Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman. Viola Maybach
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»Neuer Lieferant«, erklärte der achselzuckend. »Mehr kann ich dazu nicht sagen.«
»Guck dir an, wie das hier aussieht, Alf, das können wir wieder einreißen«, rief Albertina erbost. »Verdammter Mist! Mit dem Beton stimmt was nicht. Ihr wisst doch, dass es Firmen gibt, die minderwertigen Beton liefern, um ein paar Euro extra zu verdienen.« Sie trat mit dem Fuß heftig gegen die gerade hochgezogene Mauer. »Hier, siehst du, wie das Material reagiert? Das ist doch nicht in Ordnung. Die haben uns Mist angedreht!« Sie ließ noch ein paar unflätige Schimpfwörter folgen.
»Sag das nicht so laut, Albert – die könnten dich wegen Verleumdung drankriegen. Und du musst den Beton ja nicht bezahlen«, sagte der Bauleiter.
Sie stieß weitere Flüche aus, bevor sie fortfuhr: »Nein, ich muss ihn nicht bezahlen, aber ich bin mit euch allen zusammen dafür verantwortlich, dass diese Brücke, wenn wir sie gebaut haben, auch hält – und nicht nach ein paar Jahren oder vielleicht auch noch schneller schon die ersten Schäden aufweist, weil wir minderwertigen Beton verwendet haben.«
»So sei doch endlich ruhig – wenn dich jemand hört, der …«
Doch Albertina ließ sich nicht beeindrucken von den ängstlichen Warnungen des Bauleiters. Sie ließ ihn nicht einmal ausreden. »Hast du Angst?«, rief sie laut. »Das ist ja lächerlich! Wenn der Beton in Ordnung ist, hat niemand etwas zu befürchten – haben sie gepanscht, sollen sie sich warm anziehen! Ich will, dass der Beton untersucht wird. Der wird erst weiter verbaut, wenn die Untersuchung ergeben hat, dass er einwandfrei ist.«
»Du weißt, dass wir in Zeitnot sind.«
»Verdammt noch mal, ja, das weiß ich! Jeder hier weiß das – vielleicht ist das ja der Grund dafür, dass jemand versucht, uns solchen Dreck anzudrehen! Vielleicht denkt er, wir würden es vor lauter Zeitnot nicht merken. Und das wäre ja auch um ein Haar passiert!«
Längst hatten etliche Kollegen die Arbeit niedergelegt und verfolgten das aufgeregte Wortgefecht interessiert.
Der Bauleiter machte ihm schließlich ein Ende, da er wusste, wie viel Respekt Albertina bei ihren Kollegen genoss. »Gut, wir untersuchen ihn. Aber während das passiert, steht ihr hier gefälligst nicht untätig herum, sondern macht etwas anderes, damit wir vorankommen. Und wenn ihr nur aufräumt!«
Niemand widersprach. Arbeit gab es schließlich genug.
Albertina besprach sich leise mit Kurt. »Glaubst du, er will uns über den Tisch ziehen?«
Kurt schüttelte den Kopf. »Er hat Angst, aber er kann es sich gar nicht leisten, diesem Verdacht nicht nachzugehen. Stell dir vor, wir haben Recht, und er hat unseren Hinweis übergangen – dann kann er aber lange suchen, bis er wieder Arbeit findet.«
Albertina nickte, das schien ihr einleuchtend zu sein. »Dann wollen wir mal«, sagte sie. »Ich hoffe, die Untersuchung dauert nicht so lange!«
Zerstreut folgte sie mit den Augen einem Mann, der eilig dem Parkplatz zustrebte. Sie hatte ihn noch nie zuvor gesehen. Er trug einen Helm, hatte aber offenbar nichts mit der Baustelle zu tun, seiner sonstigen Kleidung nach zu urteilen. Erkennen konnte sie ihn nicht, er schien noch jung zu sein, seinen Bewegungen nach zu urteilen.
Jemand rief ihr etwas zu, und sie vergaß den Mann wieder.
*
»Was ist denn mit dir los?«, erkundigte sich Barbara Gerold bei Sabine Ketteler. »Den ganzen Morgen bist du schon so seltsam.«
Sie arbeiteten zusammen im Einkauf eines großen Kaufhauses, so hatten sie sich auch kennengelernt und waren Freundinnen geworden.
»Ich weiß es nicht genau«, murmelte Sabine, »aber mir ist was Komisches passiert, Babs.«
»Und was?«, fragte Barbara geduldig.
»Ich habe Robert am Wochenende getroffen.«
»Nicht schon wieder!«, stöhnte Barbara. »Wird er es denn nie begreifen, dass er sich die Mühe sparen kann, dir immer wieder Liebes-erklärungen zu machen?«
»Hat er nicht«, entgegnete Sabine. »Er hat sich in eine Andere verliebt. Er war völlig verändert und hatte es ziemlich eilig, sich wieder von mir zu verabschieden.«
Barbara war mehrere Sekunden lang sprachlos. »Aber das ist doch großartig!«, jubelte sie dann. »Das heißt, du bist ihn endlich los. Das hast du dir doch so lange gewünscht, Biene!«
»Ja, habe ich«, murmelte Sabine. »Das Seltsame ist nur: Jetzt, so sich dieser Wunsch erfüllt hat, freue ich mich überhaupt nicht mehr da-
rüber.«
»Was meinst du damit?«
»Das, was ich gesagt habe: Ich hätte mich freuen müssen, statt-dessen stand ich da und war beinahe … na ja, beinahe eifersüchtig.«
Barbara starrte sie verständnislos an. Endlich brachte sie heraus: »Das ist jetzt aber nicht dein Ernst, oder?«
»Doch«, erklärte Sabine kleinlaut. »Ich verstehe mich selbst nicht, aber ich habe ihn auf einmal mit völlig anderen Augen gesehen als vorher.«
Langsam ließ Barbara sich auf einen Stuhl sinken. »Mit anderen Augen?«
»Ja. Er ist mir immer auf die Nerven gegangen, weil er mich so angehimmelt hat. Aber jetzt, wo er mir gegenüber ganz gleichgültig ist, habe ich plötzlich gesehen, wie attraktiv er ist.«
Barbara stöhnte. »Ich fasse es nicht«, rief sie. »Ehrlich, ich fasse es nicht. Seit Monaten erzählst du mir, wie Robert dich nervt, wie sehr du dir wünschst, dass er endlich …«
»Das weiß ich doch alles! Aber vielleicht habe ich mich ja auch geirrt, Babs.«
Barbara ächzte. »Geirrt«, wiederholte sie.
»Ja. Ich habe ihn nie richtig wahrgenommen, weil ich von vornherein schon voller Abwehr war, sobald ich ihn nur auf mich zukommen sah.«
»Du willst mir jetzt aber nicht erzählen, dass du vielleicht in ihn verliebt bist, oder?«
»Ich weiß nicht.« Sabines Stimme klang kläglich. »Babs, ich komme mir so blöd vor. Ehrlich, ich war fest davon überzeugt, dass ich froh sein würde, ihn endlich loszuwerden. Aber jetzt sieht mit einem Mal alles ganz anders aus.«
»Und wenn du dich wieder irrst? Ich meine, du kannst mit dem Mann keine Spiele treiben, Sabine, und ihm jetzt Hoffnungen machen, um dann in Kürze festzustellen: Oh, tut mir leid, ich habe mich schon wieder geirrt.«
»Das weiß ich selbst. Ich fühle mich schrecklich, Babs.« In Sabines Augen glänzten Tränen. »Du findest mich unmöglich, stimmt’s?«
»Unmöglich vielleicht nicht, aber schon ein bisschen wankelmütig, das muss ich sagen. Ich habe dir jedenfalls geglaubt, dass du dir nichts aus Robert machst.«
»Ich habe mir auch geglaubt«, bekannte Sabine leise.
Barbara