Slayer - Warrior Lover 13. Inka Loreen Minden
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Sie wurde so kräftig durchgerüttelt, dass ihre Zähne aufeinander schlugen. Oder klapperten sie immer noch vor Furcht? Ihr Mund war strohtrocken und sie hatte Durst, unendlichen Durst …
Als Slayer plötzlich stehen blieb und auf die Knie fiel, dachte sie, er würde zusammenbrechen. War er getroffen worden? Er hatte ein paar Mal gezuckt und schmerzerfüllt aufgebrüllt. Doch er ließ sie nicht los, hielt sie mit einer Hand immer noch fest.
»Bist du gechippt?«, fragte er mit grollender Stimme, die wieder genauso unmenschlich klang wie zuvor in der Arena.
»J-ja.« Wie in Trance hielt sie ihm ihren Unterarm vor die Nase.
Vereinzelt drang Mondschein durch die Bäume, und sie erkannte sein angespanntes Gesicht. Er schwitzte und atmete schwer. Mit der freien Hand tastete er ihren Arm ab und murmelte dann: »Ich muss ihn rausholen.«
Noch ehe sie protestieren konnte, ritzte er mit einer Kralle ihre Haut leicht auf. Mary presste wegen des kurzen Schmerzes die Lippen fest zusammen, um bloß keinen Laut zu machen, und atmete erst wieder ein, nachdem Slayer mit dem Daumen den winzigen Chip aus der kleinen Öffnung gedrückt und ihn weggeworfen hatte. Anschließend hob er den Arm, um etwas an seinem Nacken zu machen. Besaß er dort etwa auch ein Implantat?
»Warum tust du das?« Mary betrachtete den dicken Bluttropfen, der sich auf ihrem Arm bildete. Zum Glück tat die kleine Wunde nicht sehr weh.
»Jetzt können sie uns nicht mehr orten«, grollte er.
Orten? Sie dachte, auf dem Chip wären nur ihr Zugangspasswort und ein paar persönliche Daten gespeichert gewesen, damit sie zum Arbeiten das Königreich betreten konnte. »Das Implantat war ein verdammter Peilsender?«
Er nickte. »Meines ganz bestimmt, bei dir weiß ich es nicht. Aber ich will kein Risiko eingehen. Wohin jetzt?« Taumelnd stand er auf und lief erneut los. »Wo bist du sicher?«
Sicher? Sie?
Mary krallte sich an seiner Schulter fest und spürte feuchte Wärme zwischen ihren Fingern. Hatte ihn dort eine Kugel verletzt?
Als er knurrend wiederholte: »Wohin?«, stieß sie hervor: »Zu mir! Neben dem Dorf führt ein schmaler Pfad durch den Wald bis zu meiner Hütte.«
Slayer schlug einen Haken und rannte nun auf die entfernten Lichter zu, die zwischen den Baumstämmen hindurchblitzten.
Hoffentlich brachte er sie nicht ins Dorf! Die Menschen würden sich vor ihm fürchten und er würde ihnen vielleicht etwas antun. Schließlich war er ein Biest, ein Monster, das schon viele Leben genommen hatte! Lieber starb nur sie in der Einsamkeit ihres Heimes, als dass sie andere gefährdete.
»Weiß der König denn nicht, wo du wohnst?«, fragte Slayer mit tiefer Stimme. Sein Atem rasselte und er taumelte immer öfter, doch er verlor kaum an Geschwindigkeit.
»Nein. Er glaubt, ich komme aus dem Dorf.« Sie hatte nicht protestiert, als ein Lakai des Königs diese Daten in seinen Computer eingetragen hatte. Als ob sie gewusst hätte, dass ihr die Fehlinformation einmal nützlich sein könnte. Sie hatte Yorick allerdings noch nie vertraut. Es wurde sogar gemunkelt, er hätte seinen Vater vergiftet, um an die Macht zu kommen.
Mary sah, wie Slayer nickte, dann verdeckten wieder Baumkronen den Blick auf den Mond und völlige Finsternis verschlang sie.
Mary hörte nur noch Slayers keuchende Atemzüge und betete, dass er mit ihr nicht gegen einen Stamm lief. Doch er schien im Dunkeln ausgezeichnet zu sehen. Im Labyrinth hatte ihn der Nebel auch nicht behindert. Dieser Kerl war nicht nur übermenschlich stark – womöglich verfügte er auch noch über andere Superkräfte?
Mary atmete leicht auf, als er tatsächlich dem Dorf auswich und den Pfad nahm, der zu ihrer Hütte führte. Sie hatte das Häuschen von ihren Eltern geerbt. Dad war Jäger gewesen, deshalb lebte sie auch heute noch außerhalb der Dorfgemeinschaft und war auch nicht ins Dorf gezogen. Dort besaß sie kein Haus mit eigenem Brunnen und hätte in einer Pension unterkommen müssen, was sie zusätzlich Geld kosten würde. Als Kind hatte sie sich in der Einsamkeit des Waldes gelangweilt, jetzt kam sie ihr womöglich zugute. Doch wollte sie allein mit einem Biest sein?
Er hat dich gerettet, sagte sie sich immer wieder, während Slayer sie unermüdlich trug. Er ist keine Bestie.
Sie wollte sich von seinem Äußeren nicht verunsichern lassen, doch es lag nicht allein an seinen Fängen und Krallen, dass sie ihm nicht vertraute – sie hatte mehrmals die Shows gesehen, in denen er immer getötet und oft auch vergewaltigt hatte.
Was aber, wenn er den König und das Volk nur getäuscht hatte, genau wie bei ihr heute?
Ihr blieb keine Zeit, länger darüber nachzudenken, denn sie hatten ihr Ziel erreicht. Vor ihnen, auf einer kleinen, vom Mond beschienenen Lichtung, tauchte Marys bescheidenes Blockhaus auf. Es bestand nur aus einem etwa zwanzig Quadratmeter großen Wohnraum mit je einem Fenster auf der kurzen und zwei Fenstern auf der langen Seite. Mitten darin gab es eine Kochstelle, die zugleich während der kühleren Jahreszeiten das Häuschen warmhielt, und dort ragte auch ein Kamin aus dem Dach.
Slayer fragte nicht, ob das ihr Haus war, sondern joggte darauf zu und trat die verschlossene Tür ein.
Mary beschwerte sich nicht, denn sie wollte ihn auf keinen Fall erzürnen. Was würde er jetzt mit ihr machen?
Drinnen war es dunkel, doch er marschierte mit ihr zielstrebig zu ihrem Bett, das sich ganz am anderen Ende befand, um sie dort abzulegen. Sofort kroch sie in die Ecke und drückte sich mit dem Rücken gegen die Wand, weil sie befürchtete, er würde jetzt einfordern, was er in der Arena nicht vollzogen hatte – doch er näherte sich ihr nicht weiter. Stattdessen hörte sie, wie er sich ein paar Schritte entfernte, dann polterte es ordentlich, sodass der Holzboden bebte, und … es herrschte absolute Stille. War er irgendwo dagegen gerannt? Hatte er ihr Heim verlassen?
»Slayer?«, wisperte sie. »Bist du noch da?«
Mary hörte nur das Herz in ihren Ohren pochen. Durch die offene Tür drang kein Mondlicht, weshalb sie nicht einmal die Hand vor Augen sah, als sie sich an der Wand bis zum Esstisch vortastete, um dort mit einem Streichholz eine Kerze zu entzünden. Auf der Platte stand noch ihr gläserner Wasserkrug von vorgestern, als sie das Haus verlassen hatte. Mary setzte ihn an ihre Lippen und trank gierig mehrere Schlucke, bis sich ihr Magen schmerzhaft verkrampfte. Sie hatte im Gefängnis nichts zu trinken bekommen und ihre Kehle war schon ganz trocken gewesen.
Ihre Hände zitterten, als sie den Krug abstellte – dann drehte sie sich um und stieß einen kleinen Schrei aus. Slayer lag reglos vor dem Kamin in der Mitte des Hauses auf dem Bauch.
Sofort donnerte ihr Herz wieder mit voller Wucht los. War er tot?
Sie nahm die Kerze und näherte sich langsam der riesigen Gestalt auf dem Boden, Schritt für Schritt, aber Slayer rührte sich nicht und schien auch nicht zu atmen. Leider konnte sie sein Gesicht nicht sehen, denn seine dichten Haarsträhnen lagen darüber. Als Mary direkt neben ihm stand, erkannte sie drei Einschusslöcher an seinem Rücken und eine Schusswunde am Oberarm, die jedoch alle nicht mehr bluteten.
»Hallo?« Mit ihrem Fuß stupste sie vorsichtig gegen seinen Unterschenkel, und als Slayer leise, aber bedrohlich knurrte, machte sie einen Satz zurück und hätte beinahe die Kerze fallen gelassen.
Ihr Herz raste schon wieder.