Butler Parker Staffel 3 – Kriminalroman. Günter Dönges
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Er beeilte sich nun, in Lern Barrys Büro zu gelangen. In der Tür blieb er betroffen stehen. Seine Augen bot sich ein schauriges Blutbad.
Vor dem Schreibtisch lag der Gangsterboß Lern Barry.
In seinem Sessel hing Joel, der Gangster mit der Knorpelnase und den tückischen Augen. Die Augen waren geschlossen. Der Mann war von einer Serie aus einer Maschinenpistole getroffen worden. Er war tot.
Josuah Parker untersuchte die beiden Toten sehr vorsichtig und hütete sich, irgend etwas anzurühren. Die beiden Gangster mußten von der Tür aus von der Maschinenpistole erfaßt worden sein. Sie hatten noch nicht einmal die Zeit gefunden, ihre Waffen zu ziehen.
Parker kam zu dem Schluß, daß sie schon seit einigen Stunden tot sein mußten. Ihre Körper waren kalt, die Leichenstarre hatte Besitz von ihnen ergriffen.
Daß die Schüsse nicht gehört worden waren, wunderte Parker nicht. Schließlich stand das alte Bürohaus in unmittelbarer Nähe des Hafens. Hier wurde Tag und Nacht geräuschvoll gearbeitet. Falls die Maschinenpistole noch zusätzlich mit einem Schalldämpfer versehen war, hätte man selbst unmittelbar vor den Fenstern kaum etwas hören können.
Butler Parker ließ sich in einem freien Sessel nieder und zündete sich einen seiner schwarzen Torpedos an, wie Mike Rander die Zigarren nannte. Parker dachte nach und vervollständigte seine Theorie.
Daß die »Rotnasen« Lern Barry und seinen Leibwächter Joel umgebracht hatten, schien so gut wie fest zu stehen. Erst der Hinweis Parkers hatte Barry stutzig werden lassen. Erst in diesem Moment hatte Barry vielleicht begriffen, für wen er die bewußte Anstecknadel zurückbesorgen sollte.
Barrys Geldgier mochte größer gewesen sein als seine Vorsicht. Möglicherweise hatte er versucht, die »Rotnasen« zu erpressen. Nun hatte er mit seinem Leben dafür bezahlt.
Ob Eddie Massel einigermaßen Bescheid wußte, die engeren Zusammenhänge kannte, stand auf einem anderen Blatt, war allerdings recht unwahrscheinlich. Er hatte wohl nur von Fall zu Fall die Schläger für Barry abgestellt und sich dafür bezahlen lassen. Die Ermordung von Henry Harrison deutete weiter darauf hin, daß dieser junge, reiche Junior des St. John’s Club Kontakt zu den »Rotnasen« gehabt haben mußte.
Gerald Thorne, Harrisons bester Freund, bestritt energisch, sich vor Harrisons Tod mit ihm unterhalten zu haben. Er bestritt weiter, Harrison in Gus Sollings Hotelzimmer geschickt zu haben. Konnte Parker ihm das Gegenteil nachweisen? Nein, vorerst war das ausgeschlossen. Vielleicht, daß Thornes Freundin Elsie Warner eines Tages doch mehr sagte als bisher?
Josuah Parker hob plötzlich den Kopf, als er ein seltsames Geräusch im Zimmer vernahm. Er stand auf, ging um die breite Ledercouch herum und sah sich plötzlich dem Gangster George gegenüber.
Das Bleichgesicht mit dem glatten dunklen Haar und den unruhigen Augen lag in verkrümmter Haltung auf dem Boden. Der Mann stöhnte verhalten und schien erst jetzt wieder zu sich zu kommen.
»Warten Sie, ich werde Ihnen helfen«, beruhigte Parker den zusammenzuckenden Mann. »Ein Schluck Wasser wird Ihnen guttun.«
Doch erst jetzt bemerkte Parker, wie schwer dieser Gangster getroffen war. Hemd und Anzug über der Bauchgegend waren blutgetränkt. Wasser durfte er dem Mann auf keinen Fall verabreichen. Hier konnte nur ein Arzt helfen.
Josuah ging ans Telefon und rief die Mordkommission der Polizei, speziell aber Leutnant Custer an. Da Custer nicht im Büro war, beschränkte Parker sich auf die Tatsachen und bat um Entsendung einiger Wagen.
»Sie werden gleich einen Arzt haben«, sagte Parker und ließ sich neben George nieder. »Wer hat denn dieses Blutbad angerichtet?«
»Wasser …!« stöhnte George.
»Sie können gleich trinken«, schwindelte Parker. »Es wird bereits herbeigeschafft. Sagen Sie, wer geschossen hat? Sie müssen den Schützen doch gesehen haben?«
»Was ist mit dem Chef?« murmelte George.
»Er und Joel sind tot«, antwortete Parker ehrlich. »Wer hat sie erschossen? George, Sie müssen den Schützen gesehen und erkannt haben.«
»Nein«, stöhnte der sterbende Gangster. »Die Tür …, die ging auf …, und dann …« Weitere Worte des Gangsters erstickten in einem Gurgeln, das in der Stille des Zimmers schaurig klang. Parker sah, daß George nur noch wenige Minuten zu leben hatte. Wenn er etwas erfahren wollte, mußte er sich beeilen.
»Wo ist der Buchhalter?« forschte er eindringlich weiter. »Ist er auch niedergeschossen worden?«
Der Sterbende schüttelte unmerklich den Kopf. Doch das brauchte keine Antwort auf Parkers Frage zu sein. Der Butler beugte sich dicht über den Mund Georges, doch der Gangster stöhnte noch einmal auf, um dann im Aufzucken seines Körpers zu sterben.
Parker erhob sich, ging in das schäbige Büro zurück und hielt sich dort auf, bis die Mordkommission eintraf!
*
Erst am nachfolgenden Mittag gelang es dem Butler, den Buchhalter Lern Barrys zu erreichen. Carl Conway, wie der Mann hieß, wohnte in der Nähe des Vernon-Parks, südlich des Loop, dem Geschäftszentrum Chikagos.
Mit diesem Besuch hatte Conway nicht gerechnet. Er starrte Parker an und konnte sich kaum entschließen, den Butler näher in die Wohnung zu bitten.
»Sie machen ein paar Tage Urlaub«, erkundigte sich Parker. Er schüttelte verneinend den Kopf, als Conway ihm einen Drink anbieten wollte.
»Ich habe mich tatsächlich beurlauben lassen«, antwortete der Buchhalter. »Ich arbeite ohnehin nur tageweise für Mr. Barry.«
»Seit wann machen Sie denn Urlaub?«
»Wollen Sie mich verhören?« regte sich Conway leicht auf.
»Sie treffen, wie man so richtig sagt, den Nagel auf den Kopf.«
»Ich wüßte nicht, warum ich Ihre Fragen beantworten sollte. Daß ich für Mr. Barry arbeite, ist ja schließlich kein Verbrechen, oder?«
»Gewiß nicht, Mr. Conway. Ein Verbrechen war es jedoch, Mr. Barry und seine beiden Leibwächter niederzuschießen.«
»Was sagen Sie da …?« Carl Conway riß die Augen weit auf und starrte den Butler an. »Mr. Barry ist … niedergeschossen worden?«
»Sie wußten das nicht?«
»Nein, ich habe keine Ahnung …! Mein Gott, wie ist denn das passiert? Wer war der Täter?«
»Um das herauszufinden, komme ich zu Ihnen, Mr. Conway.«
»Ich fürchte, ich werde Ihnen nicht helfen können«, entgegnete der Buchhalter, der sich schnell wieder gefaßt hatte.
»Es ist richtig, mir gegenüber sind Sie natürlich zu keiner Antwort verpflichtet, doch wenn erst einmal die Polizei kommt, werden Sie Ihr Schweigen aufgeben müssen.«
»Ich habe die Polizei nicht zu fürchten.«
»Unterhalten wir uns darüber