Gesammelte Werke. Джек Лондон
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Джек Лондон страница 77
Cady war ein guter Mann, wenn er auch nur Gastwirt war. Seine Frau war groß und hübsch, und ich glaube, sie war nicht, wie sie sein sollte – das habe ich später gehört. Aber zu mir war sie gut. Als er starb, ging sie ganz vor die Hunde, und dann kam ich ins Waisenhaus. Da war es nicht gerade angenehm, und ich war drei Jahre lang dort. Dann aber hatte Tom sich verheiratet und feste Arbeit bekommen, und er nahm mich heraus, und seitdem habe ich stets für mein tägliches Brot arbeiten müssen.«
Sie sah traurig über die Felder hinaus, bis ihr Blick auf einem Gatter haften blieb, an dem flammender Mohn wuchs. Billy, der auf dem Rücken gelegen, zu ihr aufgesehen und seinen Blick mit Wohlbehagen auf dem feinen Oval des schmalen Mädchenantlitzes hatte ruhen lassen, streckte jetzt langsam die Hand aus und murmelte: »Armes Tierchen.«
Seine Hand schloss sich im innigen Mitgefühl um ihren rechten Unterarm, und als ihr Blick den seinen suchte, las sie sowohl Überraschung wie Freude darin.
»Nein«, sagte er, »wie kühl deine Haut ist. Fühl mich an, ich bin immer warm. Fühl meine Hand an.«
Die Hand war warm und feucht, und jetzt bemerkte sie auch winzige Schweißperlen auf seiner Stirn und seiner glattrasierten Oberlippe.
»Aber, Lieber, du bist ja ganz verschwitzt.«
Sie beugte sich über ihn und wischte ihm mit ihrem Taschentuch Stirn und Lippen und dann die Handflächen ab.
»Ich atme durch die Haut, glaube ich«, erklärte er. »Die klugen Leute auf dem Trainingsplatz und in den Turnsälen sagen, dass das gute Gesundheit bedeutet. Aber augenblicklich schwitze ich doch mehr als gewöhnlich. Komisch, nicht wahr?«
Um ihm den Schweiß von der Stirn zu wischen, hatte sie ihren Arm freimachen müssen; als sie aber fertig war, nahm er ihn wieder.
»Aber wie kühl doch deine Haut ist«, wiederholte er mit derselben Bewunderung als früher. »Und so weich wie Samt und so glatt wie Seide anzufühlen.«
Sanft und untersuchend ließ er seine Hand von ihrem Handgelenk bis zum Ellbogen und wieder zurück gleiten. Der lange Vormittag im Sonnenschein hatte sie müde und schläfrig gemacht; sie gab sich dem Wohlbehagen hin, das sie bei dieser Berührung fühlte, und ertappte sich dabei, wie sie sich halb träumend sagte, dass hier der Mann war, den sie lieben konnte, ihn, seine Hände und seinen ganzen Körper.
Sanft ließ er seine Hand ihren Arm hinaufgleiten, und während sie auf seine Lippen sah, dachte sie an das bange Beben, das sie bei ihrer ersten Begegnung gefühlt hatte.
»Sprich weiter«, fuhr er nach etwa fünf Minuten seligen Schweigens fort. »Ich sehe so gern deine Lippen, wenn du sprichst. Es ist merkwürdig, aber jede Bewegung, die du machst, ist wie ein kleiner Kuss.«
»Wenn ich etwas sage, so weiß ich nicht, ob es dir gefallen wird.«
»Nur los«, drang er in sie. »Du kannst nichts sagen, was mir nicht gefiele.«
»Nun ja, drüben an der Hecke steht Mohn, den ich gern pflücken möchte.«
»Ich lasse dich gleich los«, lachte er. »Aber ich will dir etwas sagen – du musst ›Wenn die Tage des Herbstes vorbei‹ singen und mich dabei den anderen deiner kühlen Arme halten lassen, und dann fahren wir.«
Als sie das Lied gesungen hatte, befreite sie ihren Arm und erhob sich.
Die Sonne ging schon unter, als sie in einem großen Bogen nach Osten und Süden die Wasserscheide der Contra-Costa-Berge erreichten und den langen Hügel, der an Redwood Peak vorbei nach Fruitvale führte, hinabzufahren begannen. Unter ihnen glitt die flache Küste in die Bucht hinaus, wie ein Schachbrett in Felder und Städte eingeteilt – Elmhurst, San Leandro und Haywards. Der Rauch von Oakland verschleierte den westlichen Horizont wie ein dunkler Nebel, und auf der anderen Seite der Bucht sahen sie San Franzisko.
Die Dunkelheit senkte sich auf sie herab, und Billy war so merkwürdig schweigsam. In der letzten halben Stunde hatte er anscheinend ihre Existenz ganz vergessen, nur dass er einmal sie und sich zum Schutz gegen den kalten Abendwind fester in die Decke wickelte. Saxon saß eng neben ihm. Die Wärme ihrer Körper vermischte sich, und ein inniges Gefühl von Ruhe und Freude überkam sie.
»Hör mal, Saxon«, begann er plötzlich. »Es hat keinen Zweck, dass ich länger schweige. Ich hab es den ganzen Tag auf den Lippen gehabt – seit dem Frühstück. Was meinst du dazu, mich zu heiraten?«
Sie wusste – und es war Sicherheit und Freude in dem Gefühl –, dass es sein Ernst war. Instinktiv aber fühlte sie den Drang, ihn zurückzuhalten, ihn ein wenig zu quälen, sich kostbar und dadurch noch begehrenswerter zu machen, ehe sie nachgab. Außerdem waren ihr Feingefühl und ihr weiblicher Stolz ein wenig verletzt. Billys Draufgängertum war beinahe abstoßend. Aber doch sehnte sie sich wieder schrecklich nach ihm – wie sehr, wusste sie erst jetzt.
»Nun, so sag doch etwas, Saxon. Lass es mich wissen, gut oder böse. Aber lass es mich wissen. Und noch eins. Denk daran, dass ich dich liebe. Bei Gott, ich liebe dich ganz wahnsinnig, Saxon. Natürlich, das muss ich ja, wenn ich dich frage, ob du mich heiraten willst; denn das habe ich noch nie ein Mädchen gefragt.«
Wieder trat Schweigen ein, und Saxon fühlte, wie ihre Gedanken um den warmen, zitternden Körper unter der Decke zu kreisen begannen. Als sie merkte, wo diese Gedanken sie hinführen wollten, wurde sie in der Dunkelheit glühend rot.
»Wie alt bist du, Billy?« fragte sie so unerwartet, dass er jetzt ebenso verblüfft war, wie sie bei seinen ersten Worten gewesen.
»Zweiundzwanzig«, antwortete er.
»Ich bin vierundzwanzig.«
»Als ob ich das nicht wüsste! Wenn ich weiß, wie alt du warst, als du das Waisenhaus verließest, und wie lange du in der Jutefabrik, in der Konservenfabrik, in der Kartonagenfabrik und in der Plätterei arbeitetest, glaubst du, ich könnte das nicht zusammenrechnen? Ich wusste dein Alter bis auf deinen Geburtstag genau.«
»Das ändert nichts an der Tatsache, dass