Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman. Viola Maybach
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman - Viola Maybach страница 26
»Wie sollen wir das beurteilen, Anna?«, mischte sich der Baron ein. »Wir kennen die junge Frau doch kaum. Und nur weil sie
hübsch aussieht und einen sympathischen Eindruck macht, heißt das noch lange nicht, dass sie die richtige Frau für Carl zu Kallwitz wäre.«
»Der arme Carl«, sagte der kleine Fürst. »Ich stelle es mir schrecklich vor, wenn immer jemand versuchen würde, mich zu verheiraten. Warum hört seine Mutter nicht endlich damit auf? Ich mag Gräfin Caroline wirklich gern, aber sie sollte ihren Sohn in Ruhe lassen.«
»Der Ansicht sind wir auch«, erklärte Baron Friedrich. »Aber sie wird sich nicht ändern, Chris. Sie will Carl glücklich verheiratet sehen, und sie wird keine Ruhe geben, bevor es nicht so weit ist.«
»Oder sie treibt ihn in eine unglückliche Ehe«, warf Anna ein. »Er heiratet, damit er endlich seine Ruhe hat – und stellt dann fest, dass er leider die falsche Frau genommen hat.«
»Jetzt ist aber Schluss!«, rief die Baronin. »Ich will nichts mehr davon hören. In diesen Dingen bin ich abergläubisch – man soll das Unheil nicht herbeireden!«
»Aber, Sofia!«, schmunzelte der Baron. »So kenne ich dich ja gar nicht.«
»Ich habe noch viele andere Seiten, die dir unbekannt sind, Liebs-ter.« Sie beugte sich zu ihm, um ihm einen Kuss zu geben.
Danach wurde das Thema gewechselt.
*
Albertina hielt durch, aber nach der Arbeit bestand Kurt darauf, sie in eine Ambulanz zu bringen, damit ihr Fuß untersucht werden konnte. Sie hatte keine Kraft mehr, sich zu widersetzen, und es stellte sich heraus, dass das gut gewesen war. Der Arzt in der Notaufnahme eines nahe gelegenen Krankenhauses schlug die Hände über dem Kopf zusammen, als er Albertinas Fuß sah. »Wann ist das passiert?«, fragte er. Auf dem Schild an seinem Kittel stand »Dr. Andreas Bertram«.
»Paar Stunden her«, murmelte sie undeutlich. Sie wollte ihm lieber keine allzu genaue Antwort geben – dann hätte sie nämlich zugeben müssen, dass der Unfall mittlerweile über acht Stunden zurücklag.
»Und warum sind Sie nicht sofort zu mir gekommen? Der Fuß muss gekühlt und hoch gelagert werden. Außerdem braucht er Ruhe, mehrere Tage. Ich werde ihn vorsichtshalber röntgen – es ist durchaus möglich, dass der Knochen etwas abbekommen hat.«
»Da ist nichts gebrochen!«, versicherte Albertina. »Das würde ich merken, glauben Sie mir. Ich kenne meinen Körper ganz gut.«
»Und Sie können also auch durch Ihre Haut hindurch bis auf den Knochen sehen?«, erkundigte sich Dr. Bertram. »Ich mache eine Röntgenaufnahme! Alles andere wäre unverantwortlich.«
»Der Herr Doktor hat Recht«, mischte Kurt sich ein. »Wir hätten gleich hierher fahren sollen, Albert.«
»Du weißt genau, dass wir für so etwas keine Zeit haben«, murrte Albertina.
Der Arzt kümmerte sich nicht mehr um ihren Widerstand. Er setzte sie in einen Rollstuhl und machte sich mit ihr auf den Weg zum Röntgen.
Der treue Kurt ging mit. »Ich muss dich ja anschließend noch zu deinem Auto bringen«, sagte er.
»Auto?«, rief Dr. Bertram mit allen Anzeichen des Entsetzens. »Sie darf mit diesem Fuß nicht Auto fahren – sie wäre eine Gefahr für den Straßenverkehr. Bringen Sie Ihre Freundin nach Hause und sorgen Sie dafür, dass sie ein paar Tage Ruhe hält – ich kann sonst für nichts garantieren.«
Kurt wollte etwas erwidern, Albertina ebenfalls, doch der junge Mediziner kümmerte sich nicht darum. Er verschwand mit seiner Patientin in einem Raum, dessen Tür er nachdrücklich hinter sich schloss.
Kurt kratzte sich am Hinterkopf. Wenn seine jüngere Kollegin tatsächlich einige Tage ausfiel, kam das einer Katastrophe gleich.
Nach einer Viertelstunde schob der Arzt sie wieder hinaus auf den Gang. »Glück gehabt«, sagte er zu Albertina. »Diese Bohle hätte Ihnen auch den Mittelfußknochen zertrümmern können, aber Ihre Schuhe haben einiges abgehalten. Also: Kühlen, hoch legen, ruhig halten, einige Tage lang. Am Dienstag stellen Sie sich hier bitte wieder vor.«
»Aber das geht nicht, da arbeite ich!«, erklärte Albertina.
»Wenn Sie das tun, lehne ich die Verantwortung für Ihre weitere Genesung ab!«, entgegnete der Arzt mit funkelndem Blick.
»Ich sorge dafür, dass sie keine Dummheiten macht«, warf Kurt schnell ein, als er sah, dass Albertina erneut zu einer Erwiderung ansetzte.
Dr. Bertram nickte nur, dann lächelte er. »Seien Sie vernünftig«, bat er in versöhnlichem Ton. »In Ihrem eigenen Interesse. Der Fuß wird Ihnen sonst noch länger Probleme bereiten, glauben Sie mir. Gönnen Sie ihm jetzt drei Tage Ruhe, dann ist das Schlimmste überstanden.« Er gab ihr noch zwei Krücken mit, denn ohne die würde sie sich nicht bewegen können.
Albertina nickte, obwohl sie nicht die Absicht hatte, auf den Arzt zu hören. Aber was nützte es, sich mit ihm zu streiten? Sie würde, wie immer, tun, was sie für richtig hielt.
Aber als Kurt sie nach Hause gefahren hatte und ihr half, aus dem Auto zu steigen und zum Haus zu humpeln, merkte sie mit einem Mal, dass sie doch angeschlagener war als angenommen. Der Fuß bereitete ihr jetzt viel größere Probleme als während des Tages, sie konnte nicht auftreten, ohne dass ihr ein scharfer Schmerz durch das ganze Bein schoss. Also benutzte sie zähneknirschend die Krücken, obwohl sie das eigentlich nicht vorgehabt hatte.
»Ich kümmere mich morgen um dein Auto«, versprach Kurt. »Meine Frau und ich können es zu dir fahren. Du bist ein solcher Dickschädel, Albert. Warum wolltest du nicht mit zu uns kommen? Wir hätten dich versorgen können, bis du wieder auf den Beinen bist.«
»Das ist sehr lieb von dir, Kurt, danke, aber es geht auch so. Ich komme jetzt allein zurecht, das Haus hier hat einen Aufzug.« Sie wollte nicht, dass er ihre Wohnung sah. Die war zwar ziemlich schlicht eingerichtet, aber hier und da gab es eben doch eine Kostbarkeit, die sich eine normale Bauingenieurin, die noch nicht lange berufstätig war, kaum hätte leisten können. Vielleicht hätte er das nicht einmal bemerkt, aber sie wollte lieber nichts riskieren. Zum Glück war das Haus, in dem sie wohnte, nicht weiter auffällig: ein hübsch renovierter Altbau, nichts Luxuriöses.
»Ruf an, wenn etwas ist«, bat er. »Aber wie ich dich kenne, machst du das sowieso nicht.«
»Danke!«, sagte sie noch einmal. »Fahr nach Hause, Kurt, deine Familie wartet auf dich, und ich schaffe das ab jetzt allein.«
Er zögerte noch immer, nickte dann aber und ging zurück zu seinem Auto. Sie wartete, bis er eingestiegen und weggefahren war, dann humpelte sie zum Fahrstuhl und lehnte sich mit geschlossenen Augen an die Wand, während er sie nach oben brachte. In ihrer Wohnung angekommen, steuerte sie sofort das Sofa an und ließ sich da-rauf nieder. Als sie den verletzten Fuß hochlegte, fühlte sie sich besser, trotz der noch immer heftigen Schmerzen.
Später duschte sie noch, wobei sie sich bemühte, den Verband nicht nass werden zu lassen. Jetzt erst merkte sie, wie selbstverständlich sie ihre gute Konstitution immer hingenommen hatte. Nun hatte sie einen verletzten Fuß, eine vergleichweise kleine Behinderung also – und dennoch konnte sie sich kaum allein helfen.
Sie