Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman. Viola Maybach
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Als sie mitten in der Nacht aufwachte, lief der Fernseher noch immer. Die Schmerzen hatten nachgelassen. Leise vor sich hin schimpfend angelte sie nach den Krücken und humpelte ins Bett, wo sie sofort wieder einschlief.
Zum Glück war am nächsten Tag Sonntag!
*
Gräfin Caroline war voll der bes-ten Vorsätze gewesen, doch kaum hatte sie angefangen, von Albertina zu reden, da war die Begeisterung auch schon mit ihr durchgegangen, und sie hatte ihrem Sohn dringend nahe gelegt, die Bekanntschaft der reizenden jungen Frau zu suchen.
»Mama!«, seufzte Carl, halb amüsiert, halb verärgert. »Wir wollten dieses Thema doch fallen lassen. Ich bin erwachsen, überlass es mir, mich zu verlieben.«
»Aber das ist es doch eben!«, rief seine Mutter. »Wenn ich das täte, würde ja nie was draus.«
»So wird es aber auch nichts«, entgegnete Carl, »weil ich mich nämlich ärgere und nun erst recht keine Lust mehr habe, mich um irgendeine Frau zu bemühen.«
Caroline fing einen Blick ihres Mannes auf. Sie lächelte schuldbewusst. »Ich hatte mir so vorgenommen, zurückhaltend zu sein«, murmelte sie. »Ehrlich, Carl, ich wollte dich nicht unter Druck setzen, aber wir waren so angetan von dieser jungen Frau …«
»Wie schon von etlichen anderen zuvor«, bemerkte Carl trocken. Er wandte sich an seinen Vater. »Du findest diese Albertina also auch schön, klug, sympathisch und damit unwiderstehlich, Papa?«
Graf Ernst lächelte. »Wenn du es genau wissen willst, mein Sohn: ja. Sie hat uns bestens unterhalten, Fritz von Kant und mich. Sie ist nämlich Ingenieurin und arbeitet zurzeit an dieser großen Brücke mit. Du weißt, dass ich gern selbst eine solche berufliche Laufbahn eingeschlagen hätte, deshalb hat mich alles, was Albertina zu erzählen hatte, sehr interessiert. Außerdem ist sie eine ausgesprochen attraktive junge Frau.«
»Schön, jetzt habt ihr mir das mitgeteilt, ich bin also über ihre Vorzüge informiert. Könnten wir jetzt bitte über etwas anderes reden?«
Ernst warf seiner Frau einen warnenden Blick zu, damit sie nicht noch einen Fehler machte.
Sie nickte ihm verstohlen zu. An dem nun folgenden Gespräch beteiligte sie sich kaum noch. Es tat ihm leid, dass Carls Junggesellentum ihr solchen Kummer berei-tete, aber in diesem Punkt war er ganz auf der Seite seines Sohnes: Ob Carl sich verheiratete oder nicht und wann er das tat, war ausschließlich seine Sache. Es half niemandem, in dieser Angelegenheit Druck auszuüben.
Es dauerte lange, bis Caroline zu ihrer sonstigen Heiterkeit zurückgefunden hatte – und ein Rest von Enttäuschung über Carls schroffe Abwehr ließ sich noch immer von ihrem Gesicht ablesen, als er sich gegen Abend wieder verabschiedete. Hätte sie freilich gewusst, dass ihr Sohn, aus reiner Neugierde, beschlossen hatte, sich diese sagenhafte Albertina einmal anzusehen, ohne dass seine Eltern etwas davon erfuhren, wäre sie außer sich vor Freude gewesen.
*
Robert Heuser hatte Glück an diesem Sonntag: Er sah seine große Liebe Sabine, bevor sie ihn entdeckte – und so blieben ihm etliche Sekunden, sich auf die unvermeidliche Begegnung einzustellen. Sein letztes Gespräch mit Carl hatte Spuren hinterlassen, er war, zum ersten Mal, seit er sich in Sabine verliebt hatte, fest entschlossen, seine Gefühle für sie zu bekämpfen. Sie liebte ihn nicht, die Sache war aussichtslos, er musste also damit aufhören, wenn er sich nicht vollständig lächerlich machen wollte!
Er schaffte es, dank seines kleinen Vorteils, unverbindlich zu lächeln, als sie ihn endlich auch erkannte. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, aber das konnte sie ja zum Glück nicht sehen. Auch dass seine Hände feucht vor Aufregung waren, würde sie nicht mitbekommen, da sie sich noch nie per Handschlag begrüßt hatten. Er musste nur seine Stimme unter Kontrolle behalten, und das sollte doch eigentlich zu schaffen sein!
»Hallo, Biene«, sagte er freundlich, während er Anstalten machte, seinen Weg fortzusetzen.
Sie jedoch blieb stehen und betrachtete ihn prüfend. »Hallo, Robert«, erwiderte sie. »Carl sagte mir, dass es dir sehr gut geht.«
»Sieht man das nicht?«, lächelte er, während er verzweifelt versuchte, sein rasendes Herz zu beruhigen. Wie schön sie war! Er sehnte sich so sehr danach, sie in die Arme zu nehmen und zu küssen, dass er seine Fäuste tief in die Taschen seiner Jacke bohrte, um nur ja keine verräterische Bewegung zu machen.
»Doch«, erwiderte sie zögernd. »Du … du hast also wirklich begriffen, dass aus uns nie ein Paar werden wird?«
»Ja«, behauptete er und hoffte, überzeugend zu wirken. »Hat ein bisschen lange gedauert, ich weiß, und das tut mir auch leid. Aber …« Er hatte das Folgende eigentlich gar nicht sagen wollen, aber es schien ihm die passende Lüge zu sein, um seine Worte zu untermauern. »Aber seit ich Amelie getroffen habe, ist alles anders. Jetzt weiß ich erst, was Liebe ist. Ich war ziemlich dumm. Entschuldige, dass ich dich so lange belästigt habe, Biene.«
Ihr Blick war ungläubig, aber er las noch etwas anderes darin. Etwas, das er kaum glauben konnte, aber er war sicher, dass er sich nicht irrte: Ihr gefiel die Vorstellung nicht, dass er in eine andere Frau verliebt war.
»Schon gut«, sagte sie jetzt. »Dann ist ja alles klar von jetzt an.«
»Aber ja!«, erwiderte er mit gespielter Fröhlichkeit. »Bis demnächst mal wieder!« Er wartete nicht auf ihre Reaktion, sondern setzte seinen Weg nach einem letzten Kopfnicken fort, wobei er sich zwang, leise zu pfeifen – so wie man es eben tat, wenn man glücklich und mit sich und der Welt im Reinen war.
Er wusste es so sicher, als hätte er sich umgedreht und sich mit eigenen Augen davon überzeugt, dass sie ihm nachsah – ungläubig und keinesfalls glücklich darüber, dass sich ein Problem für sie erledigt hatte.
Ich bin ihr auf die Nerven gegangen, weil ich ihr hinterhergelaufen bin, dachte Robert. Aber jetzt, wo ich das nicht mehr tue, sieht sie mich plötzlich mit anderen Augen. Das ist ja wirklich hochinteressant!
Er pfiff ein wenig lauter und sah auf seinem weiteren Weg in lauter lächelnde Gesichter.
*
Als es klingelte, humpelte Albertina zur Tür. Mit den Krücken kam sie mittlerweile gut klar, auch der Fuß bereitete ihr, so lange sie nicht auftrat, keine Probleme mehr. Sie hatte ihn gleich nach dem Frühstück wieder hoch gelagert, eine weitere Schmerztablette hatte sie bisher nicht gebraucht. Aber natürlich fragte sie sich, wie es am nächs-ten Tag auf der Baustelle sein würde.
»Hallo, Albert!«, sagte Kurt. »Darf ich reinkommen?«
Sie nickte. Ihr war klar gewesen, dass er sich im Laufe des Sonntags bei ihr blicken lassen würde, und so hatte sie Vorsorge getroffen und ein paar Bilder und Skulpturen in ihrem Schlafzimmer verschwinden lassen. Was sich Kurts interessierten Blicken bot, war eine ziemlich spartanisch eingerichtete Wohnung mit mehr oder weniger kahlen Wänden. Hier und da hatte sie einen billigen Kalender oder ein Foto aufgehängt.
»Du könntest ein paar Pflanzen und Poster an den Wänden gebrauchen«, stellte er fest, nachdem er sich vorsichtig in einem ihrer Sessel niedergelassen hatte. Albertina selbst bettete sich wieder aufs Sofa.
»Ich kann mit Pflanzen nicht viel anfangen«, wehrte sie ab, »die gehen bei mir alle ein. Und die Wände habe ich gern so, mich beruhigt das.«
»Mir