Dr. Norden (ab 600) Box 2 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Dr. Norden (ab 600) Box 2 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 19
Heinz zuckte kurz zurück. So nahe waren sie sich seit Jahren, genau genommen seit Renés Tod, nicht mehr gekommen. Dann lächelte auch er.
»Liegt es an Mama, dass du hartherzig geworden bist?«, versuchte Simone zu verstehen, was ihren Vater zu dem Menschen gemacht hatte, der er war.
Heinz antwortete nicht sofort. Der Kies knirschte leise unter ihren Schritten, die leisen Stimmen der anderen Patienten und ihrer Besucher mischten sich mit Vogelgezwitscher.
»Ich glaube, es gibt nicht nur einen Grund, der einen Menschen zu dem macht, was und wer er ist«, seufzte er schließlich aus tiefstem Herzen. »Aber dass deine Mutter uns verlassen hat, war vielleicht der ausschlaggebende Grund für mein Verhalten. Ich betrachtete mich als Versager«, gestand er bitter. »Vielleicht wollte ich deshalb um jeden Preis Erfolg im Geschäft haben.«
Simones Herz wurde weit vor Mitgefühl mit diesem Mann, der unendlich gelitten hatte, ohne sich je etwas anmerken zu lassen.
»Armer Paps!«, murmelte sie und drückte seinen Arm.
Heinz lächelte schmerzlich.
»So arm nun auch wieder nicht.« Er schickte ihr einen hoffnungsvollen Blick, in den sich eine Spur Angst mischte. »Schließlich hab ich ja eine großartige Tochter.« Er schluckte. »Oder habe ich dich endgültig verloren?«
Abrupt blieb Simone stehen, sodass Heinz fast ins Stolpern geriet. Als er vor ihr stand, umarmte sie ihn so stürmisch, dass ihm um ein Haar die Luft wegblieb.
»Wir haben alle Fehler gemacht«, raunte sie ihm dabei ins Ohr und spürte, wie ihr schon wieder die Tränen in den Augen brannten. Was bin ich doch für eine verweichlichte Heulsuse geworden!, schalt sie sich selbst und musste gleichzeitig über sich selbst lachen. Sie wusste, dass sie die lange zurückgehaltenen Emotionen zulassen musste, wenn sie wieder ganz gesund werden wollte. Gesund an Körper und Seele. »Aber wir haben eine zweite Chance bekommen. Die wollen wir jetzt nutzen. Ja?« Sie löste sich aus den Armen ihres Vaters und strahlte ihn aus tränengefüllten Augen an.
»Ich wüsste nicht, was ich mir mehr wünschen würde«, gab Heinz Kühn innig zurück. Zum ersten Mal seit vielen Jahren fühlte er sich wieder glücklich. Noch war es ein vages Gefühl, aber es war da und konnte wachsen. Alles war gut, wie es war. Jeder Schmerz hatte sich gelohnt.
*
Ein paar Tage später konnte Simone Kühn die Behnisch-Klinik endlich verlassen. Obwohl sie sich dort wie eine Königin gefühlt und entsprechend verwöhnt worden war, konnte sie es kaum erwarten, ihr neues Leben zu beginnen. Denn dass es ein Neuanfang sein würde, stand außer Zweifel.
»Simone, ich freu mich so, dass du wieder bei uns bist!«, begrüßte Angelika Weise ihre Chefin strahlend. »Lass dich anschauen.« Sie nahm die jüngere Frau an den Schultern und drehte sie ins Licht. »Gut schaust du aus«, stellte sie dann verwundert fest. »Ein bisschen blass um die Nasenspitze und zu dünn. Aber viel entspannter als vorher. Der Ausflug in die Klinik scheint dir gutgetan zu haben.«
»Das Gefühl hab ich auch. Auch wenn der Aufenthalt dort nicht freiwillig war«, lächelte Simone und umarmte Angelika innig. Dann sah sie sich um. »Aber jetzt muss ich unbedingt in den Stall zu Aramis. Ich kann’s kaum erwarten, ihn endlich wiederzusehen.«
»Er ist auf der hinteren Weide«, rief Angelika ihrer Chefin nach und sah ihr kopfschüttelnd dabei zu, wie Simone aufgeregt wie ein kleines Mädchen davonlief. »Alex ist bei ihm!«
Aber das hörte Simone schon nicht mehr. Aufgeregt, wie sie war, wunderte sie sich nur kurz über den fremden Mann, der am Gatter gelehnt stand und dem edlen Araberhengst beim Grasen zusah.
»Hallo«, begrüßte sie ihn gedankenverloren und trat neben ihn an den Zaun. Ihr Herz lief schier über vor Liebe zu dem Tier, das sie für immer an René erinnern würde. »Aramis!«, lockte sie den Hengst leise.
Sofort spitzte das Tier die Ohren und hob den edlen Kopf. Als es Simone erkannte, wieherte es leise und kam schnaubend über die Wiese. In diesem Augenblick gab es kein Halten mehr für Simone. Zu Alexanders großem Schrecken kletterte sie kurzerhand über den Zaun und lief auf ihren Liebling zu.
»Vorsicht!«, rief Alex ihr erschrocken nach. »Der Hengst war bis vor Kurzem außer Rand und Band. Vielleicht ist er noch gefährlich.« Schon setzte er einen Fuß auf den Zaun, um sie zu retten, als sich Simone lachend zu ihm umdrehte.
»Keine Sorge. Aramis ist wieder ganz der Alte. Ich sehe das an seinen Augen!« Sie drehte sich zu ihrem Pferd um, das vor ihr Halt gemacht hatte. »Nicht wahr, mein Guter? Du und ich, wir zwei …« Mehr konnte sie nicht sagen, denn Aramis schnaubte zärtlich und schnupperte mit weicher Schnauze an ihrer Schulter. Als er leise wieherte und sie anstupste, wusste sie mit endgültiger Sicherheit, dass er sie erkannt, dass er wieder ganz gesund war. »Ich hab mich nicht getäuscht in dir«, flüsterte sie ihm selig vor Glück zu und schlang die Arme um seinen kräftigen Hals. »Ich wusste, dass du mein Bester bist, und hab nie den Glauben an dich verloren.«
Versonnen betrachtete Alex die Szene, die sich ihm bot. Er hatte selten etwas so Anrührendes gesehen und lächelte, als Simone, gefolgt von Aramis, der ihr nachlief wie ein Hund, zu ihm an den Zaun zurückkehrte.
»Entschuldigen Sie, ich hab mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Simone Kühn.«
»Die Pferdeflüsterin«, grinste Alex und hielt ihr die Hand hin. »Das dachte ich mir fast.« Er stellte sich vor, und fast sofort stellte Simone fest, dass ihr Vater recht gehabt hatte: Alex war ihr wirklich auf den ersten Blick sympathisch.
Und trotzdem war sie traurig, als wenig später Prinz Hasher kam, um sich von ihr zu verabschieden.
»Es wird Zeit, dass ich ins Sanatorium auf der Roseninsel aufbreche«, erklärte der Prinz, als er neben Simone über das weitläufige Gelände des Gestüts wanderte. »Dr. Cornelius möchte sich davon überzeugen, dass es mir wirklich gut geht.«
Wie jedes Mal, wenn sie dem Prinzen so nah war, klopfte Simones Herz schneller. Hashers Wirkung auf sie war ungebrochen. Daran würde sich auch niemals etwas ändern.
»Sie ahnen nicht, wie dankbar ich Ihnen bin, dass Sie mir und meinem Pferd so viel Zeit geopfert haben«, erklärte sie innig und machte einen großen Schritt über einen kleinen Bachlauf, der sich leise gurgelnd durch die Wiesen schlängelte. »Dass Sie Aramis’ Leben gerettet haben.«
»Es war mir ein Anliegen«, gab Hasher mit großem Ernst zurück, dass sich Simones Herz schmerzhaft zusammenzog. Einen kurzen heißen Moment lang wünschte sie sich, dass er bei ihr bleiben könnte. Und doch wusste sie, dass sie ihn gehen lassen musste.
»Was ist Ihr Geheimnis?«, fragte sie leise. »Warum üben Sie so eine Faszination auf die Menschen und Tiere aus?«
Hasher lachte leise.
»Wenn man wissen will, wie sich andere fühlen, egal ob Mensch oder Tier, muss man sich in sie hineinversetzen«, erklärte er unbefangen. »Man muss mit dem Kopf des anderen denken und mit seinem Herzen fühlen. Das ist auch schon alles.«
Die Bescheidenheit und Selbstverständlichkeit des Prinzen waren bestechend. Simone musste ihn entweder küssen oder lachen. Sie entschied sich für Zweites und brachte ihn schließlich zum Wagen.
Nach