Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman. Viola Maybach
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Читать онлайн книгу Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman - Viola Maybach страница 25
»Wird der Neue gewesen sein«, vermutete Kurt, der sie besorgt beobachtete. »Den nehme ich mir gleich mal zur Brust. Kommt mir sowieso etwas weich vor, der Knabe.«
Albertina humpelte ein paar Schritte, verzog dabei jedoch unwillkürlich das Gesicht. »Immerhin scheint der Fuß noch ganz zu sein«, murmelte sie.
Sie war hart im Nehmen, aber Kurt wusste genau, was eine Holzbohle anrichten konnte, wenn sie einem mit voller Wucht auf den Fuß fiel. »Hast du dir was angeknackst?«, fragte er.
»Nein, ich glaube nicht.« Sie riss sich zusammen. Es half niemandem, wenn sie mit schmerzverzerrtem Gesicht herumlief, aber sie beschloss, in der Frühstückspause nachzusehen, wie ihr Fuß aussah. Vermutlich wurde er blau und schwoll an. Nicht dran denken, beschwor sie sich, sie konnten sich im Augenblick keine Verletzten auf der Baustelle leisten. Der Zeitplan war unerbittlich, und sie hatten nun einmal ihren Ehrgeiz dareingelegt, dass sie rechtzeitig fertig wurden. Sie ließ sich nicht gern nachsagen, dass sie ihren Verpflichtungen nicht nachkam. Zwar war niemand gegen höhere Gewalt gefeit, gegen eigene Dummheit aber schon. Wäre sie nicht so verdammt müde gewesen, hätte sie das Ungemach gesehen, das ihr drohte. Die Bohle hatte da nicht zu stehen gehabt, das war zweifellos richtig, aber sie hätte sie einfach rechtzeitig bemerken müssen. Aber wenn man gerade gähnte und dabei die Augen schloss, weil man am Abend zuvor zu lange wach geblieben
war …
»Setz dich mal einen Moment hin«, hörte sie Kurt hinter sich sagen, während er sie mit sanfter Gewalt auf einen Hocker drückte. Im nächsten Moment reichte er ihr einen Becher Kaffee. »Trink den auf den Schreck«, kommandierte er.
Sie schenkte ihm ein dankbares Lächeln. Kurt konnte sehr rüde Umgangsformen an den Tag legen, aber ihr gegenüber benahm er sich immer tadellos – und er beschützte sie ganz unauffällig. Natürlich war ihm klar, dass sie den meisten Kollegen an Kraft unterlegen war, und so wusste er es zu verhindern, dass sie sich mit ihnen messen musste.
»Und jetzt zieh den Stiefel aus, ich will mir das ansehen.«
Sie gehorchte. Ihre Vermutungen erwiesen sich als richtig: Der Fuß war bereits blau, er schwoll an, aber mehr als eine Prellung hatte sie nicht davongetragen.
»Glück gehabt«, kommentierte Kurt. »Das musst du heute Abend kühlen. Und jetzt zieh schnell den Stiefel wieder an, sonst kommst du nicht mehr rein.«
Sie gehorchte. Nachdem sie den Kaffee getrunken hatte, ging es ihr besser. Der Fuß schmerzte zwar, aber es ließ sich aushalten. Sie würde ihn später, in der Mittagspause, hochlegen.
Mit zusammengebissenen Zähnen machte sie sich wieder an die Arbeit. Manchmal war es wirklich verdammt anstrengend, wenn man keine Schwäche zeigen durfte!
*
»Hallo, Carl«, sagte Sabine Ketteler. »Das ist ja nett, dass wir uns mal wieder treffen.«
Carl blieb stehen und begrüßte die hübsche Blondine, die seinen Freund Robert seit einem Jahr unglücklich machte – ohne dass man ihr daraus einen Vorwurf hätte machen können. Sie liebte ihn nur einfach nicht, und das hatte sie Robert auch von Anfang an gesagt.
»Hast du in letzter Zeit mal mit Robert gesprochen?«, fragte sie.
»Ja, gestern Abend zum Beispiel. Warum fragst du?«
»Wie schätzt du die Chance ein, dass er irgendwann begreift, was ich ihm sage?«
»Sehr gut!«, antwortete Carl mit Nachdruck.
Misstrauen schlich sich in ihren Blick. »Willst du mich auf den Arm nehmen?«
»Davon bin ich weit entfernt«, beteuerte Carl. »Es geht ihm gut, Biene, er hat dich endgültig überwunden, glaub mir.« Das war zwar ein wenig übertrieben, schadete aber sicherlich nicht.
Sie hätte jetzt zufrieden und glücklich aussehen müssen, fand er, doch das war nicht der Fall. Im Gegenteil: Sie wirkte ein wenig grämlich, und das verunsicherte ihn.
»Was ist denn?«, erkundigte er sich. »Ich dachte, du freust dich, dass er dir endlich nicht mehr nachläuft. Du hast ihm schließlich oft genug gesagt, dass du seine Gefühle nicht erwiderst. Er hat es jetzt endlich begriffen und wird dich in Ruhe lassen. Mit etwas Glück verliebt er sich dann vielleicht sogar bald in eine andere Frau.«
Sie starrte ihn an, dann nickte sie. »Hoffentlich!«, sagte sie endlich. Ihre Stimme klang ein wenig gepresst. »Du, ich muss weiter. War schön, dich mal wieder getroffen zu haben. Bis dann, Carl.«
Sie drehte sich um und ging, ohne ihm die Gelegenheit zu geben, noch etwas zu erwidern. Er blieb noch eine ganze Weile stehen und sah ihr nach. Was war das denn jetzt gewesen? Er verstand die Welt nicht mehr. Warum freute sie sich nicht?
Wahrscheinlich glaubte sie ihm nicht, was er immerhin nachvollziehbar fand. Bisher war Robert nach jedem heiligen Schwur, sich Sabine endlich aus dem Kopf zu schlagen, wieder rückfällig geworden. Hoffentlich hielt er dieses Mal durch!
*
»Ingenieurin ist sie?«, fragte Anna. »Das ist selten, oder? Eigentlich ist das doch ein richtiger Männerberuf. Sieht sie auch aus wie ein Mann?«
Sofia, Friedrich, Anna, Christian und Annas Bruder Konrad saßen an diesem Samstag bei einem ziemlich späten Frühstück. Sofia und Friedrich erzählten vom vergangenen Abend. Wie nicht anders zu erwarten, war besonders alles, was mit Albertina von Braun zusammenhing, auf lebhaftes Interesse bei den Teenagern gestoßen.
Der Baron lachte. »Sie sieht sehr hübsch aus, Anna – und sehr weiblich, das darfst du mir glauben. Stimmt doch, Sofia, oder?«
»Ja, das stimmt. Vielleicht besucht sie uns einmal hier, dann könnt ihr euch selbst davon überzeugen. Als Kind war sie schon auf Sternberg zu Besuch, hat aber keine Erinnerung daran.«
»Was baut sie denn gerade?«, erkundigte sich Christian.
»Die neue Brücke – sie hat davon erzählt«, berichtete der Baron. »Sehr interessante Sache – und offenbar nicht ganz einfach, weil es ein gigantisches Projekt ist. Aber sie ist mit Begeisterung dabei. Es war eine Freude, sich mit ihr zu unterhalten, das muss ich schon sagen.«
»Die große Brücke?«, fragte Anna. Sie warf Christian einen Blick zu. »Hast du nicht gestern auch was darüber erzählt, Chris?«
»Ich habe einen Bericht im Fernsehen darüber gesehen. Sie baut wirklich daran mit?«
»Ja, und sie versteht etwas davon, das dürft ihr mir glauben.«
»Das wäre kein Beruf für mich«, stellte Anna fest.
Die anderen lachten, sie teilten Annas Meinung.
»Caroline war jedenfalls ganz begeistert von