Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон Gesammelte Werke bei Null Papier

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bei mei­nem Bru­der – wir ha­ben seit­dem im­mer zu­sam­men ge­wohnt. Es war ein Jun­ge, der einen Bäcker­wa­gen fuhr. Ich traf ihn fast je­den Mor­gen auf dem Schul­weg. Er kam zu der Zeit durch die Wood Street und bog in die Zwölf­te ein. Vi­el­leicht war es der Um­stand, dass er mit ei­nem Pferd fuhr, was mich an­zog. Was es auch war, je­den­falls war ich ein paar Mo­na­te lang in ihn ver­liebt. Dann ver­lor er sei­ne Stel­lung oder was sonst ge­sch­ah –, je­den­falls fuhr von jetzt an ein an­de­rer Jun­ge den Bäcker­wa­gen. Und wir ge­lang­ten nicht ein­mal so weit, dass wir mit­ein­an­der spra­chen.

      Der drit­te kam, als ich sech­zehn Jah­re alt war, er war Buch­hal­ter. Es scheint fast, dass ich zu Buch­hal­tern pas­se. Der, den Char­ley Long über­fiel, war auch Buch­hal­ter. Die­sen traf ich, als ich in Hick­meyers Fa­brik ar­bei­te­te. Er hat­te auch wei­che Hän­de. Aber ich hat­te bald ge­nug von ihm. Er war – nun ja, er war so wie dein Chef. Und of­fen ge­stan­den, Bil­ly, ich war nie ernst­haft in ihn ver­liebt. Ich fühl­te von An­fang an, dass er nicht war, wie er sein soll­te. Und als ich in der Kar­to­na­gen­fa­brik ar­bei­te­te, glaub­te ich eine Wei­le, in einen Kom­mis aus Kahns Wa­ren­haus, du weißt, in der Elf­ten Ave­nue, ver­liebt zu sein. Er war un­ge­heu­er kor­rekt. Das eben war das Lang­wei­li­ge an ihm. Er war zu kor­rekt – gar kein rich­ti­ger Mann. Aber er woll­te mich zur Frau ha­ben. Das war mir noch nicht ein­mal auf­ge­gan­gen. Das be­weist, dass ich nicht in ihn ver­liebt war. Er war schmal­brüs­tig und ma­ger, und sei­ne Hän­de wa­ren im­mer kalt und feucht. Aber du großer Gott, wie er ge­klei­det ging! Wie aus ei­nem Mo­de­jour­nal aus­ge­schnit­ten. Er sag­te, er wol­le ins Was­ser ge­hen und der­glei­chen, aber ich mach­te doch Schluss.

      Und da­nach … ja, da­nach gibt es nichts mehr. Ich war viel­leicht et­was an­spruchs­voll ge­wor­den, aber ich traf kei­nen, in den ich mich hät­te ver­lie­ben kön­nen. Mit den Män­nern, de­nen ich be­geg­ne­te, war es eher eine Art Spiel oder Kampf. Und kei­ner von uns kämpf­te ganz ehr­lich. Char­ley Long, der war al­ler­dings ehr­lich, und der Bank­kas­sie­rer üb­ri­gens auch. Aber die lie­ßen mich nur de­sto stär­ker füh­len, wie schwer der Kampf war. Und alle lehr­ten mich, selbst auf mich zu ach­ten. Sie ta­ten es nicht. Das ist si­cher.«

      Sie hielt inne und be­trach­te­te auf­merk­sam sein rei­nes Pro­fil, wäh­rend er auf die Pfer­de ach­te­te. Plötz­lich sah er sie for­schend an, und sie lä­chel­te ihn schläf­rig an, wäh­rend sie die Arme reck­te.

      »Ja, das ist al­les«, schloss sie. »Ich habe dir al­les er­zählt, was ich noch nie ei­nem Men­schen er­zählt habe. Und jetzt bist du an der Rei­he.«

      »Da ist nicht viel zu er­zäh­len, Sa­xon. Ich habe mir nie et­was aus Mäd­chen ge­macht – ich mei­ne, nicht so, dass ich sie hät­te hei­ra­ten mö­gen. Ich habe mir im­mer mehr aus Män­nern ge­macht – aus sol­chen wie Bil­ly Mur­phy. Au­ßer­dem hat­te ich zu viel mit Trai­nie­ren und Bo­xen zu tun, als dass ich Zeit ge­habt hät­te, mich um Mäd­chen zu küm­mern. So si­cher ich nicht ganz ge­we­sen bin, wie ich hät­te sein sol­len – du ver­stehst, was ich mei­ne – so si­cher habe ich noch zu kei­nem Mäd­chen von Lie­be ge­spro­chen.«

      »Aber die Mäd­chen sind doch in dich ver­liebt ge­we­sen«, neck­te sie ihn, wäh­rend ihr Herz vor ver­wun­der­ter Freu­de über sein keu­sches Ge­ständ­nis schwoll.

      »Nun ja, da­für konn­te ich nichts«, sag­te er nach­denk­lich. »Du weißt nicht, Sa­xon, wie sie ei­nem Bo­xer nach­lau­fen. Aber der Mann, der sich so von ih­nen in die Ta­sche ste­cken lässt, ist ein gu­ter Dumm­kopf.«

      »Vi­el­leicht bist du ein Mensch, der sich gar nicht ver­lie­ben kann«, mein­te sie her­aus­for­dernd.

      »Kann sein«, lau­te­te sei­ne we­nig er­mu­ti­gen­de Ant­wort. »Je­den­falls kann ich es mir nicht gut den­ken, mich in ein Mäd­chen, das es dar­auf an­legt, zu ver­lie­ben.«

      »Mei­ne Mut­ter sag­te stets, Lie­be sei die größ­te Macht in der Welt«, sag­te Sa­xon. »Sie schrieb auch Ge­dich­te dar­über. Ei­ni­ge da­von wur­den im ›San José Mer­cu­ry‹ ver­öf­fent­licht.«

      »Und was meinst du dazu?«

      »Oh, ich weiß nicht«, warf sie leicht hin, be­geg­ne­te aber sei­nem Blick mit ei­nem neu­en trä­gen Lä­cheln. »Ich weiß nur, dass es gut ist, einen Tag wie die­sen zu er­le­ben.«

      »Mit ei­ner Aus­fahrt wie heu­te – ja, da hast du recht«, füg­te er schnell hin­zu.

      *

      Um ein Uhr bog Bil­ly von der Land­stra­ße ab und fuhr in eine Lich­tung un­ter den Bäu­men. »Hier es­sen wir«, ver­kün­de­te er. »Ich dach­te, es wäre bes­ser, selbst das Früh­stück zu ma­chen, als in ei­nem Wirts­haus an der Land­stra­ße zu es­sen. Und jetzt will ich die Pfer­de ab­schir­ren. Wir ha­ben mas­sen­haft Zeit. Wir kön­nen den Früh­stücks­korb aus­pa­cken.«

      Als Sa­xon den Korb aus­ge­packt hat­te, war sie über sei­ne Ver­schwen­dung ent­setzt. Sie hol­te ein ver­blüf­fen­des Ar­se­nal von But­ter­bro­ten mit Schin­ken, Krab­ben­sa­lat, hart­ge­koch­te Eier, Schweins­fü­ße in Ge­lee, rei­fe Oli­ven, Es­sig­gur­ken in Dill, Schwei­zer­kä­se, Salz­man­deln, Ap­fel­si­nen, Ana­nas und meh­re­re Fla­schen Bier her­vor. Nicht al­lein die Men­ge ver­blüff­te sie, son­dern auch die Viel­fäl­tig­keit. Es mach­te auf sie den Ein­druck, als hät­te er kühn ver­sucht, ein gan­zes De­li­ka­tes­sen­ge­schäft auf­zu­kau­fen.

      »Es war doch nicht nö­tig, so­viel zu kau­fen«, sag­te sie, als sie sich ne­ben ihn ge­setzt hat­te. »Das ist ja ge­nug für ein Dut­zend Mau­rer.«

      »Aber es ist gut, nicht wahr?« frag­te er.

      »Ja«, gab sie zu. »Nur zu viel.«

      »Dann ist es also rich­tig«, ent­schied er. »Ich habe im­mer gern al­les reich­lich. Lass uns mit ei­nem Schluck Bier den Staub aus dem Hals spü­len, ehe wir uns ans Es­sen ma­chen. Sei vor­sich­tig mit den Glä­sern. Ich muss sie zu­rück­ge­ben.«

      Als sie mit dem Es­sen fer­tig wa­ren, leg­te er sich auf den Rücken, rauch­te eine Zi­ga­ret­te und frag­te sie nach ih­rer Ver­gan­gen­heit aus. Sie hat­te ihm ge­ra­de von ih­rem Le­ben im Hau­se ih­res Bru­ders er­zählt, wo sie vier­ein­halb Dol­lar wö­chent­lich be­zahl­te. Mit fünf­zehn Jah­ren hat­te sie die Ge­mein­de­schu­le ver­las­sen und dann Ar­beit in der Ju­te­fa­brik für vier Dol­lar wö­chent­lich ge­fun­den, von de­nen sie Sa­rah drei be­zahl­te.

      »Aber die­ser Gast­wirt?« frag­te Bil­ly. »Wie ging es zu, dass er dich zu sich nahm?«

      Sie zuck­te die Ach­seln. »Ich weiß es ei­gent­lich nicht – viel­leicht, weil es der Fa­mi­lie schlecht ging. Sie schie­nen nicht wei­ter­kom­men zu kön­nen. Sie konn­ten sich ge­ra­de durch­schla­gen, aber mehr auch nicht. Cady – der Gast­wirt – hat­te in der Kom­pa­gnie mei­nes Va­ters ge­stan­den, und er schwor auf Ka­pi­tän Kit, das war der Spitz­na­me mei­nes Va­ters. Mein Va­ter hat­te die Ärz­te ver­hin­dert, ihm das Bein zu am­pu­tie­ren, und das ver­gaß er ihm nie. Er ver­dien­te

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