Im Sonnenwinkel Staffel 1 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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Zweifel konnten kaum noch bestehen, als Henrike, nachdem sie von dem Besuch in Kenntnis gesetzt worden war, plötzlich heftige Kopfschmerzen zu verspüren schien. Sie wolle lieber »früh zu Bett gehen«, erklärte sie.
»Nimm eine Tablette«, erklärte ihre Mutter rigoros. »Warum sollten wir die Rückerts nicht mal einladen, auch wenn der Sohn zufällig euer Lehrer ist, schließlich werden sie am Wochenende immer unsere Nachbarn sein, da sie doch dieses hübsche Wochenendhaus hier haben.«
»Es ist mir peinlich, Mami«, gestand Henrike kleinlaut.
»Stell dich nicht so an, Ricky. Ihr jungen Leute seid doch sonst so forsch.« Sie machte eine kleine Pause. »Hat er dich denn so sehr beeindruckt?«, fragte sie dann liebevoll.
Henrike war ganz blass, aber sie sah einfach bezaubernd aus in ihrer Verwirrung. So deutlich war sich Inge noch nie bewusst geworden, wie reizvoll ihre Tochter war.
Es muss schon verflixt schwer sein für einen jungen Lehrer, mit so viel Anmut konfrontiert zu werden, ging es ihr durch den Sinn, doch ihr Mutterstolz war stärker als solche Bedenken.
Henrike, die von ihren Heimlichkeiten ohnehin schon lange bedrückt worden war, lehnte sich an den Küchentisch.
»Versteh mich doch bitte, Mami«, sagte sie leise. »Ich habe ihn damals getroffen, als ich die Besorgungen machte. Er war sehr nett. Eigentlich habe ich ihn da nicht zum ersten Mal gesehen. Es war gleich am ersten Tag, als wir auf dich gewartet haben. Da kam er mit seinem Collie. Und dann, am nächsten Tag, da hat mich so ein Widerling angequatscht, und Dr. Rückert hat mir aus der Patsche geholfen. Und die Blumen, die ich mitgebracht habe, hatte er mir geschenkt, weil es mir herausgerutscht war, dass ich Geburtstag hatte.«
Eine heiße Rührung überkam Inge, als sie in das junge verstörte Gesicht blickte. Sie ist ja verliebt, dachte sie, und es ist ganz anders als damals bei Percy.
»Sprich weiter, Kleines«, sagte sie liebevoll. »Es ist doch viel besser, wenn wir Bescheid wissen.«
»Papi geht doch die Wände hoch«, seufzte Henrike.
»Ach, Blödsinn, das denkst du bloß, aber wenn es dir lieber ist, können wir es ja für uns behalten.«
»Zwischen dir und Papi gibt es doch nie Heimlichkeiten«, flüsterte Henrike. »Ich will das auch nicht. Schau, ich wusste doch nicht, dass er Lehrer ist, und er wusste nicht, dass ich noch zur Schule gehe, ach, Mami«, schluchzte sie plötzlich auf, »ich würde lieber in eine andere Schule gehen.«
»Nun mal langsam, Kindchen. In welche denn? Glaubst du, mir wäre es recht, wenn ich dich auch noch fortgeben müsste? Es ist schon arg genug, dass Jörg so selten kommen kann. Das Jahr geht doch vorüber, und wie ich aus deinen Worten entnehme, ist er doch ein sehr korrekter junger Mann. Mach die Probe aufs Exempel, Ricky. Schau ihn dir mal im Familienkreis an. Du kannst dich nicht in ein Schneckenhaus verkriechen. Den Tatsachen muss man ins Auge sehen. Und wenn er ein Gentleman ist, wird er dich nicht ins Gerede bringen.«
»Das tut er bestimmt nicht, aber du weißt ja nicht, wie schwer es ist, ihn jeden Tag zu sehen und nicht mal mit ihm sprechen zu können.«
Und danach sank Henrike in die Arme ihrer Mutter und schluchzte bitterlich.
»Lass es gut sein, Kind«, murmelte Inge. »Du hast sonst verheulte Augen, wenn sie kommen. Du wirst schon alles überstehen. Was ist nun mit Percy?«, fragte sie dann mit einem flüchtigen Lächeln.
Wie weit weg war das, was vorher gewesen war! Percy?
Henrike sah ihn nur noch als Schemen. Mit liebevollen Mutteraugen erkannte Inge deutlich, wie tief diese Zuneigung zu Fabian Rückert schon in dem Mädchen verwurzelt war.
Ein Lehrer, dachte sie kopfschüttelnd. Liebe geht doch seltsame Wege. Aber mehr denn je brauchte Henrike jetzt den Rückhalt, um damit fertig zu werden.
»Nun trödele doch nicht so herum, Ricky«, mahnte Hannes, »was soll denn der Dr. Rückert denken, wenn du erst nach dem Essen kommst.«
»Es gibt doch sowieso nur ein kaltes Büfett«, erwiderte sie mit gepresster Stimme. »Außerdem muss ich Bambi noch zu Bett bringen.«
»Gehe schon allein«, versicherte die Kleine. »Hannes liest mir noch was vor. Ziehst du dein hübsches buntes Kleid an, Ricky?«
Hannes betrachtete seine Schwester kritisch. »Warum hast du geweint?«, fragte er.
»Ich habe nur Zwiebeln geschnitten«, redete sie sich heraus.
Hannes seufzte in sich hinein. Er begriff einfach nicht, dass Ricky so niedergeschlagen war, wo sie doch sonst so gern Gäste hatte.
»Vielleicht kannst du ihm mal sagen, dass er ein Auge zudrücken soll, wenn ich eine Schulaufgabe verhaue.«
»Das fehlte noch«, murmelte sie. »Du wirst dich auf die Hosen setzen und eben keine verhauen, verstanden?«
»Du hast leicht reden. Du kannst ja alles. Willst du eigentlich auch mal Lehrerin werden, Ricky?«
Sie überlegte ein paar Sekunden. »Vielleicht«, erwiderte sie dann. Bestimmt sogar, dachte sie weiter. Es erschien ihr plötzlich als der allerschönste Beruf.
»Au fein!«, rief Bambi aus. »Dann wirst du vielleicht meine Lehrerin, und dann schreibe ich nur Einser.«
Inge Auerbach hatte währenddessen schon die Gäste begrüßt und hatte ein wenig Muße, Fabian Rückert ins Auge zu fassen, da ihr Mann das Ehepaar in ein Gespräch gezogen hatte. Natürlich war es verständlich, dass sich Henrike in ihn verliebt hatte. Ein Vaterkind wie sie fühlte sich zu dem gleichen Typ hingezogen, den ihr Vater verkörperte. Ruhig, ausgeglichen und trotz der Jugend schon eine ausgeprägte Persönlichkeit. Das war Inges erster Eindruck. Er war ein Schwiegersohn, wie jede besorgte Mutter sich ihn wohl für ihre Tochter wünschte. Sie wollte sich nicht zu sehr in solche Gedanken versteigern, aber sie konnte sich ihnen auch nicht entziehen.
Eine intakte Familie, Stella ein reizendes, natürliches Mädchen, die Eltern sehr sympathisch und intelligent. Wenn ihr Mann schon jemanden auf Anhieb akzeptierte, konnte sie zufrieden sein. Werner war sonst alles andere als ein guter Gesellschafter.
»Meine Tochter kommt etwas später«, sagte Inge Auerbach beiläufig. »Sie bringt Bambi zu Bett.«
»Sie ist süß«, stellte Frau Rückert begeistert fest. »Wir hatten heute schon viel Spaß mit ihr.«
Inge entging es nicht, dass Fabian Rückert unruhig wurde, aber dann leuchtete es in seinen Augen auf. Henrike war am Treppenabsatz erschienen. Eine knisternde Spannung lag plötzlich über dem Raum.
»Fang dich«, flüsterte Stella ihrem Bruder zu.
Er gab sich einen Ruck. »Unsere Henrike«, sagte Inge Auerbach und griff nach dem Arm ihrer Tochter. »Wir nennen sie Ricky.«
»Wir kennen uns ja schon«, sagte Stella kameradschaftlich. »Schade, dass wir nicht in einer Klasse sind.«
Als Letztem reichte Ricky Fabian die Hand. Ihm gelang ein Lächeln. »Meine beste Schülerin, Herr Professor«, stellte er fest.
»Sie