Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон Gesammelte Werke bei Null Papier

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sich auf den Bä­ren stür­zen und ihn tö­ten. Aber sein Herz be­gann wie­der sein war­nen­des Po­chen: dump … dump … dump … Dann ka­men das wil­de Hüp­fen und das auf­ge­reg­te Flat­tern, der ei­ser­ne Ring, der sich um sei­ne Stirn press­te, und dann kroch das Schwin­del­ge­fühl schlei­chend durch sein Ge­hirn.

      Sein ver­zwei­fel­ter Mut wur­de von ei­ner mäch­ti­gen Woge von Angst be­siegt. Was soll­te er in sei­ner ver­damm­ten Schwä­che tun, wenn das Tier ihn an­griff? Er nahm sich zu­sam­men und stell­te sich in sei­ne im­po­san­tes­te Po­si­tur, fass­te das Mes­ser fest und starr­te den Bä­ren scharf an. Das mäch­ti­ge Tier mach­te mit plum­per Be­we­gung ei­ni­ge Schrit­te vor­wärts, stell­te sich auf die Hin­ter­bei­ne und ließ ver­suchs­wei­se ein Knur­ren hö­ren. Wenn der Mann lief, wür­de es ihm nach­lau­fen – aber er lief nicht. Jetzt war er von der Kühn­heit der Angst be­seelt. Auch er knurr­te, wild, schre­cken­er­re­gend. Und ver­lieh auf die­se Wei­se der Angst Stim­me, die dem Le­bens­wil­len so nahe ver­wandt und mit den tiefs­ten Wur­zeln des Le­bens ver­bun­den und ver­wach­sen ist.

      Der Bär ent­fern­te sich lang­sam, wäh­rend er dro­hend knurr­te, sich aber in Wirk­lich­keit selbst vor dem selt­sa­men Ge­schöpf, das so auf­recht und furcht­los da­stand, fürch­te­te. Der Mann aber rühr­te sich nicht. Wie eine Sta­tue blieb er ste­hen, bis die Ge­fahr ver­schwun­den war. Dann gab er der Schwä­che nach und sank er­schöpft und zit­ternd in das feuch­te Moos.

      Wie­der raff­te er sich auf und wan­der­te wei­ter. Aber jetzt hat­te er eine neue Art von Furcht ken­nen­ge­lernt. Es war nicht die Furcht vor dem pas­si­ven Tod des Ver­hun­gerns, son­dern die, durch äu­ße­re Ge­walt ver­nich­tet zu wer­den, ehe die Ent­beh­run­gen das letz­te Stre­ben, das den Wil­len zum Le­ben auf­recht hielt, in ihm ver­nich­tet hät­ten. Da wa­ren zum Bei­spiel die Wöl­fe. Ihr Heu­len er­scholl von al­len Sei­ten in der Ein­öde und ver­wan­del­te die Luft in eine Werk­statt der Dro­hung, der Ver­nich­tung und dunk­ler Ge­fah­ren. Und so er­füllt war die Luft von die­sen schreck­ein­flö­ßen­den Tö­nen, dass er sich selbst da­bei er­tapp­te, wie er die Arme em­por­streck­te und sich kör­per­lich da­ge­gen stemm­te, als ob es die Wand ei­nes vom Win­de um­tob­ten Zel­tes wäre.

      Wie­der und wie­der kreuz­ten die Wöl­fe in klei­nen Ru­deln von zwei oder drei Stück sei­nen Weg. Aber sie hiel­ten sich von ihm weg. Sie wa­ren nicht zahl­reich ge­nug, und au­ßer­dem jag­ten sie die Renn­tie­re, die nicht kämpf­ten, wäh­rend sie nie wis­sen konn­ten, ob die­ses selt­sa­me Ge­schöpf, das auf zwei Bei­nen auf­recht her­um­lief, nicht viel­leicht doch kratz­te oder biss.

      Im Lau­fe des spä­ten Nach­mit­tags kam er an eine Stel­le, wo ab­ge­nag­te Kno­chen ver­rie­ten, dass die Wöl­fe ein Tier ge­tö­tet hat­ten. Es war, wie er aus den Über­res­ten fest­stell­te, ein Renn­tier­kalb, das noch vor ei­ner Stun­de mun­ter her­um­ge­lau­fen und äu­ßerst le­ben­dig ge­we­sen war. Er be­trach­te­te die Kno­chen, die so sau­ber ab­ge­nagt wa­ren, als ob man sie ge­wa­schen und po­liert hät­te, und die noch einen ro­si­gen Ton zeig­ten, weil das Le­ben, das in ih­ren Zel­len ge­wirkt hat­te, noch nicht end­gül­tig er­lo­schen war. Konn­te es ge­sche­hen, dass, ehe der Tag zu Ende ge­gan­gen, von ihm selbst nichts wei­ter üb­rig war? So war das Le­ben ja. Ein eit­les und flüch­ti­ges Et­was. Und nur das Le­ben war eine Qual. Der Tod hat­te kei­ne Sta­cheln. Der Tod war nur Schlaf. Er be­deu­te­te Auf­hö­ren. Ruhe. Frie­den. Wa­rum in al­ler Welt woll­te er da nicht ger­ne ster­ben?

      Aber er mo­ra­li­sier­te nicht all­zu­lan­ge. Er hock­te im Moos und be­gann an den Res­ten vom Le­ben zu sau­gen, die noch von dem zar­ten Rosa der le­ben­di­gen Kraft ge­tönt wa­ren. Der süße Ge­schmack vom Fleisch, der nur lei­se und un­wirk­lich wie eine Erin­ne­rung war, mach­te ihn voll­kom­men ver­rückt. Sei­ne Kie­fer um­schlos­sen die Kno­chen und kau­ten drauf­los. Zu­wei­len wa­ren es die Kno­chen, bis­wei­len aber auch sei­ne Zäh­ne, die zer­spran­gen. Dann zer­malm­te er die Kno­chen zwi­schen zwei Stei­nen, mahl­te sie zu ei­nem Brei, den er schluck­te. Hin und wie­der quetsch­te er sich bei der Eile auch die Fin­ger, und doch fand er einen Au­gen­blick Zeit, dar­über zu stau­nen, dass es nicht be­son­ders weht­at, wenn er die Fin­ger ver­se­hent­lich mit dem schwe­ren Stein traf.

      Es ka­men schreck­li­che Tage mit Schnee und Re­gen. Er wuss­te gar nicht mehr, wann er la­ger­te und wann er wie­der auf­brach. Er wan­der­te eben­so oft nachts wie am Tage. Er blieb lie­gen, wo er zu­fäl­lig um­fiel, und kroch wei­ter, so­bald der ster­ben­de Le­bens­wil­le in ihm auf­fla­cker­te und ein we­nig kla­rer brann­te. Als Ein­zel­we­sen kämpf­te er über­haupt nicht mehr. Es war das Le­ben selbst in ihm, das ihn vor­wärts trieb. Er litt nicht mehr. Sei­ne Ner­ven wa­ren ab­ge­stumpft und un­emp­find­lich ge­wor­den. Aber sei­ne See­le wur­de von wun­der­ba­ren Vi­sio­nen und herr­li­chen Träu­men er­füllt.

      Und die gan­ze Zeit ging er und sog und nag­te an den zer­split­ter­ten Kno­chen des Renn­tiers, denn er hat­te die letz­ten elen­den Res­te auf­ge­sam­melt und schlepp­te sie über­all mit sich. Er über­quer­te kei­ne Was­ser­schei­den oder Hü­gel mehr, son­dern folg­te rein me­cha­nisch ei­nem großen Fluss, der durch ein wei­tes, seich­tes Tal­ge­län­de ström­te. Er sah we­der das Tal noch den Fluss. Er sah nichts als sei­ne Vi­sio­nen. See­le und Kör­per kro­chen wei­ter Sei­te an Sei­te, aber doch jede für sich, so dünn war der Fa­den, der bei­de mit­ein­an­der ver­band.

      Er kam plötz­lich rich­tig zum Be­wusst­sein, als er auf ei­nem Fel­sen auf dem Rücken lag. Die Son­ne schi­en klar und warm. Aus wei­ter Fer­ne hör­te er das Quie­ken der Renn­tier­käl­ber. Er hat­te eine un­kla­re Erin­ne­rung an Re­gen, Wind und Schnee, ob er aber zwei Tage oder zwei Wo­chen vom Sturm her­um­ge­schleu­dert wor­den war, das ahn­te er nicht.

      Eine Zeit lang blieb er un­be­weg­lich lie­gen und ließ den freund­li­chen Son­nen­schein auf sich her­ab­strö­men und sei­nen miss­han­del­ten Kör­per mit wun­der­vol­ler Wär­me sät­ti­gen. Ein herr­li­cher Tag, dach­te er. Vi­el­leicht wür­de es ihm ge­lin­gen fest­zu­stel­len, wo er war. Mit ei­ner schmerz­haf­ten An­stren­gung wälz­te er sich auf die Sei­te. Un­ter ihm ström­te ein brei­ter, lang­sam flie­ßen­der Fluss. Er kam ihm ver­blüf­fend un­be­kannt vor. Lang­sam folg­te er ihm mit den Au­gen: Der Fluss schlän­gel­te sich in wei­ten Win­dun­gen durch öde, nack­te Hü­gel, die öder und nack­ter wa­ren als ir­gend­wel­che Hü­gel, die er je ge­se­hen hat­te. Lang­sam, wohl­über­legt, ohne Er­re­gung oder grö­ße­res In­ter­es­se als sonst, folg­te er mit den Au­gen dem Lauf des un­be­kann­ten Stro­mes bis zum Ho­ri­zont und sah, dass er sich dort in einen kla­ren, hell schim­mern­den See er­goss. Noch im­mer spür­te er kei­ne Er­re­gung. Es ist höchst selt­sam, dach­te er, es muss eine Vi­si­on oder eine Fata Mor­ga­na sein – ir­gend­ei­ne Gau­ke­lei sei­nes ver­wor­re­nen Geis­tes. Er wur­de in die­ser An­nah­me auch da­durch be­stärkt, dass er ein Schiff ent­deck­te, das mit­ten auf dem schim­mern­den See vor An­ker lag. Er schloss einen Au­gen­blick die Au­gen und öff­ne­te sie dann wie­der. Merk­wür­di­ger­wei­se blieb die Vi­si­on im­mer noch. Und doch war es gar nicht selt­sam. Er wuss­te ge­nau, dass es kei­nen See und kein Schiff mit­ten im öden Lan­de ge­ben konn­te, ge­nau wie er wuss­te, dass er kei­ne Pa­tro­ne mehr in sei­nem lee­ren Stut­zen hat­te.

      Er hör­te hin­ter

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