen.«

      »Mit dir als Chefarzt«, fügte Martin Bergmann bissig hinzu, dann stand er auf. »Was Wolfgang Metzler gerade ausgeführt hat, ist blanker Unsinn. Ich selbst war jahrelang Chef der CHEMCO und weiß um die Unfallgefahr in einem Chemiewerk Bescheid. Für Gerold Brück wäre so und so jede Hilfe zu spät gekommen. Die Säure dürfte seine Haut verätzt haben, und die Verbrennungen haben ein übriges getan. Nach diesem Unfall hatte Brück keinerlei Überlebenschance.«

      »Falsch!« mischte sich Dr. Metzlar energisch ein. »Ich wußte von vornherein, daß Herr Bergmann die Tatsachen verdrehen würde, und habe deshalb eine Autopsie verlangt. Daraus geht eindeutig hervor, daß der Schock die Todesursache war. Herr Brück erlitt zwar schwerste Verätzungen und Verbrennungen, doch daran hätte er nicht sterben müssen.«

      »Er hätte nur ausgesehen wie ein Ungeheuer«, warf Martin Bergmann bissig dazwischen.

      »Es wäre am Leben!« betonte Dr. Metzler scharf. »Und die plastische Chirurgie ist heute auf einem medizinischen Stand…«

      »Das ist doch alles Unsinn!« fiel Martin Bergmann ihm ins Wort. »Das ganze Gerede, was hätte sein können, wenn… führt doch zu nichts. Gerold Brück erlitt einen bedauerlichen Unfall, aber Tatsache ist nun mal…«

      »Nein, Herr Bergmann!« fuhr Dr. Metzler dazwischen. »So einfach dürfen Sie es sich nicht machen. Herr Brück ist nicht der einzige, der gestorben ist, weil er nicht schnell genug in ein Krankenhaus gekommen ist oder zumindest noch am Unfallort die dringend nötige Infusion bekommen hat.« Er wandte sich wieder an die anderen Gemeinderatsmitglieder. »Meine Herren, es liegt zwar schon über zwanzig Jahre zurück, aber viele von Ihnen werden sich noch an den Tod meines Vaters erinnern. Damals wurde auch von einem bedauerlichen Unfall gesprochen. Tatsache war aber, daß mein Vater nicht rechtzeitig ins Krankenhaus gekommen ist, sonst wäre er heute noch am Leben. Damit das kein drittes Mal geschieht, verlange ich, daß Sie dem Bau einer Klinik nicht nur zustimmen, sondern diesen auch finanzieren. Eine Klinik in Steinhausen ist kein Luxus, sondern dringende Notwendigkeit.«

      Atemlose Stille folgte Dr. Metzlers Worten, dann erhob sich Bürgermeister Schütz. Man sah ihm an, daß er sich lieber irgendwo verkrochen hätte, aber er wußte, daß es seine Pflicht war, jetzt das Wort zu ergreifen.

      »Herr Dr. Metzler, ich verstehe Ihre Beweggründe, aber ich glaube, Sie machen es sich zu einfach«, begann er ein wenig unsicher. »Der Bau einer Klinik mag für die Angestellten der CHEMCO vielleicht eine Beruhigung darstellen, aber für die Allgemeinheit… ich meine, für die restlichen Einwohner von Steinhausen… immerhin haben wir ja das Kreiskrankenhaus in der Nähe…«

      »Es tut mir leid, wenn ich Sie unterbrechen muß«, mischte sich Dr. Daniel ein. »Das Kreiskrankenhaus mag für leichte Unfälle oder Blinddarmoperationen durchaus geeignet sein. Ich möchte dem dortigen Chefarzt keinesfalls zu nahe treten, aber ich überweise weit mehr Patientinnen an die großen Münchner Kliniken. Was Dr. Metzler und ich möchten, ist kein riesiges Krankenhaus mit unendlich vielen Abteilungen. Damit wären wir nur ein zweites Kreiskrankenhaus, und das ist nicht in unserem Sinne. Die Steinhausener Klinik sollte lediglich mit einer großen Chirurgie ausgerüstet sein und eine Abteilung für Gynäkologie enthalten.

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