Gesammelte Werke. Джек Лондон
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»Ja, das ist es«, lachte Saxon verständnisvoll. »Wenn es etwas gibt, das ich liebe, so sind es feine Blusen, und ich verbringe meine Tage damit, die schönsten Blusen von der Welt zu plätten. Das ist schwer, und es ist nicht, wie es sein sollte.«
Billy knirschte in einem neuen Wutanfall mit den Zähnen.
»Es macht mich krank, wenn ich daran denke, dass du sie plättest. Es wäre eine verfluchte Welt, wenn Männer und Frauen nicht hin und wieder einmal darüber reden könnten.« Es klang wie eine halbe Entschuldigung, und doch war ein gewisser selbstsicherer Trotz darin zu hören. »Ich rede nicht mit anderen Mädchen darüber. Die würden nur glauben, dass ich Hintergedanken dabei hätte. Ihre Angst, dass man immer Hintergedanken hat, kann einen krank machen. Aber du bist nicht so. Mit dir kann ich reden. Du bist wie Billy Murphy oder sonst irgendein Mann, mit dem man reden kann.«
Sie seufzte glückselig und sah ihn, ohne es zu wissen, mit Augen an, die vor Verliebtheit strahlten.
»Mir geht es ebenso«, sagte sie. »Mit den jungen Leuten, mit denen ich spazierenging, wagte ich nie, über so etwas zu reden aus lauter Angst, dass sie es missbrauchen würden. Ja, eigentlich habe ich immer, wenn ich mit ihnen zusammen war, das Gefühl gehabt, dass wir uns narrten und anlogen und Komödie spielten, als wäre man auf einem Maskenball.« Sie schwieg, wie um sich zu bedenken, und fuhr dann mit seltsam leiser Stimme fort: »Ich bin nicht schlafend durch die Welt gegangen – ich habe gesehen und gehört. Ich habe meine Chancen gehabt, und ich bin des Plättens so müde gewesen, dass ich alles hätte tun können. Ich hätte die feinen Blusen haben können – und alles andere – und Pferd und Wagen dazu, wer weiß? Da war ein Bankkassierer – ein verheirateter Mann noch dazu, warum nicht? Er redete ganz offen mit mir. Mit mir wurde nicht gerechnet, verstehst du? Ich war kein junges Mädchen mit den Gefühlen eines jungen Mädchens. Ich war eine Null. Es war eine reine Geschäftssache. Er –«
Ihre Stimme senkte sich wie in Kummer, und in dem eingetretenen Schweigen konnte sie hören, wie Billy mit den Zähnen knirschte.
»Du brauchst mir nichts weiter zu erzählen«, rief er. »Ich kenne das. Es ist eine dreckige Welt, eine gemeine, lausige Welt. Ich verstehe sie nicht. Es gibt keine Gerechtigkeit in ihr. Die Frau wird wie ein Pferd gekauft und verkauft, mit dem Besten, das in ihr ist. Ich verstehe die Frauen nicht. Ich verstehe die Männer nicht. Meiner Ansicht nach muss ein Mann betrogen werden, wenn er so kauft. Wie zum Beispiel mein Chef und seine Pferde. Er hat auch Frauen. Er hätte dich mithaben können, nur weil er reich ist. Und du, Saxon, du bist für feine Blusen und dergleichen geschaffen. Aber bei Gott, ich würde es nicht ertragen, dass du den Preis dafür bezahltest. Das wäre ein Verbrechen –«
Er schwieg plötzlich und straffte die Zügel. Bei einer scharfen Biegung kam ihnen ein Automobil gerade entgegengesaust. Es bremste kreischend und hielt an, während die Gesichter der Insassen sich plötzlich beim Anblick der beiden jungen Menschen in dem leichten Fuhrwerk, das ihnen den Weg versperrte, belebten. Billy hob die Hand.
»Fahren Sie an den Wegrand«, sagte er zum Chauffeur.
»Nicht zu machen, Freundchen«, antwortete der Chauffeur und maß mit sachverständigem Blick den lockeren Rand des Weges und die Tiefe des Abgrunds. »Dann halten wir«, erklärte Billy freundlich. »Ich kenne die Regeln der Straße. Diese Tiere sind ein bisschen automobilscheu. Wenn Sie glauben, dass ich sie hier auf dem Hügel ängstlich gemacht haben will, dann irren Sie sich.«
Ein wirres Summen gekränkter protestierender Stimmen erklang aus dem Wagen.
»Sie brauchen nicht gleich als Landstraßenräuber aufzutreten, weil Sie ein Bauernlümmel sind«, sagte der Chauffeur. »Wir wollen Ihren Pferden nichts tun. Weichen Sie aus, dass wir vorbeikommen. Wenn nicht – –«
»Weichen Sie selber aus«, ertönte Billys Antwort. »So können Sie nicht mit mir reden. Ich kenne Sie. Machen Sie, dass Sie wegkommen. Fahren Sie rückwärts den Hang hinauf und halten Sie sich bei der ersten Stelle, wo Platz genug zum Ausweichen ist, ganz rechts.«
Nach einer furchtsamen Beratung mit den anderen Insassen des Automobils gehorchte der Chauffeur. Das Automobil fuhr rückwärts die Anhöhe hinauf und verschwand hinter der Wegbiegung.
»So ein Pack«, sagte Billy ärgerlich zu Saxon. »Wenn sie ein paar Liter Benzin haben und sich einen Wagen leisten können, glauben sie gleich, dass die Wege, die deine und meine Eltern gemacht haben, ihnen allein gehören.«
»Sollen wir hier die ganze Nacht warten?« ertönte die Stimme des Chauffeurs hinter der Wegbiegung. »Machen Sie, dass Sie weiterkommen. Die Passage ist frei.«
»Halten Sie den Mund«, antwortete Billy verächtlich. »Ich komme, wann ich komme, und wenn Sie nicht Platz genug machen, fahre ich glatt über Sie und Ihre Ladung Hühner hinweg.«
Er ließ den unruhigen Tieren ein ganz klein wenig die Zügel, und ohne dass er die Peitsche gebrauchen musste, zogen sie den leichten Wagen bergan und passierten ängstlich und scheu die lärmende Maschine.
»Wo waren wir stehen geblieben?« fragte Billy, als sie wieder freie Bahn hatten. »Ja, bei meinem Chef. Warum soll er zweihundert Pferde und Frauen und alles Mögliche haben und du und ich nichts?«
»Du hast deine Seide, Billy«, sagte sie sanft.
»Und du deine. Aber wir verkaufen sie an andere, wie man Stoffe an der Theke für so und so viel die Elle verkauft. Du weißt selbst am besten, was ein paar Jahre in der Plätterei für dich bedeuten. Und ich selber! Ich verkaufe meine Seide jeden Tag, wenn ich arbeite. Sieh den kleinen Finger hier.« Er nahm die Zügel in die eine Hand und hob die andere, die jetzt frei war, hoch, sodass sie sie sehen konnte. »Ich kann ihn nicht wie die anderen ausstrecken, und das wird immer schlimmer. Das kommt vom Fahren. Hast du je die Hände eines alten Kutschers gesehen? Sie gleichen Krallen, so krumm und verkrüppelt sind sie.«
»In den Tagen, als unsere Väter über die Prärie gingen, sah das Leben anders aus«, antwortete sie. »Sie bekamen auch krumme Finger, aber was es an Pferden und dergleichen gab, gehörte ihnen.«
»Eben. Sie arbeiteten für sich. Sie machten sich die Finger für sich selber krumm. Aber ich mache mir die Finger für meinen Chef krumm. Kannst