Die Reise in die Rocky Mountains. John Charles Frémont
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Читать онлайн книгу Die Reise in die Rocky Mountains - John Charles Frémont страница 6
»Ich ritt«, berichtet er, »am 6. Juli, nachdem ich mich von Captain Frémont verabschiedet hatte, mit meinem Begleiter über das Hochland, das sich zwischen den beiden Armen des Platte ausstreckt, und erreichte den nördlichen nach etwa sechs Stunden. Man sah keine Spur, dass unsere Leute schon hier vorübergekommen waren, und wir ritten daher auf einige Fichten zu, unter deren Schatten wir unsere Gefährten erwarteten. Ungeduldig über ihr Ausbleiben, ritt mein Begleiter den Fluss abwärts, um sie auszusuchen. Die Sonne ging unter, und er kam noch nicht zurück. Ich zündete ein großes Feuer an und legte mich rauchend und hungrig daneben. Endlich kam der Ersehnte zurück. Er hatte sie 7 Meilen weiter abwärts getroffen und brachte eine gute Abendmahlzeit mit, bei der wir uns in Ermangelung des Salzes nach Soldatenbrauch des Schießpulvers bedienen mussten. – Anderentags reisten wir mit ihnen gemeinschaftlich den Fluss entlang. Der Boden war weit sandiger; üppiges Gras fand sich nur an einigen zerstreuten Stellen nahe dem Fluss, und nur einzelne Bäume waren sichtbar. Eine lange Dürre, verbunden mit der größten Hitze, hatte hier die höher liegenden Prärien so versengt, dass sie gar kein oder nur vergilbtes Gras zeigten. Der bis zu den Schwarzen Bergen sich erstreckende Sand- und Kalkboden ist den Einwirkungen der Witterung sehr unterworfen. So kam es, dass auf unserem Rückweg im September dasselbe Tal des Platte einem grünenden und blühenden Garten glich.
Auf unserem einsamen Weg am 8. Juli erblickten wir nicht einmal einen Büffel oder eine flüchtige Antilope, bis unsere Karawane gegen Abend plötzlich anhielt. Alles ritt und lief durcheinander in lärmender Verwirrung, die Flinten wurden hervorgeholt, die Kugeltaschen untersucht, kurz, das Geschrei »Indianer!« wurde wiederum gehört. Doch bald zeigte es sich, dass es Weiße waren unter der Leitung eines Herrn Bridger. Sie lagerten mit uns, und nach der Mahlzeit setzte uns der Letztere von dem gefährlichen Zustand des Landes in Kenntnis. Die Abneigung der Sioux-Indianer sei in offene Feindschaft ausgebrochen. Vergangenen Herbst hätten sie mit ihnen mehrere Gefechte bestanden, in denen auf beiden Seiten viele gefallen seien. Vereinigt mit den Cheyenne- und den Dickbauchindianern, durchzögen sie das Hochland in starken Kriegsscharen, und seien gegenwärtig in der Nähe der Roten Kuppen (Red Buttes), an denen wir vorüber mussten. Sie hätten jedem lebenden Wesen, das sie von da westlich fänden, den Krieg erklärt. Seine genaue Kenntnis des Landes hätte ihm gestattet, ihnen zu entgehen und auf einem ungewöhnlichen Weg durch die Schwarzen Berge Laramie zu erreichen. Obwohl unsere Leute ihr Leben unter den Gefahren dieses Landes zugebracht hatten, fand ich doch zu meiner Verwunderung, dass sie alle durch diese Nachricht in die äußerste Bestürzung geraten waren, und von allen Seiten hörte ich Äußerungen der tiefsten Entmutigung. Die ganze Nacht waren zerstreute Gruppen um die Feuer versammelt und lauschten mit der größten Begierde auf die übertriebenen Schilderungen der Gefechte mit den Indianern. Am Morgen war die Mehrzahl unserer Leute ernstlich geneigt umzukehren, aber Clement Lambert, ihr Führer, erklärte mit sechs anderen seinen festen Entschluss, Frémont bis zum äußersten Punkt seiner Reise zu folgen. Die anderen fingen nun an, sich ein wenig ihrer Feigheit zu schämen und entschlossen sich, wenigstens bis zum Laramie-Fluss mitzugehen. – Wir erblickten manche seltsame Felsenbildung, so in der Entfernung von 30 Meilen den berühmten »Schlotfelsen«, Chimney Rock, der von hier aus ganz dem Schlot von Dampfmaschinen glich. In seiner Nähe schlugen wir am folgenden Tag unser Lager auf. Wind und Wetter haben seine Höhe auf 200 Fuß verringert, während die Reisenden vor mehreren Jahren dieselbe noch auf mehr als 500 Fuß schätzten. – Am 13. erreichten wir ohne sonderliche Vorfälle das Fort Laramie.«
Dasselbe ist nach mexikanischer Weise im Viereck und aus Lehm erbaut. Die Mauern sind gegen 15 Fuß hoch und von hölzernen Palisaden überragt. Sie bilden nach innen Häuserreihen, welche einen Hof von etwa 130 Fuß im Geviert völlig umgeben und deren Türen und Fenster auf diesen geben. Zwei einander gegenüberliegende Eingänge führen dahin; über dem Haupttor befindet sich ein viereckiger Turm mit Schießscharten, während der andere eine Art Nebenpforte bildet. An zwei schräg einander gegenüberliegenden Ecken sind große Bastionen erbaut, welche alle vier Wallseiten bestreichen. Außer Herrn Boudeau und zwei Gehilfen lebten in dem Fort 16 Mann, die sich wie üblich ihre Frauen unter den Indianern gewählt haben und mit ihren Kindern dem Platz ein belebtes Aussehen gaben. Der Zweck dieser Niederlassung ist der Handel mit den benachbarten Stämmen, die gewöhnlich zwei oder drei Mal des Jahres dieselbe besuchen. Die Indianer bringen fast nur Büffelhäute und empfangen dagegen Decken, bunte Baumwollstoffe, Flinten, Pulver und Blei, ferner allerlei Tand wie Glasperlen, Spiegel, Ringe, rote Farbe zum Bemalen, sodann Tabak und namentlich, ungeachtet gesetzlicher Verbote, Branntwein, der als Alkohol (wasserfreier Weingeist) eingeführt und dann mit Wasser verdünnt wird. Zwar sucht die amerikanische Pelzkompanie die Einfuhr geistiger Getränke, die wie ein verheerendes Gift unter den Wilden wüten, möglichst zu beschränken, kann aber – wenn sie durch andere sich ihren Handel nicht ganz zerstören lassen will – unter den gegenwärtigen Verhältnissen auf diesen Handelsgegenstand nicht ganz verzichten. Denn jeder Landstreicher aus den Vereinigten Staaten oder Mexiko kann zu ihrem großen Nachteil, wenn er nur so viel Geld hat, um sich ein Maultier und ein paar Fässchen Branntwein zu kaufen, dafür von einem Indianer alles, was er besitzt, sein Pelzwerk, sein Zelt, seine Pferde, ja selbst Weib und Kinder erhandeln, so leidenschaftlich lieben sie das »Feuerwasser«. Mit ungeheurem Gewinn wird dieser gewissenlose Handel betrieben, denn diese Leute lassen sich für ein Gallone (4 berl. Quart) 36 Dollar bezahlen. Auch hierin tut sich der große Unterschied zwischen einem Handelsmann im Dienst der Gesellschaft und einem Coureur des bois, »Holzstreicher«, wie die Franzosen diesen auf eigene Faust wandernden Krämer nennen, kund. Jene denken auch an die Fortsetzung des Handels für die Zukunft und lassen daher den Indianern ihre Waffen, Pferde und was sie sonst zur Jagd benötigen, während diese von jedem Indianer nehmen, was sie können und wie sie können, auch wenn sie ihm damit die Möglichkeit, noch ferner zu jagen, nehmen.
Die unsere Mannschaft beunruhigenden Nachrichten über die feindselige Gesinnung mehrerer Indianerstämme und ihrer das Land durchschwärmenden Kriegsscharen fanden hier ihre Bestätigung. Auch die uns nach dem Oregon-Gebiet voranziehenden Auswanderer waren, wie wir hörten, dadurch in große Verlegenheit geraten. Spaltungen und Missverständnisse waren zwischen ihnen ausgebrochen, als sie bei dem Fort anlangten. Ihr Vieh war von der langen Reise so ermattet gewesen, dass sie es samt den Wagen hier hatten verkaufen müssen. Die abgetriebenen Pferde, die sie dafür eintauschten, fielen, ehe sie das Gebirge erreichten. Ihr ohnedies gesunkener Mut schwand völlig, als sie von den bevorstehenden Gefahren hörten. Glücklicherweise hatten sie hier den im ganzen Land in hohem Ansehen stehenden Herrn Fitzpatrick zu ihrem Führer und Beschützer erhalten können, der mit ihnen am 4. Juli nach dem Gebirge aufgebrochen war. Gleich darauf war ihnen eine Kriegsschar von 350 Indianern auf dem Fuß gefolgt, deren Häuptling einen seiner Verwandten in dem letzten Gefecht verloren und geschworen hatte, die ersten Weißen, auf die er stieße, zu töten. Im Tal des Sweetwater River (Süßwasserflusses) waren die Auswanderer von ihren Verfolgern eingeholt worden, aber die Gewandtheit und Entschlossenheit ihres Führers hatte sie vor einem Überfall bewahrt und es zu keinem offenen Angriff kommen lassen. Darauf waren sie in ein großes indianisches Dorf geraten, in dem sie eine sehr zweideutige Aufnahme fanden. Die ganze Nacht, die sie dort